Solltest du trainieren, auch wenn du krank bist?
Gesundheit und Wellness
Sport zu machen, wenn man gesundheitlich angeschlagen ist, kann riskant sein. Erfahre hier, was Expert:innen zu diesem Thema sagen.
Es gibt eine Reihe bewährter Methoden, um schneller zu regenerieren, wenn man sich krank fühlt. Die gängigsten sind, sich ausreichend Ruhe zu gönnen und viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Aber trainieren? Nicht unbedingt. Manche Workouts können deine Genesung sogar hinauszögern.
Unter bestimmten Umständen ist es allerdings weitestgehend unbedenklich, auch dann zu trainieren, wenn du dich nicht fit fühlst. Aber selbst dann solltest du vorsichtig sein. Hier erklären Expert:innen, ob (und wann) es in Ordnung ist, zu trainieren, auch wenn du dich krank fühlst, und wie du dein Training wieder aufnimmst, sobald es dir besser geht. Außerdem erfährst du, wie sich körperliche Aktivität auf dein Immunsystem auswirkt.
Ist es unbedenklich, zu trainieren, wenn man krank ist?
"Die Entscheidung, ob man Sport machen sollte, wenn man krank ist oder sich gerade von einer Krankheit erholt, hängt von der Art der Krankheit und dem Schweregrad der Symptome ab", erklärt Anjali Bharati, D.O., Ärztin für Notfallmedizin im Lenox Health Greenwich Village in New York City.
Generell ist es unbedenklich – und vielleicht sogar von Vorteil –, sich bei Symptomen, die ab dem Hals aufwärts auftreten, zu bewegen. "Wenn du unter Symptomen in den oberen Atemwegen wie leichtem Husten oder Schnupfen leidest, kann ein Spaziergang oder leichtes Joggen tatsächlich dazu führen, dass du dich besser fühlst. Die Nasennebenhöhlen werden befreit und der Schnupfen kann abfließen", ergänzt Bharati.
Wenn du allerdings an COVID-19 erkrankt bist oder Symptome wie Fieber, Gliederschmerzen, Kurzatmigkeit, Schwäche oder Schwindelgefühl zeigst, solltest du mit dem Training pausieren, um deinem Körper Zeit zu geben, sich zu erholen.
Wenn du Sport machst, obwohl du richtig krank bist, könnte das schädlich für dein Herz sein, so Dennis Cardone, D.O., Facharzt für Sportmedizin und Leiter der Abteilung für primärärztliche Sportmedizin an der NYU Langone Health. Expert:innen sind der Ansicht, dass Sport im Krankheitsfall, insbesondere bei COVID-19, das Risiko einer Myokarditis, also einer Virusinfektion des Herzmuskels, erhöhen kann.
Nach Angaben der Mayo Clinic kann eine Myokarditis die Fähigkeit des Herzens, Blut zu pumpen, beeinträchtigen. Dies führt zu schnellem oder unregelmäßigem Puls, Brustschmerzen, Kurzatmigkeit, Müdigkeit und Erschöpfung. In schweren Fällen kann Myokarditis bei jungen Athlet:innen sogar zum plötzlichen Herzstillstand führen, so das Blanchard Valley Health System. Dein Körper hat ziemlich viel zu tun, wenn du krank bist. Krankheit belastet ihn. Wenn du zusätzlich noch Sport machst, wird es dir wahrscheinlich nicht besser, sondern noch schlechter gehen.
Beim Sport verbraucht der Körper Energie, Wasser und Elektrolyte, um Herz, Lunge und Muskeln zu versorgen. Wenn du aber krank bist, verbraucht der Körper bereits Unmengen an Energie, Wasser und Elektrolyten, um die Infektion zu bekämpfen. Wenn du also trainierst, während dein Körper kaum noch Energie hat, wirst du nur noch erschöpfter und dehydrierter, sagt Bharati. Es dauert also länger, bis du wieder vollständig regeneriert bist.
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Wann kann ich wieder mit dem Training beginnen?
Du musst mit dem Training nicht warten, bis du dich wieder zu 100 Prozent fit fühlst, aber mindestens 90 Prozent sollten es schon sein. Das bedeutet, dass dein Energielevel annähernd normal ist, dein Kopf klar ist und du wieder normal trinkst und isst. Möglicherweise hast du auch wieder richtig Lust, dich zu bewegen. Du kannst dein Training wieder aufnehmen, wenn "dir dein Körper wieder grünes Licht gibt", sagt Cardone.
Wenn dir jedoch weiterhin schwindelig ist, dein Körper schmerzt und du müde oder kurzatmig bist, solltest du dir mehr Zeit lassen, um dich komplett zu erholen, bevor du dein Trainingsprogramm wieder aufnimmst.
Sicher trainieren während der Genesungsphase
Wenn du während deiner Genesung Sport treiben möchtest, solltest du dich vom Fitnessstudio – und von anderen Menschen – unbedingt fernhalten. Wenn bei dir COVID-19 diagnostiziert wurde, solltest du dich mindestens fünf Tage lang in Quarantäne ausruhen, bevor du wieder Sport machst. Nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) solltest du dabei den ersten Tag nach Auftreten der Symptome oder einem positiven Testergebnis komplett mitzählen.
Die Intensität deines Trainings hängt von deinen Symptomen ab und davon, wann du zuletzt trainiert hast. Erwarte nicht, dass du bei deinem ersten Training nach deiner Genesung sofort wieder voll durchstarten kannst. "Es ist leicht möglich, dass man nach ein paar Tagen Auszeit schwächer ist und weniger Kondition hat. Es dauert seine Zeit, bis man wieder sein früheres Level erreicht hat", erklärt Cardone.
Wenn du wieder mit dem Training beginnst, solltest du dich dabei mit höchstens 50 Prozent deiner üblichen Intensität belasten. "Es hängt davon ab, wie lange du nicht mehr trainiert hast, aber 50 Prozent sind ein guter Richtwert", so Cardone.
Wenn du also beispielsweise läufst und dein Training nach überstandener Krankheit wieder aufnimmst, solltest du deine üblichen wöchentlichen Laufkilometer halbieren und auch langsamer laufen. Cardone empfiehlt für die ersten ein bis zwei Wochen auch leichte Ausdauersportarten wie Radfahren, Rudern oder ein Training mit dem Ellipsentrainer, um die Belastung und Intensität allmählich zu steigern. Allerdings sind diese Sportarten mit geringer Belastung nicht unbedingt ratsam, wenn du sie nur im Fitnessstudio machen kannst und dabei riskierst, andere anzustecken.
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Wenn du bei deinem Training Gewichte hebst, solltest du deine übliche Kiloanzahl um mindestens 50 Prozent reduzieren. "Das ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um zu testen, wie viel du stemmen kannst", sagt Bharati. Vielleicht solltest du auch die Dauer und Häufigkeit deines Trainings reduzieren.
Für den Trainingseinstieg nach überstandener Krankheit empfehlen Bharati und Cardone diese Sportarten:
- Walken oder leichtes Joggen
- Langsames Yoga
- Krafttraining mit leichter Intensität
- Langsames Radfahren
Absolut ungeeignet sind ihrer Meinung nach folgende Sportarten:
- High Intensity Interval Training (HIIT)
- Ausdauerläufe
- Gruppenfitness
- Workouts im Fitnessstudio
- Wintersportaktivitäten wie Skifahren
Für alle Aktivitäten gilt: Trainiere mit einer Intensität, bei der du dich unangestrengt unterhalten kannst.
Achte darauf, wie du dich während deines Trainings fühlst. Wenn es gut läuft, steigere die Intensität um 10 bis 20 Prozent und achte wieder darauf, wie es sich für dich anfühlt. Erhöhe die Intensität nach und nach um 10 bis 20 Prozent, bis du wieder dein früheres Level erreicht hast.
Brich das Training ab oder trainiere mit weniger Intensität, wenn dir schwindlig oder übel wird, du dich müde und erschöpft fühlst oder Schmerzen hast.
Vergiss nicht zu trinken!
Während deiner Genesung ist Trinken extrem wichtig, vor allem, wenn du vorhast zu trainieren. "Viele Menschen trinken nicht genug, wenn sie krank sind. Das dehydriert den Körper. Daher ist es wichtig, auf eine verstärkte Flüssigkeitszufuhr zu achten", sagt Cardone.
Am einfachsten lässt sich der Wasserhaushalt deines Körpers anhand der Farbe deines Urins bestimmen. "Der Urin sollte sehr hellgelb oder farblos sein. Wenn er bernsteinfarben oder dunkelgelb ist, ist das ein Zeichen dafür, dass du mehr trinken solltest", erklärt Cardone.
Ist Sport gut für das Immunsystem?
Ein regelmäßiges Training mit moderater Intensität kann sich langfristig positiv auf dein Immunsystem auswirken. Eine 2016 in der Zeitschrift Medicine and Science in Sports and Exercise veröffentlichte Studie ergab, dass sich das Risiko für bakterielle Infektionen schon bei geringer körperlicher Aktivität um 10 Prozent verringert (verglichen damit, wenn man gar keinen Sport macht).
Stell dir dein Immunsystem wie dein Herz und deine Lunge vor. Sport fordert dein Herz und deine Lunge, kräftigt sie mit der Zeit und lässt sie effizienter arbeiten. Das Gleiche gilt für dein Immunsystem.
Die kurzfristigen Auswirkungen von Sport auf das Immunsystem sind dagegen umstritten.
Viele Expert:innen sind der Meinung, dass das Immunsystem nach dem Sport für einige Stunden anfälliger ist – insbesondere, wenn du mit hoher Intensität trainiert hast. Laut einem Studienreview aus dem Jahr 2018, der in der Zeitschrift Frontiers in Immunology veröffentlicht wurde, geht man davon aus, dass intensive sportliche Betätigung vorübergehend die Anzahl der im Blut zirkulierenden Antikörper und anderer Immunzellen verringert. Dadurch steigt das Infektionsrisiko.
Andere Expert:innen vertreten jedoch die Ansicht, dass das Immunsystem unmittelbar nach dem Sport besser auf potenzielle Bedrohungen reagiert. Man geht davon aus, dass deine Antikörper und Immunzellen vom Blut weggeleitet werden, damit sie an anderen Stellen nach beschädigten oder infizierten Körperzellen suchen können, so der Review von 2016.
Fazit
Die langfristigen Vorteile von sportlicher Betätigung für das Immunsystem überwiegen letztlich alle potenziellen Nachteile. Das gilt natürlich nicht, wenn du Fieber hast oder erkältet bist und Schnupfen hast. Wenn du krank bist oder unter Restsymptomen wie Müdigkeit und Gliederschmerzen leidest, solltest du dir und deinem Immunsystem eine Pause gönnen.
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Text: Lauren Bedosky