Das Paar, das die Model- und Musikwelt verändert

Culture

Tom und Deba, beide 19 Jahre alt, wollen ihre Branchen grundlegend verändern und ihrer Generation zu mehr Einfluss verhelfen.

Letzte Aktualisierung: 28. April 2021

Come Together: Auch auf Distanz bleiben wir miteinander verbunden. Wir haben mit dem Cast unseres Holiday 2020-Lookbooks darüber gesprochen, was Zusammengehörigkeit aktuell bedeutet.

Deba Hekmat und ihr Partner Tom Austin verschwenden keine Zeit.

Die beiden jungen Kreativen arbeiten als Model bzw. Musiker. Die Zeit des Lockdowns nutzen sie für Gespräche über schwierige Themen wie Rassismus und soziale Reformen, gleichzeitig arbeiten aber auch beide daran, ihre Karrieren voranzubringen. Sie wollen später einmal sagen können, dass sie diese Zeit genutzt haben, um Dinge in Bewegung zu setzen.

"Ich will rückblickend nicht sagen müssen, dass ich drei Monate lang einfach gar nichts gemacht habe", erklärt Tom. Der Rapper stammt aus einer kleinen Stadt eine Stunde nördlich von London gelegen und tritt unter dem Künstlernamen Niko B auf. "Ich hab mich in mein Zimmer verzogen und war echt produktiv. Ich liebe es, etwas selbst zu erschaffen, das es vor fünf Minuten noch nicht gab."

Dazu gehören unter anderem zwei erfolgreiche Hit-Singles, die beide zig Millionen Mal gestreamt wurden. Deba, die ursprünglich aus Kurdistan stammt und jetzt in London lebt, konzentriert sich in der Zeit auf ihre Karriere als Model und ihr Engagement als Aktivistin. Nachdem sie über Instagram von einer Model-Agentur unter Vertrag genommen wurde, nutzt sie nun ihre wachsende Plattform, um mit überholten Schönheitsidealen in der Kreativbranche aufzuräumen. Auf Instagram unterhält sie sich regelmäßig mit ihren Followern über die Probleme ihrer Generation.

"Es kann wirklich schwierig sein, ein Gespräch über ethnische Herkunft, Hautfarbe und Gleichberechtigung zu führen, aber es ist so wichtig – und lebensnotwendig", sagt Deba. "Ich habe zu Dingen, an die ich glaube und die mir wichtig sind, nie meinen Mund gehalten und immer schon unmissverständlich meine Meinung gesagt. Aber in den letzten Monaten hat das ganz neue Dimensionen angenommen."

Das Paar, das sich über Instagram kennenlernte und dessen verschiedene kreative Ambitionen sich in keine Schublade stecken lassen, erzählt uns, dass man in seiner Unterstützung für andere verwundbar sein muss, wenn man die Welt verändern will, und wie sich die heutige junge Generation dieser Herausforderung stellt.

"Ich liebe es, etwas selbst zu erschaffen, das es vor fünf Minuten noch nicht gab."

Tom

Wie so oft in der jetzigen Zeit habt ihr euch über soziale Medien kennengelernt, richtig?

Tom:
Sie hatte eine Freundin, mit der ich befreundet bin, und ich dachte: 'Die ist ja krass.' Und natürlich bin ich ihr gefolgt, aber damit es ihr auch auffällt, musste ich ihr erst ein paar Mal gleich wieder entfolgen und dann wieder folgen. Beim 11. Mal hat sie mir endlich geantwortet und jetzt … tja.

Deba: Jetzt sitzen wir hier zu zweit.

Ebenfalls ein Phänomen dieser Zeit: Ihr seid beide erst 19 Jahre alt und doch schon an zahlreichen verschiedenen Projekten beteiligt. Wie würdet ihr eure Arbeit beschreiben?

Deba:
Ich arbeite in erster Linie als Model. Aber ich konnte in den letzten Jahren in diesem Business meine Stimme finden und eine Plattform schaffen, auf der ich mich für junge Frauen of Color und junge Leute wie mich in dieser Branche einsetze – in der Hoffnung, sie zu einem besseren Ort zu machen.

Tom: Musik ist für mich definitiv am wichtigsten. Aber durch die Musik kann ich auch die ganzen anderen kreativen Aufgaben übernehmen. Bei einem meiner Musikvideos habe ich zum Beispiel Regie geführt. Ich mache also die Musik und nebenbei auch die gesamte Kameraarbeit. Und dann plane ich auch die Shoots für das Cover und designe gelegentlich auch ein bestimmtes Kleidungsstück, das in dem Video getragen werden soll. Ich stürze mich auf jede kreative Gelegenheit, die sich mir bietet: Musik, Regiearbeit, Mode ... ich hasse das Wort "Mode", Kleidung ganz allgemein trifft es besser ..., Fotografie. Also eigentlich alles.

Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling

Deba (links), Tom (rechts)

Deba, erzähl uns mehr darüber, wie und warum du dich als Frau aus dem Nahen Osten für mehr Präsenz in der Kreativbranche stark machst.

Deba:
Einer der Hauptgründe für mein Engagement war, dass ich früher nie ein Model im Internet gesehen habe, das wie ich aus Kurdistan oder dem Nahen Osten stammt. Und es ging nicht nur mir so. Auch viele meiner Freundinnen sahen sich nirgendwo vertreten. Das war extrem frustrierend, denn wir als junge Mädchen sollten Frauen mit blonden Haaren und blauen Augen nacheifern. Das ist eine durch und durch traditionelle westliche Schönheitsvorstellung, und die gibt es nicht. Dieses Konzept ist völlig unsinnig.

Wir müssen also mehr Variationen in unserer Branche zulassen. Momentan habe ich den Eindruck, dass zumindest die Modelwelt etwas vielfältiger wird, was das betrifft. Der nächste Schritt ist nun zu sehen, was wir in der Produktion umsetzen können. Hinter den Kulissen arbeiten weiterhin überwiegend Weiße. Wir werden keinen echten Fortschritt und keine Gleichberechtigung erreichen, wenn wir zwar 12 Models of Color buchen, aber die gesamte Produktion und das Team dahinter aus Weißen besteht. Authentische Darstellung kann nicht nur performativ sein. Wir müssen sie für absolut jeden fair gestalten.

Wie war die Reaktion auf die Veränderungen, die ihr in eurer Musik- und Modelwelt durchsetzt?

Tom:
Bei mir ist es so, dass die Leute meine Arbeit entweder lieben oder hassen. Manche sagen 'Das soll Musik sein? Da bin ich raus.', andere wiederum finden sie genial und total innovativ. Sie ist eben mit nichts zu vergleichen, was es schon gibt – und manche finden das super, andere hingegen können überhaupt nichts damit anfangen. Es hängt einzig davon ab, wie dein Kopf tickt. Meine Musik ist ein echt gutes Gesprächsthema. Ich höre mir gerne an, was andere darüber denken, weil ich die Leute immer selbst entscheiden lasse, was meine Musik für sie ist.

Deba: Die Reaktionen auf mein Engagement waren ganz unterschiedlich. Sehr viele junge Mädchen schreiben mir 'Danke dir so sehr!'. Das rührt mich total. Und für mich ist das der einzige Grund, warum ich versuche, das Model Business zu verändern.

Tom: Ja, da kniet sich Deba echt rein. Sie erzählte mir immer, dass sie sich, als sie noch jünger war, wünschte, dass es mehr Mädchen und Frauen gäbe, die wie sie aussehen – mit dickem, widerspenstigem Haar oder breiteren Augenbrauen oder was auch immer. Und dann zeigt sie mir einen Kommentar oder eine Nachricht eines Mädchens, das ihr schreibt 'Man hat mich immer wegen meiner buschigen Augenbrauen gehänselt, und durch dich habe ich gelernt, sie schön zu finden.' Und das ist total krass. Das ist Debas Verdienst.

Deba: Wenn ich es schaffe, dass nur ein weiteres Mädchen mit seinem Aussehen zufrieden ist, ist das für mich einfach unglaublich. Und das nicht nur wegen meines eigenen Aussehens, sondern auch wegen meiner Herkunft. Ich wurde jeden Tag als Terroristin beschimpft. Man nannte mich einen Gorilla oder Chewbacca. Diese üblen Beleidigungen haben unglaublich wehgetan. Alles nur, weil meine Arme stärker behaart sind oder ich eben so aussehe, wie ich aussehe. Und jetzt setze ich mich dafür ein, dass es anderen Mädchen nicht mehr so ergeht.

"Wenn ich es schaffe, dass nur ein weiteres Mädchen mit seinem Aussehen zufrieden ist, ist das für mich einfach unglaublich."

Deba

Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling
Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling
Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling
Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling
Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling
Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling

"Wenn du online bist, kannst du dich genauso gut mit anderen unterhalten und ein gutes Gespräch führen, anstatt einfach nur ewig auf dein Smartphone zu gucken."

Deba

Warum glaubt ihr ist eure Generation in der Lage, so massiv mit anderen in Kontakt zu treten?

Tom:
Das liegt wohl einfach an der Macht und Reichweite der sozialen Medien. Früher musste mein Vater 1.000 Plakate drucken und mühselig anbringen, damit 100 Leute auf etwas aufmerksam wurden. Heutzutage kann jeder eine Story, ein Event oder was auch immer zum Beispiel auf Instagram posten und innerhalb von fünf Minuten hat der Post 5.000 Leute erreicht. Die vielen Möglichkeiten, die sich durch soziale Medien eröffnen, und die Veränderung, die soziale Medien bewirken können, sind der Wahnsinn.

Deba: Ja, echt crazy. Soziale Medien sind schon eine seltsame Sache. Man kann sie entweder zum Guten nutzen und zum Beispiel Geld damit verdienen, Informationen verbreiten oder anderen Menschen helfen, oder man kann total darin untergehen und sich selbst verlieren. Aber diese Wahl muss jeder für sich treffen und sich fragen 'Warum bin ich hier online unterwegs? Was habe ich davon?'

Wenn sie also zu Veränderungen anregen und einen ermutigen, sich weiterzubilden, dann unterstütze ich das voll. Ich möchte in den sozialen Medien nicht ständig durch zig Inhalte scrollen und mich selbst bemitleiden, weil andere scheinbar besser aussehen, mehr Geld haben oder in Wohlstand schwelgen.

Wenn du online bist, kannst du dich genauso gut mit anderen unterhalten und ein gutes Gespräch führen, anstatt einfach nur ewig auf dein Smartphone zu gucken und dir eine Flut von viel zu viel Informationen anzutun.

"Die vielen Möglichkeiten, die sich durch soziale Medien eröffnen, und die Veränderung, die soziale Medien bewirken können, sind der Wahnsinn."

Tom

Neben der Nutzung der sozialen Medien scheint es auch einen ganz starken Wunsch nach Veränderung und der Umkehrung des Status quo zu geben. Die Menschen hören zu. Warum glaubt ihr ist das so?

Deba:
Ich denke, unsere Generation ist jetzt nicht extrem erschöpft, aber mir scheint, dass wir in gewissem Maße einfach genug haben. Und wir haben es selbst in der Hand. Wir sind die Generation, von der hoffentlich eine Veränderung ausgehen wird.

Wir haben unzählige Videos gesehen, in denen sich weiße Kids ganz extrem mit ihren Eltern über alles Mögliche streiten. Aber genau das brauchen wir, wir brauchen diese unbequemen Auseinandersetzungen.

Ich habe zu Dingen, an die ich glaube und die mir wichtig sind, nie meinen Mund gehalten und immer schon unmissverständlich meine Meinung gesagt, besonders zu Gleichstellung und Rassismus. Aber in den letzten Monaten hat das ganz neue Dimensionen angenommen. Und ich glaube, ein Grund dafür ist, dass wir alle innerlich eingesperrt sind. Und diese ganze aufgestaute Wut muss man produktiv nutzen und in etwas investieren, für das es sich zu Kämpfen lohnt.

Letzte Frage: Wie findet ihr zusätzlich zu den Millionen von Menschen, mit denen ihr euch jeden Tag online austauschen könnt, gegenseitige Unterstützung und kollektive Kraft als Paar?

Tom:
Ich zeige Deba immer sofort alles, was ich mache. Ihre Meinung ist mir sehr, sehr wichtig. Sie pusht mich auch, denn wenn man etwas macht, freut man sich darauf, es jemandem zu zeigen. Es geht nicht nur darum, dass die Arbeit einem selbst Spaß macht.

Deba: Wir sind beide so verschieden und machen unser ganz eigenes kreatives Ding. Wenn Tom sieht, dass ich etwas gut mache, motiviert ihn das dazu, in seinem Bereich besser zu werden. Jedes Mal, wenn er einen neuen Job bekommt, sage ich: 'Klasse gemacht. Das ist echt cool.' Und dann überlege ich, wie ich mich selbst verbessern kann – weil er mich inspiriert. Tom ist meine Inspiration. Das ist einfach schön.

Tom: Das hast du jetzt schön gesagt. Danke.

Kreative Teenager revolutionieren Musik und Modeling

Gemeldet: Juli 2020

Ursprünglich erschienen: 10. Mai 2021