Sind Kartoffeln das neue Fitness Food?
Coaching
Experten zeigen anhand aktueller Studien, wie die normale Kartoffel bei Energie, Ausdauer und sogar Regeneration punktet.
Normale Kartoffeln haben keinen guten Ruf, seit ernährungsbewusste Menschen angefangen haben, stärkehaltige Kohlehydrate zu meiden. Die ballaststoffreichere Süßkartoffel hat ihr den Rang abgelaufen. Doch wenn man neuen Studien glauben darf, die sich mit den Vorteilen von Kartoffeln für Sportler beschäftigen, solltest du dir überlegen, sie wieder in deinen Speiseplan aufzunehmen.
Die Kraft der Kartoffel
Kartoffeln enthalten vor allem Stärke, je nach Größe bis zu 65 Gramm. Das kann für dein Training sogar positiv sein: "Der Körper kann diese Kohlenhydrate schnell verarbeiten. Das bedeutet, sie stehen dir beim Training umgehend als Energie zur Verfügung", erklärt Amadeo Salvador, Doktorand an der Universität of Illinois at Urbana-Champaign.
Außerdem enthält die Knolle den wichtigen Mikronährstoff Kalium. Dieses Elektrolyt wird für die Muskelkontraktion benötigt. Eine große Kartoffel bietet davon etwa 1.570 Milligramm. Das entspricht in etwa der Hälfte deines Tagesbedarfs und viel mehr als bei einer Banane.
Stark durchstarten
Du trinkst vor dem Training ein Pre-Workout-Shake, oder du isst einen Energieriegel oder ein Erdnussbutterbrot? Wie wäre es – allen Ernstes – zur Abwechslung mal mit einer Kartoffel? "Kartoffeln füllen den Glykogenspeicher deiner Muskeln auf. Das ist pure Energie, sowohl für das Ausdauer- als auch für das Krafttraining", erklärt Salvador.
Die Zubereitung ist ganz einfach: Back sie im Ofen oder koch dir ein Püree. Dann einfach noch ein bisschen Olivenöl oder Salz darüber – fertig. "Wenn du das vor dem Training isst, fühlst du dich einfach energiegeladener", so Molly Kimball, zertifizierte Ernährungsberaterin beim Ochsner Fitness Center in New Orleans. Nimm sie etwa eine Stunde vor dem Workout zu dir, damit sie dir nicht zu schwer im Magen liegen. "Wenn du sie allerdings mehrere Stunden vor dem Training isst, kann dein Blutzuckerspiegel beim Workout auf einmal in den Keller gehen und das Training fühlt sich unnötig hart an."
"Kartoffeln füllen den Glykogenspeicher deiner Muskeln auf. Das ist pure Energie, sowohl für das Ausdauer- als auch für das Krafttraining."
Amadeo Salvador
Doktorand an der University of Illinois at Urbana-Champaign
Energie zum Mitnehmen
Wenn Ausdauersport dein Ding ist, sind Kartoffeln genau das Richtige für dich. In einer von Salvador durchgeführten Studie nahmen Athleten über zwei Stunden hinweg alle 15 Minuten entweder Püree aus gebackenen Kartoffeln oder ein Kohlhydratgel zu sich. Beides entsprach 120 Gramm Kohlehydrate (in etwa zwei große Kartoffeln). Beides war im Hinblick auf die Trainingsleistung während des gesamten Zeitraums gleich effektiv.
"Gele sind einfach in der Handhabung, aber sie sind stark verarbeitet und enthalten weniger Nährstoffe als Kartoffeln. Letztere sind einfach die bessere Energiequelle", erklärt Salvador. Außerdem sind Gele teurer. Du magst kein Kartoffelpüree? Dann versuch es doch einmal mit einer Heißluftfritteuse und bereite kleine, mundgerechte Kartoffelstückchen zu (nicht mehr als eine Kartoffel pro Stunde). Nimm sie in einer kleinen Tüte mit und iss alle 15 bis 20 Minuten ein Stück. Kimball weist darauf hin, dass du keine zusätzlichen Kohlehydrate brauchst, wenn du weniger als eine Stunde trainierst.
Hilf deinem Körper, sich wieder zu erholen
Jeder Ernährungsexperte wird dir bestätigen, dass Kohlenhydrate nach dem Training für eine gute Regeneration unverzichtbar sind. Hierzu eignen sich etwa Haferflocken, ein Protein-Bananen-Shake – oder eben eine Kartoffel.
"Nach dem Ausdauertraining musst du vor allem deinen Flüssigkeitshaushalt ausgleichen und deine Elektrolyt- und Glykogenspeicher wieder auffüllen, damit der Körper regenerieren und die Muskeln reparieren kann", so Salvador. Kartoffeln bieten alles: "Sie bestehen zu 75 Prozent aus Wasser und enthalten die verschiedensten Mineralien. Außerdem ist der hohe Kohlenhydratgehalt gut für den Glykogenspeicher."
Kimball empfiehlt, innerhalb von 30 bis 60 Minuten nach dem Workout eine große Kartoffel (aus dem Backofen oder der Pfanne) und ca. 85 Gramm Proteine, zum Beispiel Hähnchen, Fisch oder Seitan, zu essen.
Was Kartoffeln nicht bieten
Neuerdings hört man immer wieder von neuen Studien, nach denen Kartoffeln auch eine gute Proteinquelle sind, vor allem für Frauen. In gewisser Weise stimmt das auch, zumindest im Vergleich mit anderen Gemüsesorten.
Aber selbst eine große Kartoffel enthält nur 8 Gramm Eiweiß und ist somit kein Ersatz für andere Proteinquellen wie mageres Fleisch oder Hülsenfrüchte, betont Kimball. Kartoffeln sind ein guter Kohlenhydratlieferant, der auch Proteine enthält, ähnlich wie Nussbutter, die vor allem Fett mit zusätzlichen Proteinen liefert.
Salvadors Studie hat außerdem gezeigt, dass Kartoffeln im Vergleich zu Gel oder Wasser etwas mehr Verdauungsprobleme bei Athleten verursachen können. Wie bei jeder neuen Trainingsernährung solltest du daher zunächst ausprobieren, wie du Kartoffeln zubereitest, damit dein Körper sie gut verträgt. Das gilt vor allem, wenn du sie auch beim Wettkampf mitnehmen möchtest, empfiehlt Salvador.
Süßkartoffeln haben vielleicht einen besseren Ruf und sehen leckerer aus. Aber wenn du sie richtig zubereitest, ist die normale Kartoffel eine hervorragende Alternative.