Verwandle Rückschläge in Erfolge

Coaching

Wenn ein Rückschlag unerwartet deine Pläne durchkreuzt, hilft nur eins: Nutz diese Situation als Chance!

Letzte Aktualisierung: 1. Juni 2021
Maßnahmen nach einem Rückschlag

Du bist immer davon ausgegangen, in einem bestimmten Alter zu heiraten, aber hast soeben eine langjährige Beziehung beendet. Du trainierst für dein erstes Rennen und die Veranstaltung wurde abgesagt. Du ernährst dich seit zwei Wochen rein vegan und hast deinen Burrito mit Bohnen schon zur Hälfte aufgegessen, bis du plötzlich feststellst, dass er Käse enthält.

Unerwartete große und kleine Hindernisse können uns Angst machen und dazu führen, dass wir uns überfordert oder sogar wie gelähmt fühlen, erklärt Carrie Jackson Cheadle, Mental Performance-Coach und Autorin der Sachbücher "On Top of Your Game" und "Rebound". Warum das so ist? "Wenn die Dinge nicht so laufen wie geplant, kann das in uns ein Gefühl von Kontrollverlust hervorrufen", so Jackson Cheadle.

"Ein negatives Erlebnis kann dazu führen, dass du irgendwann alles nur noch schwarzsiehst", erklärt der Verhaltensforscher Dr. Jehan Sparks von der University of California, der sich auf die Bereiche Urteilsvermögen und Entscheidungsfindung spezialisiert hat. Alles, was in irgendeiner Form negativ oder bedrohlich sein könnte, versetzt dich in höchste Alarmbereitschaft: Du hast Selbstzweifel, wie du sie früher nie hattest, oder gehst immer gleich vom Schlimmsten aus. Anders ausgedrückt: "In deinem Kopf kreisen nur noch negative Gedanken", so Sparks.

Das muss aber nicht sein. "Ein Stressfaktor setzt dich erst dann unter Stress, wenn du entscheidest, dass du mit der aktuellen Situation nicht fertig wirst", erklärt Jackson Cheadle. Das heißt aber auch, dass du das letzte Wort hast. Du allein bestimmst, wie du Rückschläge empfindest und darauf reagierst – und du kannst sie sogar als Motivation nutzen, um gestärkter daraus hervorzugehen. Hier erfährst du, wie.

"Ein Stressfaktor setzt dich erst dann unter Stress, wenn du entscheidest, dass du mit der aktuellen Situation nicht fertig wirst."

Carrie Jackson Cheadle
Mental-Performance Coach

Maßnahmen nach einem Rückschlag

1. Alle Gefühle benennen und zulassen.
"Sei nicht traurig." "Lass dich davon nicht runterziehen." Sagst du dir das auch oft? "Es ist normal, seine erste Reaktion auf ein negatives Erlebnis runterspielen zu wollen, aber wenn du diese Gefühle, die du ja nun mal empfindest, als 'schlecht' oder nicht annehmbar einstufst, verarbeitest du solche Situationen langsamer", sagt Jackson Cheadle. "Lass diese Gefühle ganz bewusst zu, damit du sie durchleben und damit abschließen kannst", rät sie.

"Es gibt sogar Untersuchungen, die zeigen, dass du einen Rückschlag schneller verarbeitest, wenn du deine Gefühle genau benennen kannst", fügt Jackson Cheadle hinzu. Deshalb empfiehlt sie, im Internet nach einer "Liste von Gefühlen" zu suchen und eine Quelle mit ungefähr 50 Beispielen zu Emotionen zu verwenden, die dir helfen, deine Gefühle zu bestimmen. "Anstatt deine Gefühle nur allgemein nach 'gut' oder 'schlecht' zu unterteilen, erkennst du so ganz genau, was du gerade fühlst, zum Beispiel Wut, Trauer oder Verzweiflung. Wenn du deine Gefühle genau benennen kannst und dir gestattest, sie wertfrei zuzulassen, kann dir das helfen, das Geschehene psychologisch zu verarbeiten und dich schneller davon zu erholen", erklärt sie.

2. Situation akzeptieren und handeln.
Vielleicht kennst du die "Ja, und"-Übung aus dem Kreativbereich oder dem Improvisationstheater? Dabei nimmst du eine vorgegebene Situation bedingungslos an und baust darauf auf. "Wenn du stattdessen versuchst, mit einem "Ja, aber" zu kontern, fällt die ganze Sache auseinander", sagt Jackson Cheadle. Dasselbe gilt für das Verarbeiten von Enttäuschungen. Wenn du dich dagegen sperrst und die Situation nicht akzeptierst, wie sie ist, kommst du keinen Schritt weiter. Akzeptier, was geschehen ist, und überleg dir, was du als Nächstes tun kannst. So hast du dieses Tief bald überwunden.

Laut Sparks verhilft dir diese Herangehensweise zu einer positiven inneren Grundeinstellung, die dich durch schwierige Situationen trägt, weil du weißt, dass du daraus lernst und dich anpassen kannst. So bleibst du auch nicht in der vermeintlichen Annahme stecken, dass du selber nichts aktiv dagegen tun kannst. Wenn du zum Beispiel deinen Job verlierst, könntest du die Zeit, in der du arbeitslos bist, für Weiterbildungen nutzen und deine fachlichen Qualifikationen und Stärken ausbauen, anstatt dir einzureden, dass dir dieser Beruf eben nicht liegt. Oder wenn du bei deinem neuen Lauftraining oft umknickst, könntest du regelmäßig Übungen zur Verbesserung deines Gleichgewichts machen, anstatt das Laufen gleich komplett aufzugeben.

"Indem du dich neu ausrichtest, stärkst du auch dein Selbstvertrauen", ergänzt Sparks. "Proaktive Menschen, die die Dinge angehen, sind oft erfolgreicher als andere, weil sie durch Rückschläge nicht aus der Bahn geworfen werden und aus negativen Erfahrungen lernen."

3. Sich auf die positiven Dinge konzentrieren.
Nicht nur eine pessimistische Grundhaltung kann zum Selbstläufer werden – auch positives Denken kann sich potenzieren. "Wenn du besonders in schwierigen Situationen aktiv alles Positive in deinem Leben auflistest oder Dinge benennst, für die du dankbar bist, fängst du an, auch noch andere positive Dinge wahrzunehmen", sagt Sparks. Mach dir die unerwarteten Vorteile deiner neuen Situation bewusst. Wenn dein Rennen abgesagt wurde, könntest du stattdessen bei einem virtuellen Laufwettbewerb auf einer Strecke deiner Wahl mitmachen. Oder wenn du wieder bei deinen Eltern einziehen musst, kannst du in der Zeit Geld für eine schönere Wohnung ansparen. Versuch, das Positive im Negativen zu sehen. So schaffst du das Selbstvertrauen und die Motivation, bald wieder auf die Beine zu kommen.

Wichtig ist, so Sparks, dass du erst aktiv wirst, wenn du alle deine Gefühle zugelassen und durchlebt hast, ohne dabei in negative Denkmuster zu verfallen. "Wenn man es zu früh versucht, kann das nach hinten losgehen, weil es sich nicht authentisch anfühlt", sagt sie. Lass also erst alle "schlechten" Gefühle raus, bevor du wieder objektiver ins Leben blickst und die positiven Dinge sehen kannst, die dir helfen können, die Situation zu überwinden.

4. Ziele neu festlegen.
Ganz gleich, was du erreichen willst: Wenn dich ein Rückschlag aus der Bahn wirft, musst du dein Ziel neu festlegen. "Unser Gehirn hält gerne an ursprünglichen Erwartungen fest, auch wenn sich die Umstände geändert haben", erklärt Jackson Cheadle. "Wenn du also dein Ziel nicht an die neue Situation anpasst, wirst du dich immer wie ein Verlierer fühlen."

"Wie du dich anpasst, hängt davon ab, was du machen willst und was dich motiviert", so Jackson Cheadle. Möglicherweise musst du deinen Zeitplan ändern. Die eigentlich für dieses Jahr geplante Reise mit deinen Freunden wird im nächsten Jahr dann eben umso länger und schöner. Oder du musst einen neuen Zeitplan mit nur einem festen Termin pro Woche erstellen, um wieder in Gang zu kommen. Es ist wichtig, dein neues Ziel und alle Schritte, die du unternehmen wirst, um es zu erreichen, aufzuschreiben, empfiehlt Jackson Cheadle. "Damit sprichst du den auf Handlung ausgerichteten Teil deines Gehirns an und kannst deine Erfolgschancen deutlich erhöhen, sagt sie.

Zu guter Letzt sollte dir die folgende Info Mut machen: Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, können dir unvorhergesehene Rückschläge tatsächlich einen Leistungsvorteil verschaffen und zu dem führen, was Experten als "posttraumatisches Wachstum" bezeichnen. 2019 nahmen Nachwuchswissenschaftler, die zu Beginn ihrer Karriere Rückschläge erlitten hatten, an einer Studie der Kellogg School of Management der Northwestern University teil. Dabei stellten die Studienforscher fest, dass diese Wissenschaftler zehn Jahre später durchweg erfolgreicher waren als ihre Kollegen. Ihre Publikationen wurden häufiger zitiert und sie besaßen in ihrem Fachgebiet einen größeren Einfluss. Eine Theorie, so der leitende Studienautor Dr. Dashun Wang, ist, dass schwierige Erfahrungen zu mehr Stärke und Entschlossenheit führen können. Und vielleicht, so Wang, "schienen die Wissenschaftler aufgrund dieser schwierigen Situationen zu einer besseren Version ihrer selbst zu werden."

Du siehst: Rückschläge können auch ihre guten Seiten haben. Du musst sie nur erkennen und annehmen.

Text: Marissa Stephenson
Illustration: Davide Bonazzi

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Ursprünglich erschienen: 4. Januar 2021