Welche überraschende Rolle deine Sinne bei der Regeneration spielen
Coaching
Sprich deine Sinne an und sorge dafür, dass du dich nach deinen Workouts schneller erholst. Wir verraten dir wie.
In fast jedem Yogastudio oder Spa fallen dir wahrscheinlich die üppigen Grünpflanzen auf. Dazu läuft im Hintergrund leise Entspannungsmusik und sanfte Duftaromen liegen in der Luft. All das schafft aber nicht nur die passende Atmosphäre – wissenschaftliche Untersuchen zeigen sogar, dass bestimmte Anblicke, Geräusche, Gerüche und vieles mehr die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Muskelspannung senken und so zur körperlichen und mentalen Entspannung beitragen können.
"Wenn deine Sinne entsprechend angesprochen werden, kann das beruhigend auf die Regionen in deinem Gehirn wirken, die deine Kampf-oder-Flucht-Reaktion steuern. Dein parasympathisches Nervensystem wird stimuliert, das für deine Regeneration und den Aufbau von Energiereserven zuständig ist", erklärt Dr. Shaheen E. Lakhan, Executive Director der Global Neuroscience Initiative Foundation.
Vor allem beim Training können sich deine fünf Sinne positiv auf die Regeneration auswirken – und die Vorteile kannst du direkt bei dir zu Hause erleben. Hier erfährst du, wie das geht.
Unterstützende Aromatherapie nach dem Training
"MRT-Untersuchungen zeigen, dass Düfte mehrere Regionen unseres Gehirns triggern oder beruhigen können", erklärt Dr. Lakhan, der eine in der Zeitschrift "Pain Research and Treatment" veröffentlichte Studie zu diesem Thema leitete. "Das Einatmen ätherischer Öle mittels Aromatherapie kann helfen, Angstzustände, Muskelverspannungen, Schlafprobleme, Übelkeit und sogar Schmerzen zu behandeln, da bei all diesen Symptomen verschiedene Bereiche des Gehirns betroffen sind. (Duftöle sind kein Heilmittel für diese Probleme. Wenn sie bei dir regelmäßig auftreten, sprich mit deinem Arzt darüber.)
Forschungsergebnisse zeigen, dass bestimmte Düfte nach dem Training – speziell Lavendel, Eukalyptus, Zitrone und Rose – die Herzfrequenz und den Blutdruck senken können, wodurch dein Körper schneller regeneriert. Außerdem können sie Verspannungen reduzieren, die zu Muskelkater führen können, so Dr. Lakhan.
Stell in dem Raum, in dem du dich entspannst und stretchst, einen Diffusor mit ätherischen Ölen auf. Das kann zum Beispiel dein Wohn- oder Schlafzimmer sein, empfiehlt Dr. Lakhan. Für den Fall, dass du nach deinem Workout nicht gleich nach Hause gehst, nimm einfach einen Aromastick für unterwegs mit.
"Wenn deine Sinne entsprechend angesprochen werden, kann das beruhigend auf die Hirnregionen wirken, die deine Kampf-oder-Flucht-Reaktion steuern. Dein parasympathisches Nervensystem wird aktiviert, das für deine Regeneration und den Aufbau von Energiereserven zuständig ist."
Dr. Shaheen E. Lakhan, Executive Director der Global Neuroscience Initiative Foundation
Beruhigende Erdtöne
Untersuchungen zufolge können Farben tatsächlich Schmerzen und Gefühlszustände beeinflussen, wobei "Rot die schlimmste Farbe ist", so Dr. Lakhan. Die Theorien dazu gehen auseinander, aber Dr. Lakhan vermutet, dass es daran liegt, dass die Farbe Rot ein biologisches Warnsignal ist (z. B bei Blut oder giftigen Pflanzen) und daher die Kampf-oder-Flucht-Reaktion stimulieren könnte. Blau, Grün und neutrale Farbtöne hingegen verbinden wir mit der Natur, weswegen diese Farben eine beruhigende Wirkung auf uns haben können. Eine in "SAGE Journals" veröffentlichte Untersuchung ergab, dass die Farbe Blau helfen kann, den Blutdruck zu senken. Du könntest also beispielsweise die Wände deines Fitnessraums zu Hause in einem vom Himmel oder Meer inspirierten Farbton streichen – oder auch einfach eine Yogamatte in dieser Farbe kaufen.
Auch Dekoobjekte spielen eine Rolle. "Pflanzen in deiner Umgebung können sich positiv auf deine Regeneration auswirken, da sie therapeutische Lichtwellen aussenden können", erklärt Dr. Lakhan. Tatsächlich kann es sogar schon helfen, einfach nur Naturbilder im Zimmer aufzuhängen. Eine Studie von Dr. Gregory Watts, Professor für Umweltakustik an der University of Bradford im Vereinigten Königreich, zeigte, dass Bilder mit Naturmotiven im Wartezimmer eines Gesundheitszentrums die Anspannung der dort anwesenden Patienten senkten und sie ruhiger machten. Die Kombination könnte auch dazu beitragen, Herzfrequenz und Blutdruck zu senken, was die Regeneration beschleunigen würde.
Entspannungsmusik
Hast du dich schon einmal gefragt, warum so viele Massagetherapeuten während ihrer Arbeit Walgesänge auflegen? Watts' Studie fand heraus, dass es Menschen hilft, sich zu entspannen, wenn sie sanftes Meeresrauschen hören. Jede langsame und gleichmäßig klingende Musik, die du als beruhigend empfindest – egal, ob R&B oder Jazz –, kann helfen, den Cortisolspiegel und die Herzfrequenz zu senken und die Regeneration zu beschleunigen, so das Ergebnis einer 2018 durchgeführten Studie in "Medicine & Science in Sports & Exercise". Wenn du dann noch "im Rhythmus der Musik atmest, verringert das deine Atemfrequenz und du kommst schneller zur Ruhe", ergänzt Dr. Leighton Jones, leitender Dozent für Sport- und Trainingswissenschaft an der Sheffield Hallam University im Vereinigten Königreich.
Stell dir deine eigene Playlist mit Entspannungsmusik zusammen (oder nutze eine bereits erstellte) und aktualisiere sie öfter, um Eintönigkeit und Wiederholungen zu vermeiden, welche die positiven Auswirkungen mit der Zeit abschwächen können, rät Dr. Marcelo Bigliassi. Er ist Postdoctoral Research Fellow der Abteilung für Sportwissenschaften an der Universität von São Paulo, Brasilien und leitete die Studie von 2018. Lass die Playlist gleich nach dem Training laufen, damit die Musik auch ihre volle Wirkung entfalten kann.
Achtsames Essen
"Wenn wir achtsamer, langsamer und entspannter essen und die Aromen bewusst schmecken, können wir unsere Mahlzeiten besser verdauen", sagt Dr. Drew Ramsey, Ernährungspsychiater und klinischer Assistenzprofessor für Psychiatrie an der Columbia University. Unser Gehirn verbindet Aromen mit Sättigung und Genuss, erklärt er, und die Forschung geht noch weiter: Studien zeigen, dass langsameres und vermehrtes Kauen die Nährstoffaufnahme tatsächlich steigern und dir helfen kann, dich länger satt zu fühlen.
Statt einen faden Eiweißriegel zu verschlingen, solltest du einen Snack, ein Getränk oder eine Mahlzeit nach dem Training wählen, die gesund, aber schmackhaft ist, und dir beim Verzehr Zeit lassen. Das könnte beispielsweise ein leckerer Smoothie mit Erdnussbutter, Banane, Kakao, Zimt, Eis und Kefir sein. Wenn du zu schnell trinkst, dann stell dir einen Timer auf 20 Minuten und versuche, nicht fertig zu sein, bevor er klingelt.
Leichte Berührungen
"Unsere Haut enthält verschiedenste Arten von Nervenzellen, die jeweils bei unterschiedlich starker Berührung reagieren", erklärt Lia Bonfilio, Massagetherapeutin in New York City und Gründerin von Lia Bonfilio Massage. "Für viele Menschen ist eine leichte, kaum spürbare Berührung wirksamer als tieferer Druck, um das parasympathische Nervensystem zu stimulieren und sie so in einen Ruhezustand zu versetzen."
Um sowohl diesen Ruhezustand zu stimulieren als auch die Durchblutung anzuregen, empfiehlt Bonfilio folgende Entspannungsübung: Leg dich mit dem Rücken auf den Boden. Streck nun deine Beine in einem beliebigen Winkel an einer Wand entlang nach oben. Es sollte sich für dich sicher und angenehm im unteren Rücken anfühlen. Fahre dann abwechselnd mit den Fingerspitzen der linken und der rechten Hand ganz leicht von den Knien bis zu den Hüften herab. Wiederhole die Bewegung so lange, wie es sich für dich gut anfühlt. Setz dich dann auf und fahre mit den Fingerspitzen abwechselnd vom Knöchel bis zur Hüfte.
Kombinierte Sinneserfahrung
Zur maximalen Regeneration empfiehlt Dr. Lakhan, mehrere Sinnesreize zu kombinieren, zum Beispiel den Geruchssinn und den Tastsinn. Vermische einige Tropfen Rosenöl mit deiner Körperlotion und massiere sie sanft in die Haut ein – und das am besten noch in einem blauen oder beigefarbenen Raum mit Grünpflanzen, klassischer Musik und einem Smoothie. So sprichst du garantiert alle Sinne an und kannst dich optimal entspannen und regenerieren.