7 Muskelgruppen, die beim Laufen aktiviert werden

Gesundheit und Wellness

Du wirst bestimmt überrascht sein, wenn du erfährst, welche Muskeln beim Laufen angesprochen werden.

Letzte Aktualisierung: 23. Mai 2024
7 Min. Lesezeit
7 Muskelgruppen, die du beim Laufen aktivierst

Es gibt nichts Schöneres als das Gefühl nach einem erfolgreichen Lauf. Dein Körper hat hart gearbeitet und die Ausschüttung von Endorphinen sorgt für das berühmte Hochgefühl, das viele Läufer kennen. Doch welche Muskeln wurden während deines Laufs eigentlich genau betätigt? Ist es nur der Unterkörper, wo deine Füße ausschreiten, damit du vorwärts kommst? Oder ist es eher der Oberkörper mit deinen Armen, die dich vorantreiben? Schauen wir es uns mal an.

Unser Körper ist zum Laufen gemacht

Menschen sind die einzigen bipedischen Primaten. Das bedeutet, dass wir aufrecht auf zwei Beinen stehen. Laufen ist Teil unserer DNA. Wir haben uns zu Läufern entwickelt. Genau genommen glauben viele Wissenschaftler, dass wir aufgrund der Entwicklung unseres Körpers die besten Langstreckenläufer auf dem Planeten sind. Nicht unbedingt die besten Sprinter – schneller als ein Gepard sind wir nicht. Aber die Mechanik unseres Laufschrittes und die Fähigkeit zur Wärmeregulierung durch Schwitzen befähigen uns zur Bewältigung langer Strecken.

Wie sieht nun diese Biomechanik aus, die uns zu solch erfolgreichen Läufern macht? Welche Muskelgruppen machen die Laufarbeit? Und wie viele Muskeln werden dabei beansprucht?

Die Biomechanik des Laufens

Gemäß der bahnbrechenden Studie von Gait und Posture aus dem Jahr 1998 bestehen die Schritte von Läufer:innen aus zwei Phasen:

  1. der Standphase bzw. dem Moment, in dem der Fuß den Boden berührt
  2. der Schwungphase bzw. dem Moment, in dem der Fuß in der Luft ist

Das wird als Schrittzyklus bezeichnet. Von der Standphase ist die Rede, wenn der Fuß mit dem Boden in Kontakt kommt. Wenn sich der Fuß vom Boden abhebt und nach vorne bewegt, gelangt er in die Schwungphase. Der Körper befindet sich in der Luft bzw. in der Schwebephase, weil beide Füße vom Boden gelöst sind. Dieser Zyklus wiederholt sich beim Laufen und bewegt dich nach vorne.

Während der verschiedenen Phasen des Schwungzykluses sind jeweils verschiedene Muskeln aktiv. Um schneller zu laufen oder die Lauftechnik zu verbessern, kann es helfen, die wichtigsten Muskeln zu kennen, die beim Laufen mitmachen.

Diese Muskeln werden beim Laufen genutzt

  1. 1.Hüftbeuger

    Der Hüftbeuger besteht aus drei Hauptmuskeln: dem Musculus iliopsoas (Musculus psoas major und iliacus) und dem Rectus femoris. Sie befinden sich vor der Hüfte. In der Standphase sind sie mit ihrem Beugen und Strecken für den Abstoß vom Boden verantwortlich. Sie steuern zudem die Kniebeugung und stabilisieren die Wirbelsäule und das Becken während des Schrittzykluses.

    Verspannte Hüftbeuger sind nicht selten, trotzdem ist es wichtig, auf sie Acht zu geben. Je verspannter und kürzer der Hüftbeuger ist, desto kleiner ist der Bewegungsradius und desto kürzer werden die Schritte. Dies hemmt den natürlichen Lauf und beeinträchtigt die Haltung, was sich letztendlich auf die Laufökonomie auswirkt.

  2. 2.Pomuskeln

    Der Gluteus maximus und der Gluteus medius spielen eine zentrale Rolle in der Standphase. Starke Pomuskeln treiben den Körper vorwärts. Sie dehnen die Hüfte, wenn sich dein Bein hinter dem Körper befindet. Die Pomuskeln fungieren als Anker für das Becken und stabilisieren die Bewegung, vor allem während der Schwebephase, wenn beide Beine vom Boden gelöst sind.

    Schwache Pomuskeln wirken sich negativ auf die Laufökonomie aus und erhöhen das Verletzungsrisiko. Einer in der Fachzeitschrift Clinical Biomechanics veröffentlichten Studie zufolge waren Knieschmerzen innerhalb einer Gruppe von Läufern auf schwache Pomuskeln zurückzuführen. In einer weiteren Studie mussten Läufer mit Ilio-tibialem Bandsyndrom (ITBS) ein sechswöchiges Pomuskel-Trainingsprogramm absolvieren. Nach dem Versuch waren bis auf zwei Läufer alle genesen. Daran lässt sich gut erkennen, wie wichtig der Hintern beim Laufen ist.

  3. 3.Quadrizeps

    Der Quadrizeps ist eine Gruppe aus vier Muskeln, die den vorderen Oberschenkelmuskel umfassen. Falls du schon einmal bergauf gelaufen bist, hast du sicherlich gespürt, wie der Quadrizeps arbeitet. Zweifellos spielt der Quadrizeps eine zentrale Rolle beim Laufen. Er beugt die Hüfte und streckt das Knie, sorgt für Stabilität und absorbiert Stöße beim Landen. Das treibt dich vorwärts und überträgt während des Übergangs von Stand- zu Schwungphase Energie in die rückseitige Oberschenkelmuskulatur.

  4. 4.Rückseitige Oberschenkelmuskulatur

    Die rückseitige Oberschenkelmuskulatur besteht aus zwei verbundenen Muskeln, die die Hüfte dehnen und das Bein steuern. Sie ist für die Krafterzeugung in der Abstoßphase zuständig. Wenn du schneller laufen oder effizient sprinten möchtest, benötigst du eine starke rückseitige Oberschenkelmuskulatur.

    Bei vielen Menschen, insbesondere Frauen, ist der Quadrizeps dominant. Das bedeutet, dass der Quadrizeps bei ihnen überkompensiert. Das Verhältnis von Kraft und Bewegungsradius wird vom Quadrizeps gegenüber der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur dominiert. Dies verursacht ein Ungleichgewicht der Muskeln, was wiederum die Laufökonomie vermindert. Die Stärkung der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur durch Gewichtheben oder sonstige Crosstraining-Methoden kann die Laufleistung verbessern.

  5. 5.Wadenmuskulatur

    Das Schienbeinkantensyndrom macht ungefähr 15 Prozent aller Laufverletzungen aus. Diese Symptomatik, auch als mediales Tibiakantensyndrom bekannt, tritt aufgrund der Aktivierung der Wadenmuskulatur und der Schienbeine bei Läufer:innen häufig auf.

    Die Wadenmuskulatur spielt eine zentrale Rolle beim Laufen, und ihr kommen zahlreiche wichtige Funktionen zu:

    • Der Muskel, der vor dem Schienbein entlangläuft (Tibialis anterior), bewegt sich wie eine Wippe, um die Fersen während der Schwungphase vom Boden abzuheben. Er verlagert das Körpergewicht auf die Zehen und schiebt dich so nach vorne.
    • Der Soleusmuskel in der Wade beugt das Sprunggelenk und stabilisiert und richtet die Tibia, um dich in einer aufrechten Position zu halten.
    • Diese Muskeln sind die erste Kontaktstelle, wenn die Füße auf dem Boden aufkommen. Daher absorbieren sie den Stoß.
    • Sie federn deine Schritte während des Schrittzykluses nach oben und nach vorne ab.

    Eine schwache Wadenmuskulatur schafft es nicht, Stöße zu absorbieren. Dadurch sehen die Schritte schleppend und nach unten gedrückt aus. Für federnde Schritte ist die Wadenmuskulatur essentiell.

    Folgende Übungen stärken die Wadenmuskulatur:

    1. Seilspringen: Spring auf deinen Fußballen über ein Seil. Achte darauf, dass du auf den Zehenspitzen landest und nicht auf der Ferse. Dadurch werden deine Wadenmuskeln aktiviert. Versuche, fünf Minuten lang ohne Unterbrechung zu springen.
    2. Wadenheben: Stell dich an die Kante einer Stufe, deine Fersen sind dabei in der Luft. Benutz deine Wadenmuskulatur, um dich nach oben zu drücken. Mach oben eine Pause, die Zehen sind dabei gespreizt und die Sprunggelenke gebeugt. Senk dich langsam zurück in die Ausgangsposition. Mach 15 Wiederholungen.
    3. Soleus-Squat: Lehn dich mit dem Rücken an eine Wand, geh mit den Füßen etwas nach vorne und beug die Knie. Geh in eine Squatposition, halte dabei Kontakt zwischen deinem Rücken/deinem Po und der Wand. Stell dich nun auf die Fußballen. Halte die isometrische Position für 30 Sekunden.
  6. 6.Bauchmuskulatur

    Die Muskeln im Bauch verbinden den Oberkörper mit dem Unterkörper. Beim Laufen sind sie aktiviert und halten deinen Körper stabil und aufrecht. Eine starke Bauchmuskulatur erhöht die Stabilität im Unterkörper und erzeugt Kraft.

    Bei Sprinter:innen werden die Bauchmuskeln noch stärker aktiviert. Der Grund dafür liegt darin, dass die Hüfte bei jedem Schritt stärker gestreckt wird, um Geschwindigkeit zu erzeugen. Um eine übermäßige Verlagerung zu verhindern, dreht sich die Wirbelsäule leicht. Auf diese Weise werden Stürze vermieden. Die Bauchmuskeln — insbesondere der Musculus transversus abdominis und der Musculus obliques — bilden eine Art Fundament für die Gegenrotation des Oberkörpers, die dem Körper Stabilität verleiht.

  7. 7.Oberkörpermuskulatur

    Laufen trainiert in erster Linie die Unterkörpermuskulatur. Dennoch wird eine gewisse Kraft im Oberkörper zum Laufen benötigt. Die Arme bauen Dynamik auf und tragen dazu bei, dass du vorwärtskommst. Dies gilt vor allem für den Latissimus dorsi, die Schultern und die Deltamuskeln.

    Ein starker Rücken und starke Schultern können deine Laufökonomie verbessern. Starke Arme sorgen nicht nur für mehr Antriebskraft. Wenn du über die Kraft im Oberkörper verfügst, um während des gesamten Laufs aufrecht zu bleiben, kann das einer gekrümmten Körperhaltung vorbeugen. Die Körperhaltung trägt maßgeblich zur Laufkökonomie bei. Eine eingefallene Brust schränkt die Atemkapazität ein, was wiederum den Sauerstoff- und Nährstoffgehalt in den arbeitenden Muskeln reduziert.

Ursprünglich erschienen: 16. November 2021