So kann Sport gegen Depressionen und Angstgefühle helfen

Gesundheit und Wohlbefinden

Regelmäßiges Training bietet mehr als nur körperliche Vorteile. Es kann darüber hinaus gegen Symptome von Depressionen und Ängsten helfen.

Letzte Aktualisierung: 7. September 2022
8 Min. Lesezeit
So kann Sport gegen Depressionen und Angstgefühle helfen

Sport und Bewegung halten uns nicht nur körperlich fit, sie haben auch einen positiven Effekt auf unsere Psyche. So können sie beispielsweise dabei helfen, abzunehmen und das Gewicht zu halten, das Herz zu stärken, Muskelmasse aufzubauen und soziale Beziehungen zu festigen. Aber kann Sport auch gegen Depressionen und Angstgefühle helfen?

Ja, er kann.

Die Autor:innen einer Auswertung von Studien, die im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlicht wurde, kamen zu dem Schluss, dass körperliche Bewegung das wirksamste Mittel gegen Angstzustände und mentale Verstimmungen ist.

In diesem Artikel erläutern wir, wie regelmäßiger Sport die Symptome von Depressionen und Angstzuständen lindern kann. Außerdem erfährst du, wie du die Vorteile von körperlicher Bewegung für dich nutzen kannst.

Warum Sport gute Laune macht

Sport ist aus vielen Gründen ein Stimmungs-Booster und hilft, Angstzustände zu lindern. Zunächst einmal lenkt dich körperliche Bewegung von allem ab, was dich depressiv oder dir Angst macht.

Einer der meistgenannten Vorteile von Sport ist, dass er die körpereigenen chemischen Substanzen für das Wohlbefinden – Endorphine, Serotonin, Dopamin und Noradrenalin – erhöht. Wenn der Körper von diesen Glückshormonen durchflutet wird, können Angst- und Stressgefühle deutlich reduziert werden, so Dr. Carla Marie Manly, die als klinische Psychologin mit Menschen arbeitet, die an Angstzuständen und Depression leiden.

Bewegung regt auch die Freisetzung des Wachstumsfaktors BDNF an (Brain-Derived Neurotrophic Factor, deutsch etwa: Vom Gehirn stammender neurotropher Faktor). Dabei handelt es sich um ein Protein, das eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung gesunder Gehirnverbindungen spielt, wie aus einer 2017 in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychology veröffentlichten Studie hervorgeht. Niedrige BDNF-Werte werden mit Depressionen und Selbstmordgedanken in Verbindung gebracht.

"Regelmäßige sportliche Betätigung wirkt sich positiv auf unser Gehirn aus, da sie dessen Gesundheit und Leistungsfähigkeit verbessert", erklärt Ben Spielberg, M.S., Neurowissenschaftler sowie Gründer und CEO des TMS & Brain Health Centers in Südkalifornien.

Natürlich sollte man auch die sozialen Aspekte des Sports und die damit einhergehenden positiven Auswirkungen auf unsere mentale Gesundheit nicht außer Acht lassen. "Sport kann Menschen einander näher bringen, ihnen mehr Selbstvertrauen bei sozialen Interaktionen geben und Angstgefühle in einer Vielzahl von Situationen verringern", so Spielberg.

Die besten Sportarten gegen Depressionen und Angstzustände

  1. 1.Yoga

    So kann Sport gegen Depressionen und Angstgefühle helfen

    "Ich empfehle Yoga für Menschen mit Depressionen und Angstgefühlen, da es leicht zugänglich ist", so Jewell Singletary, zertifizierte Ersthelferin für psychische Gesundheit und ausgebildete Trainerin für traumasensibles Yoga. "Die sanften Bewegungen und beruhigenden Atemübungen helfen, das parasympathische Nervensystem, also die natürliche Entspannungsreaktion unseres Körpers, zu aktivieren."

    Eine Studie aus dem Jahr 2019, die im Journal of Alternative and Complementary Medicine veröffentlicht wurde, zeigt außerdem, dass Frauen, die acht Wochen lang Bikram Yoga (auch bekannt als Hot Yoga) praktizierten, eine Verbesserung ihrer Depressionssymptome feststellen konnten. Die Frauen, die am häufigsten am Yogatraining teilnahmen, berichteten von deutlich schwächeren Depressionssymptomen (z. B. weniger empfundene Verzweiflung) und auch mehr Lebensqualität.

    Es gibt viele verschiedene Arten von Yoga, darunter Bikram Yoga, Hatha Yoga, Vinyasa Yoga und Yin Yoga, und auch Mischformen, zum Beispiel Goat Yoga (Yoga mit Ziegen) oder Paddleboard Yoga.

  2. 2.Laufen

    So kann Sport gegen Depressionen und Angstgefühle helfen

    Das Laufen hat unmittelbare und langfristige positive Auswirkungen auf die Stimmung. Aus einer Studie, die im November 2021 in der Fachzeitschrift Scientific Reports erschien, geht hervor, dass bereits zehn Minuten Laufen mit moderater Intensität ausreichen, um die Stimmung zu verbessern.

    Gleichzeitig können längere oder intensive Läufe das Endocannabinoid-System, einen Teil des menschlichen Nervensystems, stimulieren. Der Körper erhält dann einen wahren Boost an neurochemischen Substanzen, die ein zutiefst entspannendes Glücksgefühl hervorrufen, so eine 2015 in Frontiers in Psychology veröffentlichte Studie. Diesen Zustand kennst du vielleicht auch als "Runner's High".

    Aus den Forschungsergebnissen geht ferner hervor, dass die stimmungsaufhellende Wirkung umso besser ist, je regelmäßiger du läufst. Dranbleiben macht sich also bemerkbar. So ergab eine 2018 in der Fachzeitschrift BMJ Open Sport and Exercise Medicine veröffentlichte Studie, dass bei Menschen mit affektiven Störungen, die ein 12-wöchiges Laufprogramm absolvierten, die Symptome von Depressionen und Angstgefühlen mit der Zeit abnahmen.

    Laufen ist nicht so dein Ding? Dann bieten sich auch andere Sportarten und Ausdauertrainings wie Walking, Trail Running, Wandern, Rudern, Radfahren, Schwimmen oder auch Kickboxen an. Probier's einfach mal aus.

  3. 3.Krafttraining

    So kann Sport gegen Depressionen und Angstgefühle helfen

    Gewichtheben ist nicht nur förderlich für den Muskelaufbau, sondern kann auch deine mentale Gesundheit stärken. Eine 2018 in der Fachzeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlichte Meta-Analyse zeigt beispielsweise, dass Krafttraining die Symptome von Depressionen bei Erwachsenen deutlich reduziert, und zwar unabhängig von der Anzahl der Wiederholungen, Sätze und Trainingseinheiten.

    Eine frühere Untersuchung in der Zeitschrift Sports Medicine ergab, dass Krafttraining auch Angstgefühle verringert – und zwar sowohl bei gesunden Menschen als auch bei Personen mit einer diagnostizierten körperlichen oder psychischen Erkrankung.

    Gewichtheben wurde noch nicht so ausführlich erforscht wie Cardio-Training oder Yoga, aber die stimmungsaufhellenden Mechanismen könnten wohl ähnlich sein. In einer klinischen Studie aus The Journal of Consulting and Clinical Psychology wurde Gewichtheben sogar mit Laufen verglichen und festgestellt, dass beide die Symptome von Depressionen bei betroffenen Frauen gleichermaßen abschwächten.

    Probier einfach verschiedene Arten des Krafttrainings aus, um das zu finden, das dir am meisten Spaß macht. Hier eine kleine Auswahl für den Einstieg:

So kann Sport gegen Depressionen und Angstgefühle helfen

Das Gute daran ist, dass du weder ständig Marathons laufen und auch nicht unter die extremen Bodybuilder:innen gehen musst, um die Vorteile von Sport und körperlicher Betätigung für die psychische Gesundheit zu erleben.

Tatsächlich können laut einer Studie aus dem Fachblatt JAMA Psychiatry schon eine Stunde Walking oder 15 Minuten Laufen am Tag das Risiko einer schweren Depression um 26 % senken. Wenn du dich regelmäßig jeden Tag bewegst, kannst du möglicherweise sogar einen Rückfall verhindern, schreiben die Autor:innen weiter.

Das Wichtigste ist, eine körperliche Aktivität zu finden, die dir Spaß macht, und konsequent dranzubleiben.

"Wie bei allen anderen Dingen braucht es Regelmäßigkeit und Konsequenz, um innere Stärke aufzubauen und mit der Zeit Veränderungen zu bewirken", erklärt Singletary.

Wichtige Hinweise

  1. 1.Sport ist etwas Individuelles

    Die Wissenschaft mag die Vorteile einer bestimmten Sportart untermauern, doch letztendlich ist es von Mensch zu Mensch verschieden, welche Art der körperlichen Betätigung sich im individuellen Fall am besten eignet. Das hängt von deiner Persönlichkeit und deinen Bedürfnissen und Anforderungen ab.

    Yoga in der Gruppe kann zum Beispiel beruhigend wirken, wenn du unter leichten Angstzuständen leidest. Wenn dir viele Menschen jedoch Angst machen, tun dir die sozialen Aspekte einer Yoga-Gruppenstunde weniger gut, so Manly.

    Wenn die Aktivität/Sportart, das Umfeld oder auch die Intensität nicht zu dir passen, kann ein Training sogar zu Frustration und Selbstzweifeln führen, fügt sie hinzu. Negative Gefühle wie diese können dann Depressionen und Angstzustände noch verstärken.

    Such dir also eine körperliche Betätigung aus, bei der du dich wohlfühlst. "Wenn du etwas gefunden hast, das dir Spaß macht, wirkt sich das in der Regel sofort positiv auf deine psychische Gesundheit aus", so Manly.

  2. 2.Sport ist kein Allheilmittel

    Regelmäßige Bewegung kann dir einen kurzfristigen Stimmungs-Boost verschaffen und deine Symptome lindern. Die Ursachen für Depressionen und Angstgefühle, wie z. B. dysfunktionale Beziehungen, Drogenmissbrauch oder Panikstörungen, werden dadurch jedoch nicht beseitigt, erklärt Manly.

    Möglicherweise solltest du körperliche Bewegung mit Antidepressiva, kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) und/oder Methoden zur Stressbewältigung, beispielsweise Meditation, kombinieren. Lass dich eventuell von einer Psychologin/einem Psychologen oder einer ausgebildeten Verhaltensmedizinerin/einem ausgebildeten Verhaltensmediziner beraten, um den für dich geeigneten Behandlungsplan aufzustellen.

So kann Sport gegen Depressionen und Angstgefühle helfen

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Ursprünglich erschienen: 10. Februar 2022