Mehr Trainingserfolge durch das richtige Warm-up

Coaching

Wenn du dich vor dem Workout ein paar Minuten aufwärmst, macht sich das beim Training sofort positiv bemerkbar.

Letzte Aktualisierung: 29. Januar 2021
Wie und warum du dich vor einem Workout aufwärmen solltest

Wer würde beim Kuchenbacken jemals auf die Idee kommen, die Form mit dem Teig in einen kalten Ofen zu schieben? Vorheizen gehört hier ganz selbstverständlich dazu. Wer diesen Schritt überspringt, riskiert ein Ergebnis, mit dem sich kein Blumentopf gewinnen lässt. Das gleiche gilt auch für deinen Körper: Das Warm-up vor dem Workout ist ein absolutes Muss.

Wie das Vorheizen beim Backofen, so dient auch das Warm-up dazu, den Körper langsam auf "Betriebstemperatur" zu bringen, damit du beim anschließenden Training auch die gewünschten Ergebnisse erzielst, erklärt Nike Master Trainer Joe Holder. "Durch das Warm-up wird der Blutfluss zu den Muskeln angekurbelt, du verbesserst deinen Bewegungsradius und bereitest dich mental auf dein Workout vor", erklärt er.

"Durch das Warm-up wird der Blutfluss zu den Muskeln angekurbelt, du verbesserst deinen Bewegungsradius und bereitest dich mental auf dein Workout vor."

Joe Holder
Nike Master Trainer

All diese Faktoren zusammen zahlen sich praktisch sofort aus. Das "Journal of Strength and Conditioning Research" hat sich 32 Studien näher angeschaut und herausgefunden, dass in 79 Prozent der Fälle Sportler, die sich vor dem Training aufgewärmt hatten, ihre Gesamtleistung steigern konnten. Und das führt gerade über längere Zeit zu einem Kraftzuwachs und einer besseren kardiovaskulären Fitness.

Riskante Abkürzung

Schon klar: Wenn es ohnehin schon schwer ist, die Zeit für ein Workout zu finden, dann ist jede zusätzliche Minute schnell eine Minute zu viel. Aber was wäre die Alternative? Du quälst dich durch das Training, die Muskeln verkrampfen und du riskisert Muskelkater oder sogar Zerrungen. Und das alles nur, weil du das Warm-up ausgelassen hast, warnt Dr. Michele Olson, Professorin für Sportwissenschaften am Huntingdon College in Montgomery, Alabama, und ausgebildete Kraft- und Konditionstrainerin.

"Beim Training müssen dein Gewebe und deine Organe, also auch deine Muskeln und dein Herz, stärker mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut versorgt werden", erklärt sie. Das Warm-up dient deshalb dazu, mehr Sauerstoff aufzunehmen. Das beugt übrigens auch Schwindelgefühlen und Herzstolpern vor, ergänzt sie. So ein Herzstolpern ist zwar nicht ungewöhnlich, aber auf lange Sicht natürlich auch nicht unbedingt gesund.

Ein weiterer Negativeffekt: "Verspannte Muskeln führen beim Training zu Fehlhaltungen. So verlierst du die feinmotorische Kontrolle über deine größten Muskeln", erklärt David Reavy, Performance-Physiotherapeut und Gründer von React Physical Therapy in Chicago. Alle, die viel am Schreibtisch sitzen, haben zum Beispiel oft verkürzte Hüftbeuger, und dadurch kippt laut Reavy dein Becken leicht nach vorne (die sogenannte anteriore Beckenkippung). Das wiederum führt dazu, dass die Bauch- und Pomuskulatur beim Laufen und Heben schneller "zumacht", und dadurch verliert das Training an Effektivität.

Eine Faustformel

OK, jetzt weißt du, warum das Warm-up so wichtig ist. Aber wie sieht ein gutes Warm-up aus? Olson empfiehlt dafür 10 bis 15 Minuten. Allgemein gilt jedoch: Je intensiver das anschließende Training sein soll, desto länger und gründlicher solltest du dich vorher aufwärmen. Holder stimmt dem zu, warnt jedoch auch, es nicht zu übertreiben. Ein zu langes oder intensives Warm-up kann sich auch negativ auswirken. Ein Beispiel: Laut einer Studie im "Journal of Applied Physiology" zeigten Radsportler, die sich 20 Minuten lang intensiv aufwärmten, eine größere Muskelermüdung und weniger Pedalkraft beim eigentlichen Training als Sportler, die sich weniger intensiv und kürzer aufwärmten.

Holder empfiehlt, beim Warm-up die Anstrengung auf Stufe 4 bis 5 von 10 zu halten, um sich nicht schon vor dem Training zu sehr auszupowern. Wenn du wenig Zeit hast, dann kannst du laut Olson auch einfach das eigentliche Workout am Anfang etwas ruhiger angehen lassen, dann gelten diese ersten Minuten als Warm-up.

Wenn man all diese Punkte im Kopf behält, dann ist der folgende Vorschlag perfekt für ein gut strukturiertes Warm-up. Du solltest dabei leicht ins Schwitzen geraten, so Olson. Dann weißt du, dass du bereit für das Training bist.

Wie und warum du dich vor einem Workout aufwärmen solltest

Allgemeine Vorbereitung (5 Minuten)

Bearbeite die wichtigsten Muskelgruppen und verspannte Regionen mit der Faszienrolle. Konzentriere dich dabei auf den Rücken, die vordere Oberschenkelmuskulatur, die Waden und die Knöchel, denn, so Holder, die meisten Menschen vernachlässigen diese Bereich oft. Wenn du keine Faszienrolle besitzt, tut es auch ein Tennisball oder ein anderer fester Ball. Dann folgt eine leichte Cardioeinheit, um den Puls ein wenig in die Höhe zu treiben und den Körper an die Bewegung zu gewöhnen. So gelangt auch mehr Sauerstoff in deine Muskeln, erklärt Olson. Hier empfehlen sich leichtes Laufen, Skippings und multidirektionale Bewegungen wie seitliche Shuffles und Cariocas. Wenn du diese oder andere der hier erwähnten Übungen nicht kennst, googel sie einfach. Aber achte darauf, dass du eine zuverlässige Seite nutzt, zum Beispiel die eines Physiotherapeuten oder ausgebildeten Trainers.

Gelenke + Aktivierung (3 bis 5 Minuten)

Im nächsten Schritt geht es darum, spezielle Gelenke durch bestimmte Bewegungen zu mobilisieren, zum Beispiel durch Hüft- und Schulterkreisen und Hip Opener im Knien. "Alles, was den Bewegungsradius – also die Flexibilität eines Gelenks in eine bestimmte Richtung – vergrößert, hilft hier", erklärt Holder, der sich mit seinem kürzlich in der Nike Training Club App veröffentlichten Programm für Fortgeschrittene vor allem auf dieses Thema konzentriert. Bewegliche Gelenke verbessern laut Holder deine Haltung und lassen dich effizienter trainieren. Jetzt folgen Aktivierungsübungen, die die wichtigsten Muskeln quasi "einschalten". Dabei geht es vor allem um deinen Core und deine Pomuskulatur. Sie sollen von deinem Gehirn gezielt angesteuert werden. Das wirkt sich positiv auf Geschwindigkeit, Tempo, Ausdauer oder die anderen Schwerpunkte deines Trainings aus. Versuch es doch mal mit Bird Dogs, Planks und Glute Bridges, schlägt Holder vor.

Dynamische Bewegungen und leichte plyometrische Übungen (2 bis 5 Minuten)

Jetzt folgen noch ein paar Bewegungen, die zu deinem speziellen Workout passen. Beginne mit dynamischen, aktiven Bewegungen, mit denen du den vollen Bewegungsradius deiner Gelenke und Muskeln ausschöpfst und diesen Radius allmählich erweiterst, empfiehlt Holder. Statischen Dehnungen wie zum Beispiel eine gehaltene Seitbeuge können sich im Gegensatz dazu negativ auf deine Performance auswirken, fügt er hinzu. Schließe das Warm-up mit leichten plyometrischen Übungen, also explosiven Sprüngen ab, um dein zentrales Nervensystem (ZNS) zu aktivieren. Mit einem aktivierten ZNS kannst du Kraft beim Training schneller und effizienter abrufen, erklärt Holder.

Wie könnte ein Warm-up zum Beispiel aussehen, wenn du dich auf einen schnellen Lauf vorbereitest? Olson macht hier gerne Walking Lunges und Frankenstein-Kicks, auch bekannt als Toy Soldiers March. Einige von euch werden sich dabei vielleicht an den berühmten Sketch "Ministry of Silly Walks" von Monty Python erinnern. Holder empfiehlt Walking Hamstring Scoops, Knee Tucks und A-Skips (auch hier hilft Google wieder). Für alle, die sich am Squat Rack abrackern wollen, sind Sumo Squats und Squat Jumps eine gute Alternative. Und HIIT-Junkies könnten es laut Olson mit langsamen Bodyweight Squats oder Lunges probieren. Holder empfiehlt zusätzlich dazu Seilspringen, Pogo Hops oder Tuck Jumps.

Nach einem gelungenen Warm-up fühlt sich dein Körper einfach nur gut an: Voller Energie und bereit für das, was danach kommt. Wenn das kein perfekter Start in den Tag – oder besser in das Workout – ist.

Text: Rozalynn Frazier
Bilder: Xoana Herrera

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Ursprünglich erschienen: 1. Februar 2021