Macht Laufen die Beine stärker?
Sport und Bewegung
Laufen trainiert ja bekanntlich die Beinmuskulatur, aber wird sie dadurch auch stärker? Hier erfährst du, was es damit auf sich hat und wie du als Läufer:in mehr Kraft im Unterkörper aufbauen kannst.
Wer Muskeln in den Beinen aufbauen will, wendet sich in der Regel dem Kraftsport zu. Kniebeuge mit Gewichten, Ausfallschritte und Hüftstöße sind großartige Übungen, um den Unterkörper zu stärken. Aber was, wenn du lieber Cardio machst? Kann Laufen beim Aufbau der Beinmuskulatur helfen?
Es kommt ganz darauf an, wie du es angehst. Je nachdem, welches Workout du machst, kann Laufen nachweislich die Ausdauer und Kraft der Muskeln verbessern. Ob sich dadurch die Muskeln vergrößern, hängt laut einer Studie, die 2014 in der Fachzeitschrift Exercise and Sport Sciences Reviews veröffentlicht wurde, vom jeweiligen Training ab.
Unabhängig davon, welche Art von Muskelaufbau du mit dem Laufen erreichen willst, ist also die Form des Workouts entscheidend.
Wie werden Muskeln eigentlich stärker und welche Kraftarten gibt es?
Um Muskeln aufzubauen, musst du deinen Körper nach dem sogenannten Überlastungsprinzip einem neuen, anspruchsvollen Reiz aussetzen. Der Belastungsreiz verursacht einen Abbau der Muskelfasern, auch Muskelproteinabbau genannt. Anschließend führt der Heilungsprozess – der sogenannte Muskelproteinaufbau – dazu, dass die Muskelfasern stärker werden. Der Muskelproteinaufbau erfolgt während der Erholung und mithilfe der richtigen Ernährung.
Doch das ist nicht alles. Je nach Art der Belastung, z. B. ein Sprint oder Long Run, lassen sich die jeweiligen Muskelfasern, die auf den Reiz reagieren, weiter stärken. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Skelettmuskelfasern: langsam kontrahierende und schnell kontrahierende Muskelfasern. Langsam kontrahierende Muskelfasern ermüden nicht so schnell, arbeiten dafür aber langsamer und können keine große Kraft aufbringen. Schnell kontrahierende Muskeln ermüden dagegen etwas leichter, wobei sie viel schneller und deutlich mehr Kraft erzeugen.
Doch was bedeutet das jetzt konkret für deine Läufe und die Stärkung deiner Beinmuskulatur? Bei langen Läufen helfen dir die langsam kontrahierenden Muskelfasern dabei, das Tempo über die gesamte Strecke hinweg zu halten. Wenn du aber etwas schneller läufst, etwa bei einem Sprint, werden die schnell kontrahierenden Muskelfasern beansprucht. Beide Fasern treten in den Muskeln der Beine auf. Um Kraft aufzubauen und deine Kondition zu verbessern, sollte dein Trainingsprogramm daher idealerweise sowohl Ausdauerläufe als auch kraftvolle Speed Runs enthalten. Je nachdem, welches Ziel du verfolgst, kannst du dich stärker auf einen der beiden Muskelfasertypen konzentrieren.
Bei Laufprogrammen für Anfänger:innen liegt der Schwerpunkt in der Regel erst einmal auf der Entwicklung einer soliden Grundlagenausdauer. Hierfür solltest du möglichst mehrmals die Woche in einem angenehmen Tempo laufen gehen. Dabei ist es wichtig, mit Low-intensity-Läufen zu beginnen, bevor du zu Speed Runs übergehst. So kannst du sicherstellen, dass dein Körper die zusätzlichen Belastungen des Tempotrainings verkraftet. Darin liegt im Prinzip der Unterschied zwischen einem gesunden Trainingszyklus und einem Training, bei dem du dich verletzt.
Es ist also sinnvoll, dass du wesentlichen Komponenten des Überlastungsprinzips von Anfang an berücksichtigst und neue Herausforderungen nach und nach einführst, um die Muskeln kontinuierlich zu stärken. Dein Körper stellt sich nämlich mit der Zeit auf die jeweilige Belastung ein, was wiederum bedeutet, dass sich deine Laufleistung erst dann verbessert, wenn du die Intensität, den Umfang und die Häufigkeit der Läufe erhöhst. Gleichzeitig ist die Einführung eines Kraftprogramms vor der Einbeziehung von Tempoläufen und Intervallen zentral für die Muskelvergrößerung, die Muskelkraft und die Muskelerhaltung sowie für die Vorbeugung von Verletzungen.
Mit einem gezielten Programm lässt sich die Beinkraft in den folgenden großen Muskeln des Unterkörpers aufbauen:
Quadrizeps: die Oberschenkelmuskeln
Hintere Oberschenkel: die Rückseite des Oberschenkels
Gastrocnemius und Soleus: die Waden
Musculi glutei: die Pomuskeln
Kannst du allein mit Laufen mehr Beinmuskeln aufbauen?
Egal, ob du gerade erst mit dem Laufen beginnst oder schon länger dabei bist: Wenn du die Dauer und Intensität deiner Workouts langsam steigerst, kannst du nicht nur die Muskelkraft, sondern auch deine Ausdauer und das Wachstum der Muskeln verbessern. Für Anfänger:innen ist es einfacher, mehr Beinmuskeln aufzubauen, da jeder Lauf als eine Gelegenheit betrachtet werden kann, stärker zu werden.
Wer schon Erfahrung mit dem Laufen hat, kann mit Sprints, Bergläufen oder Tempoläufen mehr Beinkraft aufbauen. Wichtig ist, dass du deine Workout-Routine sorgfältig und methodisch änderst, unabhängig davon, wo du dich gerade auf deiner Running Journey befindest. Wenn du dir zu früh zu viel vornimmst, kann es sein, dass du von einer Verletzung ausgebremst wirst.
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Und obwohl Laufen die Beinkraft fördert, ist es ratsam, Gewichtheben, Schwimmen, Yoga oder Pilates ins Cardio-Training aufzunehmen, um auch solche Muskeln gezielt zu trainieren, die deine Laufhaltung, Gangeffizienz und Knochenstärke unterstützen.
Die besten Lauf-Workouts zum Muskelaufbau
Wusstest du, dass sich mit dem Aufbau der Beinmuskulatur auch die Laufleistung verbessern lässt? Sobald du dir eine solide Grundlagenausdauer und einen Trainingsplan zum Kraftaufbau erarbeitet hast, kannst du damit beginnen, Tempoläufe in dein Workout einzubauen, um deine Ausdauer und Beinstärke weiter zu fördern.
Sprintintervalle können vor allem beim Aufbau von Muskelkraft wirksam sein. Eine Studie im International Journal of Exercise Science aus dem Jahr 2017 ergab, dass Läuferinnen und Läufer, die an High Intensity Interval Trainings (HIIT) teilgenommen haben, nicht nur ihre kardiorespiratorische Fitness verbesserten, sondern auch die Größe ihres Quadrizeps zunahm.
Nach dem 10-wöchigen Intervalltrainings-Programm fanden die Forscher:innen heraus, dass sich der Quadrizeps der Teilnehmer:innen um 10 Prozent vergrößert hat. Eine Kontrollgruppe, die nicht an dem Laufprotokoll teilnahm, verzeichnete im Vergleich dazu keine signifikanten Veränderungen.
Die Verfasser:innen der Studie kamen zu dem Schluss, dass richtig strukturiertes Cardio-Training (wie Radfahren oder Laufen) den Muskelaufbau wirksam fördern kann, insbesondere wenn HIIT-Workouts hinzukommen.
Weitere Tipps für den Muskelaufbau beim Laufen
Um im gesamten Körper Muskeln aufzubauen, ist es notwendig, dass du sowohl beim Training als auch bei deiner Ernährung konsequent bist. Besonders wichtig ist es, ausreichend Eiweiß zu sich zu nehmen. Im Journal of the International Society of Sports Nutrition (ISSN) wird Sportler:innen empfohlen, täglich 1,4 bis 2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht aufzunehmen, damit Muskelmasse aufgebaut und erhalten werden kann.
Die Regeneration ist ein weiterer Aspekt, der nicht vergessen werden darf. An den Tagen nach dem Intervalltraining solltest du deinem Körper eine Pause gönnen. Regeneration ist eine individuelle Sache und kann je nach Wohlbefinden immer wieder anders aussehen.
Um die Beweglichkeit deiner Gelenke aufrechtzuerhalten und deinem Körper Zeit zu geben, wieder auf die "Beine zu kommen", kannst du beispielsweise eine Woche lang aktive Erholungsübungen wie Radfahren, Schwimmen oder Yoga machen. In anderen Wochen musst du dir vielleicht komplett ein paar Tage Auszeit nehmen, was natürlich völlig okay ist. Entscheidend ist, dass du auf deinen Körper hörst und weißt, was er braucht.
Schlaf ist für die richtige Erholung vom Training ebenfalls wichtig, da das Wachstum und die Reparatur des Muskelgewebes während der Nachtruhe gefördert werden. Zu wenig Schlaf wird sogar mit einer verminderten Muskelkraft in Verbindung gebracht.
Häufig gestellte Fragen
Gibt es Lauftrainings, die ich beim Aufbau der Beinmuskulatur lieber vermeiden sollte?
Lauftrainings verbessern die allgemeine Fitness in ganz unterschiedlicher Weise. Speed Runs können beispielsweise den Muskelaufbau fördern, während Hügelläufe die Muskulatur widerstandsfähiger und stärker machen.
Lange Ausdauerläufe sind hingegen nicht so wirksam, wenn es um den Aufbau von Muskelmasse in den Beinen geht. Eine Studie aus dem Jahr 2016, die im Journal of Physical Therapy Science publiziert wurde, stellte beim Vergleich verschiedener Langstreckenläufe (10 km, Halbmarathon und Marathon) fest, dass längere Distanzen mit größeren Muskelschäden einhergehen.
Während also Langstreckenläufe hervorragend geeignet sind, um die kardiovaskuläre Ausdauer zu verbessern, solltest du, sofern der Muskelaufbau dein Hauptziel ist, auch Kraftsport betreiben. Regelmäßiges Krafttraining kann übrigens auch Verletzungen vorbeugen und den Körper widerstandsfähiger gegen die Strapazen des Laufens machen.
Wie oft sollte ich trainieren, um beim Laufen Muskeln aufzubauen?
Die Forschung legt nahe, dass du bestimmte Kriterien beachten musst, um mit aerobem Training Muskeln aufzubauen. Laut der weiter oben erwähnten Studie, die 2014 in der Fachzeitschrift Exercise and Sport Sciences Reviews veröffentlicht wurde, solltest du vier bis fünf Tage die Woche jeweils 30 bis 45 Minuten lang trainieren, damit du bei geringer Belastung so viele Muskelkontraktionen erzielst, die mit einem herkömmlichen Krafttraining vergleichbar sind. Das Wichtigste ist jedoch, dass du auf deinen Körper hörst und dir so viel Zeit nimmst, wie du brauchst, um deine Ziele auf sichere Weise zu erreichen — und Spaß solltest du dabei natürlich auch noch haben.
Kann ich Kraftsport umgehen, wenn ich beim Laufen Muskeln aufbauen will?
Widerstandstraining ist laut einer Studie im International Journal of Environmental Research and Public Health aus dem Jahr 2019 die wirksamste Methode, um Kraft zu entwickeln und das Wachstum der Muskeln anzuregen. Bei Läufer:innen kann Krafttraining außerdem noch die Leistung verbessern.
Widerstandsübungen gleichen darüber hinaus auch muskuläre Ungleichheiten aus und wenn du ein oder zwei Tage in der Woche Kraftsport machst, gönnst du deinem Körper dazu noch eine kleine Pause vom Laufen.