Was genau ist eigentlich ein Läuferknie?

Sport und Bewegung

Ein stumpfer Schmerz im Kniebereich kann ein Anzeichen für diese häufige Verletzung sein.

Letzte Aktualisierung: 27. Juli 2022
7 Min. Lesezeit
Was genau ist eigentlich ein Läuferknie?

Dein Marathontraining hat bisher wunderbar geklappt. Du hast dich genau an deinen Plan gehalten und konntest sogar noch ein paar zusätzliche Tempoeinheiten einschieben. Doch dann plötzlich streikt dein Knie. Das Seltsame ist: Manchmal kannst du ganz normal trainieren, und dann musst du wieder mittendrin aufhören, weil die Schmerzen zu stark sind.

Möglicherweise leidest du unter einer der häufigsten Verletzungen, dem sogenannten Läuferknie. Doch was ist das genau? Dieser umgangssprachliche Begriff beschreibt eine Überlastungsverletzung mit dem medizinischen Namen patellofemorales Schmerzsyndrom. Dabei handelt es sich um die häufigste Ursache für Knieschmerzen. Frauen sind aufgrund anatomischer, hormoneller und neuromuskulärer Unterschiede häufiger davon betroffen als Männer.

Das patellofemorale Schmerzsyndrom tritt nicht nur beim Laufen, sondern auch bei Aktivitäten wie Wandern oder bei sprungintensiven Bewegungen auf (zum Beispiel Burpees oder Seilspringen). Wenn du die Ursache kennst, kannst du zusammen mit deinem Arzt oder deiner Ärztin beziehungsweise mit Physiotherapeut:innen einen Behandlungsplan aufstellen, um schnell wieder fit zu werden.

Was ist das Läuferknie und wie fühlt es sich an?

Das Läuferknie äußert sich durch einen dumpfen Schmerz über, um oder unterhalb der Kniescheibe, erklärt Brendan Martin, Physiotherapeut bei Finish Line Physical Therapy in New York City.

"Oft tritt der Schmerz an mehreren Stellen um das Knie herum auf oder wandert sogar", erklärt Martin, und zwar nicht nur beim Laufen, sondern auch beim

  • Gehen
  • Treppensteigen
  • Beugen und Strecken des Knies
  • Steifigkeit am Morgen
  • Schmerzen am Abend

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Ursachen für das Läuferknie

Laut Lee Welch, einem ausgebildeten Orthopädiespezialisten, gibt es immer ein Grundproblem beim Läuferknie. Er verweist dabei auf drei Hauptkategorien:

  • Probleme mit der Laufmechanik, also mit deinem Laufstil. "Bestimmte Bewegungsmuster erzeugen zu viel Druck um das Knie herum: Rotation des Knies, übermäßige Mobilität in der Hüfte, Abknicken des Fußes", so Welch. All das kann zu Knieschmerzen führen. Manchmal werden diese Probleme durch die falschen Laufschuhe verursacht.
  • Anatomische (strukturelle) Probleme: Anatomische Unterschiede zwischen Frauen und Männern beeinträchtigen den Sitz der Kniescheibe, was zu Schmerzen führen kann. Auch eine zu starke vordere Oberschenkelmuskulatur (sie ist überproportional stärker ausgebildet als die hintere Oberschenkelmuskulatur) verstärkt den Druck unterhalb des Knies, erläutert Welch. Andere Ursachen können Dysbalancen in der Hüfte oder den Fußgelenken sein, ergänzt Martin.

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"Dabei geht es nicht unbedingt um die Distanz. Es gibt Läufer:innen, die laufen 50 Kilometer in der Woche und haben keine Probleme, weil ihr Körper daran gewöhnt ist. Wer aber zu schnell zu viel will, ohne dass der Körper an diese Intensität herangeführt wurde, bekommt irgendwann Probleme", erklärt Welch. Doch auch bei einer Überlastung spielt oft auch noch ein strukturelles oder mechanisches Problem eine Rolle, ergänzt er.

Diagnose des Läuferknies

Wenn du mehr als ein oder zwei Wochen unter den oben beschriebenen Symptomen leidest, solltest du dir von einem Arzt oder einer Ärztin eine Diagnose erstellen lassen, erklärt Martin. Die American Academy of Orthopaedic Surgeons empfiehlt eine physische Untersuchung und eine genaue Anamnese (wann haben die Knieschmerzen angefangen, wann treten sie auf, wie fühlen sie sich an, wie stark sind die Beeinträchtigungen im Alltag).

Dabei wird auch das Knie genau untersucht, um herauszufinden, wo der Schmerz genau auftritt. Wichtig sind gemäß AAOS auch Ausrichtung, Stabilität und Beweglichkeit des Unterkörpers. Dein Arzt oder deine Ärztin kann auch eine bildgebende Untersuchung mittels Röntgen oder MRT anordnen, wenn die Behandlung keinen Erfolg zeigt.

Übrigens: Laufen ist nicht zwangsläufig schlecht für deine Knie, selbst wenn du ein Läuferknie hast. Welch bezieht sich dabei auf eine Studie aus dem Jahr 2017, die herausgefunden hat, dass Freizeitläufer:innen ein deutlich niedrigeres Risiko für Knie- und Hüftarthrose haben als Menschen, die nicht laufen oder gar keinen Sport treiben. Läufer:innen, die längere Distanzen laufen und Wettkämpfe bestreiten, haben wiederum möglicherweise ein erhöhtes Risiko.

"Freizeitlaufen ist eine empfehlenswerte Art der Bewegung", so Welch.

Behandlung des Läuferknies

  1. 1.Mach mal Pause.

    Auch wenn es schwer fällt, mitten im Training mit dem Laufen auszusetzen: Eine Pause ist wichtig bei der Behandlung des Läuferknies.

    "Je länger du durch den Schmerz durchläufst, desto länger dauert die Regeneration", erklärt Martin. In den meisten Fällen dürfte die Pause aber nicht allzu lange dauern, 3 bis 14 Tage reichen da oft aus. In schwereren Fällen können es aber auch schon 3 bis 6 Wochen sein, je nachdem, wie lange der Schmerz ignoriert wurde, ergänzt er.

    Doch Pausen sind nicht das Einzige, was du tun kannst. Meist gibt es eine tieferliegende Ursache. Das kann deine Anatomie sein oder dein Laufstil. Ärzt:innen und Physiotherapeut:innen können dir hier weiterhelfen.

  2. 2.Vereinbare einen Termin mit deinem Physiotherapeuten oder deiner Physiotherapeutin.

    Um durch die Rehabilitation sogar stärker und besser zu werden, solltest du dir physiotherapeutische Unterstützung suchen, empfiehlt Martin. "Die richtige Physiotherapie kann das Läuferknie in den meisten Fällen langfristig heilen", ergänzt er.

    Der Physiotherapeut oder die Physiotherapeutin wird deinen Laufstil und deine Laufschuhe beurteilen, nach anatomischen Problemen oder muskulären Dysbalancen suchen und ein Krafttraining empfehlen, so Welch. Sie entwickeln ein Programm für die richtige Regeneration, das an die Bedürfnisse deines Körpers angepasst ist.

  3. 3.Arbeite an deiner Schrittfrequenz.

    Es gibt Hinweise, dass eine höhere Schrittfrequenz, also mehr Schritte pro Minute, die Belastung auf den patellofemoralen Bereich reduzieren, erklärt Welch.

    "Das solltest du auf jeden Fall ausprobieren. Wenn du mit einer Schrittfrequenz von 150 Schritten pro Minute läufst, versuch das um sieben bis 10 Schritte zu erhöhen", empfiehlt er. Das lässt sich mit einer Smartwatch kontrollieren. Aber du solltest dich nicht zu sehr mit der genauen Schrittzahl beschäftigen. "Versuch einfach, kürzere, schnellere Schritte zu machen", so Welch.

  4. 4.Mach Krafttraining.

    Laut Welch ist Krafttraining wichtiger Bestandteil der Behandlung des Läuferknies. Dadurch lassen sich auch ganz allgemein laufbedingte Verletzungen verhindern und du kannst deine Leistung verbessern. Dazu gehört vor allem die Stärkung des Gesäßes und der vorderen Oberschenkelmuskulatur, beispielsweise durch Squats, Deadlifts und Step-ups. Studien zeigen, dass Krafttraining das Risiko für Sportverletzungen deutlich senken kann. Mach mindestens zwei bis drei Mal in der Woche Krafttraining.

  5. 5.Nutze eine Faszienrolle zur Regeneration.

    Faszienrollen sind wichtiger Bestandteil der Behandlung. "Sie sind kein Ersatz für Beweglichkeits-, Kraft- und Progressionstraining, aber sie können helfen, den Schmerz schneller zu bekämpfen. Faszienrollen nehmen den Druck von der Muskulatur rund um das Knie, die möglicherweise verspannt ist und daher Schmerzen verursacht", erklärt Martin.

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    Um die Entstehung eines Läuferknies zu verhindern, solltest du die Distanz oder die Trainingsintensität maximal um 10 Prozent pro Woche steigern, so Welch. Wenn du zum Beispiel 20 Kilometer in der Woche läufst, versuch es in der nächsten Woche maximal mit 22 Kilometern. Wenn du dazu noch Tempo- oder Bergläufe machen möchtest, lauf lieber in der zweiten Woche wieder 20 Kilometer und mach bei einem Lauf einen Berglauf.

    Text von Jessica Migala

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Ursprünglich erschienen: 14. Juni 2022