Wie verbesserst du nur mit Körpergewichtsübungen deine Fitness?

Coaching

Variiere die Übungen, sobald sich dein Körper an die Belastung gewöhnt hat. Hier kommt dein Dreistufenplan.

Letzte Aktualisierung: 1. Juni 2021
Reichen Bodyweight-Übungen aus?

Wenn du schon mal aufgrund fehlender Geräte auf ein Krafttraining verzichtet hast, ist das in Ordnung. Aber beim nächsten Mal gibt es keine Ausreden mehr.

Angenommen, ein 70 Kilogramm schwerer Mensch macht drei Sätze mit jeweils 10 gesprungenen Squats – eine Körpergewichtsübung, die Kraft aufbaut und Kalorien verbrennt. Du denkst vermutlich, dass dabei 70 Kilogramm bewegt wurden? In Wahrheit sind es 2.050 Kilogramm.

"Die Kräfte, die beim Springen und Wiederaufsetzen auf die Muskeln wirken, sind unglaublich hoch", sagt Dr. Christopher Minson, Professor für Humanphysiologie und Co-Direktor des Exercise and Environmental Physiology Lab an der Universität von Oregon. So hoch, dass man allein durch explosive Körpergewichtsübungen "den Muskeln dabei hilft, sich an das Heben schwererer Gewichte zu gewöhnen, wenn man wieder ins Gym geht", erklärt er.

Plyometrische Übungen oder Übungen mit schnellen Sprungfolgen sind nicht die einzigen Körpergewichtsbewegungen, die große Vorteile bieten können. In einem Artikel in der Zeitschrift des American College of Sports Medicine wurde erläutert, dass ein hochintensives Bodyweight Only-Training den Körperfettanteil reduzieren sowie die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2 max, ein Maß für die aerobe Fitness) und die muskuläre Ausdauer mindestens genauso verbessern kann wie traditionelles Krafttraining. Eine Studie im "Journal of Strength and Conditioning Research" zeigte, dass Push-ups genauso effektiv wie Bankdrücken sein können, wenn es darum geht, die Kraft und Muskeldichte des Oberkörpers zu erhöhen. Und polnische Forscher fanden in einer Studie heraus, dass sich bei Frauen, die 10 Wochen lang nur Körpergewichtstraining machten, ihre Muskelkraft und -ausdauer sowie ihre Flexibilität verbessert hatten (laut Studienautor seien die die Ergebnisse bei Männern ähnlich).

Wenn man sich außerdem keine Gedanken über zusätzlich erforderliche Geräte machen muss, fällt es den meisten Menschen leichter, ihre Form zu optimieren, erklärt Minson. Das kann dir helfen, bei jeder Wiederholung alles zu geben. Und weil du kein zusätzliches Gewicht bewegen musst, verbessern sich tendenziell auch dein Bewegungsbereich und deine Propriozeption (die Wahrnehmung des eigenen Körpers nach dessen Lage im Raum). Du kannst dich also schneller bewegen, ohne viel darüber nachdenken zu müssen. Das ist bei jeder Art von Bewegung hilfreich – ob im Gym, auf dem Spielfeld oder sogar beim Treppensteigen.

Einfach ausgedrückt: Der durchschnittliche Erwachsene ist schwer genug, um seine Muskeln auch ohne zusätzliches Gewicht fordernd zu trainieren. "Es gibt auch viele Möglichkeiten, die Körpergewichtsübungen zu steigern, um die Muskelbeanspruchung progressiv zu steigern", sagt Minson. Darin steckt der Schlüssel zu mehr Kraft und Fitness – mit oder ohne Gewicht. Nachfolgend erfährst du, wie das geht.

"Der durchschnittliche Erwachsene ist schwer genug, um seine Muskeln auch ohne zusätzliches Gewicht fordernd zu trainieren."

Dr. Christopher Minson, Professor für Humanphysiologie und Co-Direktor des Exercise and Environmental Physiology Lab an der Universität von Oregon

Für Einsteiger

Die meisten Übungen fallen in eines dieser sechs grundlegenden Bewegungsmuster: Squat, Ausfallschritt, Beugen, Drücken, Ziehen und Heben. "Mach dich zum Einstieg mit den grundlegenden Formen vertraut, bis deine Bewegungsabläufe und Technik richtig sitzen, bevor du zu den schwierigeren Varianten übergehst", empfiehlt Mike Bracko, zertifizierter Spezialist für Kraft- und Konditionstraining und Trainingsphysiologe in Calgary, Alberta.

Du kannst zum Beispiel drei Wochen lang erst Air Squats machen, dann drei Wochen lang Bulgarian Split Squat, gefolgt von weiteren drei Wochen Pistol Squats (einbeinige Squats). Achte dabei jedes Mal auf deine Form, so Bracko. Für Push-ups schlägt er vor, zunächst mit der Variante zu beginnen, bei der beide Knie auf dem Boden aufgestützt sind. Später könntest du zu schrägen Push-ups, Hand Release Push-ups, traditionellen Push-ups, plyometrischen Push-ups und zu guter Letzt, wenn du ein echter Profi geworden bist, zu Planches (bei denen die Beine gestreckt sind und die Füße den Boden nicht berühren) übergehen. Falls du an irgendeinem Punkt Probleme mit deiner Form hast, mach entweder mehr Wiederholungen und Sätze oder die einfachere Variante, bis du dich wieder sicher genug für neue Herausforderungen fühlst.

Wenn du alleine mit Körpergewichtsübungen, bei denen du Ziehen und Heben musst, nicht weiterkommst, werde kreativ. Bitte zum Beispiel bei Zugübungen deinen Partner oder deine Partnerin oder einen deiner Mitbewohner, für den nötigen Widerstand zu sorgen, ohne dass du zusätzliche Gewichte brauchst. (Ja, das zählt immer noch als Körpergewichtstraining, auch wenn zwei Körper beteiligt sind). Ihr könntet beispielsweise beide jeweils das Ende eines Handtuchs halten und Ruderübungen machen. Probier bei Hebeübungen einen Bear Crawl oder Crab Walk, um Gewicht auf deinen Oberkörper zu verlagern.

Für Fortgeschrittene

Sobald du die Grundlagen beherrschst, kannst du zu den anspruchsvolleren Übungen übergehen. Hier kommen ein paar Vorschläge.

  1. Probier weniger oder mehr Wiederholungen aus.
    Du kannst intensivere Varianten einer Übung mit weniger Wiederholungen oder einfachere Varianten mit mehr Wiederholungen machen – oder beides kombinieren. Bracko rät zu intensiveren Varianten einer Übungen mit weniger Wiederholungen pro Satz. Auf diese Weise forderst du dich mehr heraus, ohne dass deine Form darunter leidet.

    Beispiel:
    1. Satz (Ausdauer): 20 bis 30 Squat Hops
    2. Satz (Kraft): 8 bis 12 Squat Thrusts
    3. Satz (Power): 5 Burpees
  2. Variiere dein Tempo.
    Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die Muskelkraft besser entwickeln kann, wenn man Übungen wie Push-ups schneller durchführt. Probier also aus, wie viele Wiederholungen du innerhalb einer bestimmten Zeitspanne schaffst, schlägt Bracko vor. Anstatt jedoch gleich alles zu geben, solltest du das Tempo schrittweise erhöhen, beispielsweise alle 10 Sekunden bis zu deinem absolut schnellsten Tempo, ohne dabei deine Form zu vernachlässigen.

    Du kannst es auch mithilfe von exzentrischem Training langsamer angehen und die Streck- oder Absenkphase einer Übung ganz bewusst ausführen oder diese Positionen isometrisch halten, um die Zeit, die deine Muskeln unter Spannung stehen, zu verlängern. Zähl beispielsweise langsam von 1 bis 3, geh dabei in den Squat und drück dich dann auf 1 kraftvoll wieder hoch oder versuch, 15 Sekunden lang in der Squat zu bleiben.
  3. Verzichte auf Pausen.
    Um deine Muskeln maximal zu fordern und ein Kardiotraining in deine Routine zu integrieren, solltest du zwischen deinen Runden und Übungen keine Pausen einlegen oder sie so kurz halten, bis du wieder zu Atem gekommen bist, rät Bracko. Außerdem solltest du dein Training auf Zeit und nicht auf Wiederholungen machen. Probier zum Beispiel aus, wie schnell du 5 Runden mit 10 Burpees, 15 seitlichen Sprüngen pro Seite und 20 Sit-ups schaffen kannst. (Brauchst du Inspiration? In der Nike Training Club App findest du zahlreiche HIIT-Workouts mit dem eigenen Körpergewicht, die du überall durchführen kannst.)

    Jede dieser Abfolgen bietet dir ausreichend Möglichkeiten, Woche für Woche Neues auszuprobieren und dich zu verbessern. Grundlagentraining ist nämlich alles andere als langweilig!

Ursprünglich erschienen: 6. November 2020