7 Muskelgruppen, die beim Laufen aktiviert werden
Aktivität
Beim Laufen werden mehrere wichtige Muskelgruppen beansprucht. Hier erfährst du, wo im Körper sie sich befinden und was bei jedem Schritt passiert.
Beim Laufen arbeiten mehrere Muskeln in deinem Körper hart, um dich mit jedem Schritt nach vorne zu bringen. Manche Muskeln brennen vielleicht, wenn du das Tempo erhöhst oder einen Hügel hinaufläufst. Andere Muskeln können nach dem Laufen ungewöhnlich wehtun, sodass du vielleicht Angst vor einer Verletzung hast.
Wenn du weißt, welche Muskeln beim Laufen zum Einsatz kommen, kannst du sicherstellen, dass jeder einzelne stark genug ist, um seine Aufgabe zu erfüllen. Zudem kannst du dadurch potenzielle Schwachstellen erkennen, bevor sie Schmerzen oder Verletzungen verursachen.
"Es ist wichtig zu wissen, was die einzelnen Muskeln bewirken, aber es ist ebenso wichtig zu wissen, dass sie alle zusammenarbeiten und keine Funktionen isoliert ausführen", sagt Dr. Luke Bennett, Kraft- und Konditionstrainer und Chiropraktiker, der bei TOPTEAM Sports Performance in North Carolina mit Läufer:innen arbeitet.
Wenn alles richtig funktioniert, koordinieren deine Muskeln ihre Anstrengungen zu einem geschmeidigen, gleichmäßigen Laufstil. Aber ein schwaches Glied in der Kette kann deine Laufmechanik durcheinanderbringen und Ineffizienzen oder Verletzungen hervorrufen.
Im Anschluss erfährst du, welche Muskeln beim Laufen beansprucht werden.
Der Schrittzyklus beim Laufen
Wenn du deinen Schrittzyklus beim Laufen (also wie sich deine Beine bei jedem Schritt bewegen) kennst, kannst du besser verstehen, was deine Muskeln beim Laufen bewirken.
Laut einer Studie, die 2021 im International Journal of Physical Education, Fitness and Sports veröffentlicht wurde, hat der Schrittzyklus beim Laufen zwei Hauptphasen:
- die Standphase bzw. der Moment, in dem der Fuß den Boden berührt, und
- die Schwungphase, also der Moment, in dem sich beide Füße in der Luft befinden.
Der Schrittzyklus beginnt mit der Standphase, in der ein Fuß den Boden berührt. Wenn sich der Fuß vom Boden abhebt und nach vorne bewegt, gelangt er in die Schwungphase. Zu Beginn der Schwungphase zeigen deine Zehen nach unten und dein Knie ist leicht gebeugt. Dann beugt sich das Knie noch stärker und deine Zehen zeigen nach oben, während du die Schwungphase durchläufst, um dich auf den nächsten Zyklus vorzubereiten. Dieses Muster setzt sich fort, bis du deinen Lauf beendet hast.
Welche Muskeln werden beim Laufen beansprucht?
Nachdem wir uns mit dem Schrittzyklus beim Laufen befasst haben, schauen wir uns nun die Muskeln an, die jeden Schritt möglich machen.
1.Hüftbeuger
Die Hüftbeuger umfassen eine Gruppe von Muskeln an der Vorderseite des Oberschenkels, die die Hüfte beugen. Sie ziehen sich zusammen, um dein Bein während der Schwungphase des Schrittzyklus beim Laufen nach vorne zu ziehen, und strecken sich in der Standphase.
Deine Hüftbeuger müssen bei jedem Lauf hart arbeiten, aber bei Sprints und Hügel-Workouts sind sie besonders gefordert, sagt Dr. Bennett. Beide Workouts erfordern ein stärkeres Heben des Knies, was eine verstärkte Kontraktion des Hüftbeugers zur Folge hat.
Da sich die Hüftbeuger ständig zusammenziehen, sind Läufer:innen besonders anfällig für Verspannungen in den Hüftbeugern, sagt Schuyler Archambault, P.T., D.P.T., Kraft- und Konditionstrainerin, Physiotherapeutin und Personal Trainerin bei Arch Physical Therapy and Fitness in Boston, Massachusetts.
Durch häufiges Sitzen tagsüber – sei es bei der Arbeit oder zu Hause – werden die Hüftbeuger zusätzlich verkürzt, was die Verspannungen verschlimmern kann. Verspannungen in den Hüftbeugern können dazu führen, dass du deine Hüfte beim Laufen nicht so weit strecken kannst, wodurch die Gesäßmuskeln weniger Unterstützung bieten können.
2.Gesäßmuskeln
Du hast drei Gesäßmuskeln. Der größte und stärkste dieser drei Muskeln ist der Gluteus maximus. Der Gluteus maximus ist als "fleischiger Teil deines Gesäßes" dafür verantwortlich, deine Hüfte zu strecken, wenn du dich vom Boden abdrückst und in die Schwungphase übergehst.
Beim Bergauflaufen beanspruchst du den Gluteus maximus stärker. "Deine Gesäßmuskeln müssen deine Hüfte etwas weiter strecken, um dich auf den Hügel zu bringen", erklärt Dr. Bennett.
Da sich die Hüfte bei schnellerem Tempo weiter streckt, ist der Gluteus maximus entscheidend, damit du deine Höchstgeschwindigkeit erreichen kannst. Die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2021, die in Medicine and Science in Sports and Exercise veröffentlicht wurden, zeigen, dass dieser Muskel bei Spitzensprinter:innen deutlich größer ist als bei untrainierten Läufer:innen.
Der zweitgrößte Gesäßmuskel ist der Gluteus medius. Dieser fächerförmige Muskel sitzt außen an der Hüfte und arbeitet mit dem Gluteus minimus zusammen, dem kleinsten Gesäßmuskel. Gemeinsam stabilisieren sie die Hüfte und das Becken während der Standphase.
"Immer wenn ein Bein vom Boden abgehoben wird, muss der Gluteus medius das Becken gerade halten, damit du nicht auf die Seite fällst. Denn wenn ein Bein vom Boden abgehoben ist, wirkt die Schwerkraft und bringt dich aus dem Gleichgewicht", so Dr. Bennett.
3.Quadrizeps
Der Quadrizeps bezeichnet eine Gruppe von vier Muskeln an der Vorderseite des Oberschenkels, die helfen, deine Hüfte zu beugen, wenn du das Knie hebst. Wenn dein Fuß den Boden wieder berührt, strecken sie das Knie.
Der Quadrizeps muss beim Sprinten und beim Bergauflaufen gegen einen höheren Widerstand ankämpfen, da die Knie dabei höher angehoben werden müssen. Bergablaufen ist sogar noch anspruchsvoller für den Quadrizeps, da er starke exzentrische Kontraktionen ausführen muss (wenn sich der Muskel streckt), um die Geschwindigkeit zu kontrollieren.
"Es bedeutet eine Menge Arbeit, für eine kontrollierte Bewegung zu bremsen, damit du nicht einfach umfällst", sagt Dr. Bennett.
"Ständiges Bremsen erfordert mehr Kraft in den Muskelfasern, Gelenken, Sehnen und Bändern als das Hochlaufen", fügt er hinzu. Daher spürst du deine Oberschenkel nach einer Strecke mit steilen Gefällen vielleicht mehr.
4.Rückseitige Oberschenkelmuskulatur
Die Muskeln an der Oberschenkelrückseite beugen dein Knie, wenn du ein Bein nach vorne schwingst, um einen Schritt zu machen. Ihre Hauptaufgabe besteht jedoch darin, Kraft zu erzeugen, wenn sich der Fuß vom Boden abstößt, was entscheidend für die Beschleunigung beim Sprinten ist. Eine Studie aus dem Jahr 2015, die in Frontiers in Physiology veröffentlicht wurde, ergab, dass Männer, bei denen die hinteren Oberschenkelmuskeln am stärksten aktiviert wurden, bei Sprints die meiste Kraft aufbrachten.
Besonders Läuferinnen neigen zu einem "dominanten Quadrizeps", was bedeutet, dass ihr Quadrizeps mehr arbeitet als die hinteren Oberschenkelmuskeln.
"Bei Läufer:innen mit dominantem Quadrizeps sind die Hüfte, der Knöchel und/oder der Fuß vielleicht nicht beweglich genug, aber auch ein Kraftungleichgewicht zwischen der vorderen und hinteren Oberschenkelmuskulatur kann als Ursache infrage kommen", sagt Archambault. Wenn deine hinteren Oberschenkelmuskeln nicht kräftig genug sind, um deinen Laufrhythmus zu unterstützen, muss sich dein Quadrizeps mehr anstrengen, um dies auszugleichen. "Irgendwann wirst du vielleicht merken, dass deine Knie vom Laufen wehtun", sagt Dr. Bennett.
5.Waden
Die Wadenmuskulatur in den Unterschenkeln spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für den Schrittzyklus beim Laufen. Wenn dein Fuß den Boden berührt, absorbieren und speichern die Wadenmuskeln und die Achillessehne (das dicke Gewebeband, das die Wadenmuskulatur mit dem Fersenbein verbindet) Energie. Wenn sich der Fuß dann vom Boden abstößt, geben die Wadenmuskeln und die Achillessehne die gespeicherte Energie frei und geben dir Vortrieb, so Archambault.
Deine beiden Wadenmuskeln, der Gastrocnemius und der Soleus, erzeugen dabei eine beeindruckende Kraft. Untersuchungen aus dem Journal of Experimental Biology (2012) zeigen, dass der Gastrocnemius (der fleischige Muskel in deiner Wade) eine maximale Kraft bei etwa 25 km/h erzeugt. Bei diesem Tempo erzeugt der Gastrocnemius eine Kraft, die dem 3,23-fachen deines Körpergewichts entspricht. Der Soleus (der Muskel unterhalb des Gastrocnemius) hingegen produziert etwa die 8,71-fache Kraft deines Körpergewichts.
Wenn deine Wadenmuskeln nicht stark genug sind, um die Kraft zu absorbieren und beim Abstoßen wieder freizugeben, kompensiert dein Körper dies auf eine Weise, die die Kraft reduziert und das Verletzungsrisiko erhöht, so Archambault.
6.Bauchmuskeln
Deine Bauchmuskeln verbinden deinen Ober- und deinen Unterkörper. Während des Laufens stabilisieren sie das Becken und die Wirbelsäule, "sodass du deine Beine effizienter bewegen kannst, ohne ins Schwanken zu geraten", so Dr. Bennett. "Diese Muskeln arbeiten hart, um die Rotation zu kontrollieren, damit du keine Energie durch unkontrolliertes Hin- und Herdrehen verschwendest."
Deine Bauchmuskeln werden auch in der Standphase beansprucht, wenn du dein Gewicht auf ein Bein verlagerst. "Die Bauchmuskeln auf der Standbeinseite müssen Stabilität erzeugen, damit du nicht jedes Mal, wenn du ein Bein hebst, auf eine Seite fällst", sagt Dr. Bennett.
Deine Bauchmuskeln arbeiten besonders hart, um die Rotation des Rumpfes bei Sprints zu begrenzen. "Bei Sprints bewegen sich unsere Beine viel schneller, sodass die Bauchmuskeln für die Stabilisierung stärker beansprucht werden", sagt Archambault.
7.Oberkörpermuskulatur
Beim Laufen sind deine unteren Gliedmaßen am meisten gefordert, aber auch der Oberkörper ist gefragt. Deine Arme schwingen beim Laufen (oder Gehen) ganz natürlich.
"Beim Laufen bewegst du die Arme synchron mit den Beinen: Wenn der rechte Arm nach vorn schwingt, geht das linke Bein nach vorn und umgekehrt. Das Armschwingen ist wichtig für das Gleichgewicht. Es verhindert, dass dein Oberkörper hin- und herdreht und dass du hinfällst", so Dr. Bennett.
Das Schwingen der Arme hilft dir nicht nur dabei, das Gleichgewicht zu halten, sondern trägt auch dazu bei, dass du vorwärtskommst und Schwung holen kannst. Diese Armbewegungen werden laut Archambault vom Latissimus dorsi (den großen, fächerförmigen Muskeln im Rücken) und den Schultern angetrieben.
Dein Rücken und deine Schultern sind entscheidend für eine aufrechte Körperhaltung beim Laufen. Eine gute Haltung ermöglicht es dir, bei gleichem Tempo energiesparender zu laufen und Sauerstoff effizienter zu nutzen.
"Durch eine aufrechte Körperhaltung erreichst du eine möglichst effiziente Energieübertragung im gesamten Körper", so Archambault.
Text: Lauren Bedosky