Expert:innen sagen: So meisterst du die richtige Laufform

Sport und Bewegung

Laufcoaches erklären, was die beste Körperhaltung beim Laufen sowohl für Sprinter:innen als auch für Langstreckenläufer:innen ist.

Letzte Aktualisierung: 25. Juli 2022
9 Min. Lesezeit
Expert:innen erklären, wie du beim Laufen eine gute Haltung findest

Mit am verlockendsten am Laufen ist, dass es so unkompliziert ist. Die Vorbereitung ist denkbar einfach: Die Lieblings-Trainingsausrüstung anziehen, eine gute Playlist starten, die Lieblings-Laufschuhe schnappen, und los geht's. Aber auch wenn das Laufen für viele leicht zugänglich ist, kann es eine Weile dauern, die Technik und die richtige Körperhaltung beim Laufen zu meistern.

Es gibt viele Gründe dafür, eine richtige Körperhaltung beim Laufen in den Fokus zu rücken – beispielsweise, um effizienter zu sein und die Leistung zu verbessern. Jedoch ist wohl der wichtigste Grund für eine richtige Körperhaltung beim Laufen, dass "man dadurch Verletzungen vermeidet", sagt Jesse Chapman, Leichtathletik-Assistenztrainer an der San Diego State University, U.S. Track and Field and Cross Country Coaches Association-zertifizierte Krafttrainings-, Konditions- und Sprungtrainer sowie Spezialist für verschiedene Events.

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Wenn Chapman zusammenfassen sollte, wie eine "schlechte" oder ineffiziente Körperhaltung aussieht, wäre das "eine fehlende Spannung im Rumpf, viel unnötiges Drehen beim Laufen und Schritte, die viel zu weit vor dem Körperschwerpunkt liegen", sagt er.

Es ist nicht ungewöhnlich, verschiedene Körperhaltungen beim Laufen zu sehen, da alle Läufer:innen unterschiedliche Anatomien haben. Aber es gibt einige grundlegende Dinge, mit denen man eine richtige Körperhaltung beim Laufen erhält – egal, ob du gerne sprintest oder lange Strecken läufst.

Welche ist die richtige Körperhaltung beim Sprinten?

Um zu verstehen, wie die richtige Körperhaltung beim Sprinten aussieht, erklärt Chapman, wie die Mechaniken von Kopf bis zu denen Zehen aussehen sollten.

"Was den Rumpf angeht, wollen wir hier Stabilität und Kompaktheit sehen. Es lassen sich oft Seitwärtsbewegungen beobachten, von Seite zu Seite mit dem Oberkörper, was mir als Coach sagt, dass entweder die seitlichen Bauchmuskeln instabil sind oder es sind die Hüften", sagt Chapman.

Als Sprinter:in hast du vielleicht schon gehört, dass die Arme beim Laufen in einem 90-Grad-Winkel sein sollten. Während das nicht unwahr ist, ist es nur eine Momentaufnahme der Körperhaltung, so Chapman. "Die Arme sollten die Beine nachahmen. In einem Moment des Schrittes sind die Beine im 90-Grad-Winkel, also sollten auch die Arme in einem Moment des Schrittes im 90-Grad-Winkel sein", sagt er.

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Es wird Momente geben, in denen deine Beine im spitzeren Winkel als 90 Grad stehen und welche, in denen der Winkel stumpfer ist – das Gleiche gilt für die Armposition. Das Wichtigste ist, dass Arme und Beine sich zusammen bewegen, besonders wenn es um Tempo, Kraft und plyometrische Übungen geht. Wenn die Arme nicht mit den Beinen zusammenarbeiten, kann man eine falsche Kraftwahrnehmung haben, mit dem Boden verhaftet bleiben und weniger effizient sein, sagt Chapman.

Die Arme sollten auch nicht die Mittelachse kreuzen, damit die Bewegung wirklich effizient und nach vorn gerichtet ist. Lange Rede, kurzer Sinn: Da das Ziel die schnelle Vorwärtsbewegung ist, sollten sich deine Arme auch in diese Richtung bewegen.

Bezüglich des Unterkörpers erklärt Chapman, dass es eine heftige Debatte über die Körperhaltung gibt, was den Laufstil von Langläufer:innen im Gegensatz zu Sprinter:innen angeht (mehr darüber bald). Wenn du sprintest, sollte dein Fuß dorsal flektiert sein (als wären die Zehen zur Oberseite des Schuhs hochgezogen) und du solltest auf den Fußballen laufen. Das liegt daran, dass beim Fersenaufsatz der Fuß vor den Hüften landet und die anfängliche Kraft als Bremse fungiert, die dich langsamer macht.

"Wenn man jedoch auf dem Ballen aufkommt, hilft jeder Schritt uns. Man wird beim Aufsetzen auf den Boden nicht langsamer. Was die Effizienz angeht, so erlaubt uns diese Technik, ohne Unterbrechung voranzukommen. Wir nutzen die ganze Energie viel besser aus, aber wir müssen beim Sprinten auch weitaus mehr Muskeln anstrengen, als man sieht", sagt Chapman.

Beim Fersenaufsatz, insbesondere beim Laufen von langen Strecken, wird der Femur (Oberschenkelknochen) zurück in die Hüfte bewegt, was zu verspannten Hüften und IT-Band-Problemen führen kann. Diese beiden Komplikationen können dann zu Kniebeschwerden, dem Läuferknie und zu Problemen des hinteren Schienbeinmuskels führen", sagt Chapman.

Welche ist die richtige Körperhaltung für Langstreckenläufer:innen?

Zum Thema richtige Körperhaltung beim Laufen sagt Jes Woods, NIKE Laufcoach, Ultramarathon-Läuferin und Ultra- und Trail-Head Coach des Brooklyn Track Cub, dass "es richtig ist, dass deine Körperhaltung deine Körperhaltung und dein Schritt dein Schritt ist, es aber einige allgemeine Faustregeln [bezüglich der richtigen Körperhaltung für Langstreckenläufer:innen] gibt."

Um den Sportler:innen zu helfen, ihre Laufmechaniken zu verbessern, macht Woods gerne einen Check von Kopf bis zu den Zehen.

"Das Erste, worüber ich rede, ist aufrecht zu laufen. Und ich bin eine praktisch veranlagte Person, also sage ich den Leuten, sie sollen sich vorstellen, dass eine Schnur sie oben am Kopf hochzieht und man dadurch immer aufrechter läuft. Dann wird die Schnur durchgeschnitten und man läuft immer noch aufrecht."

Deine Schultern sollten nicht bis hoch zu deinen Ohren gezogen sein, deshalb ist ihre Anweisung, sich zu entspannen und die Schultern zu senken (am einfachsten geht das, wenn man tief einatmet und dann ausatmet). Aber deine Schultern sollten nicht so weit herunterhängen, dass sich der Rücken wölbt. Stattdessen sollten sie so locker sein, dass die Wirbelsäule in einer neutralen Position bleibt, wodurch man sich nach vorne beugen und die Gesäßmuskeln richtig aktivieren kann, so Woods.

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Das leichte Vorbeugen sollte aus den Füßen kommen – es ist keine Beuge am Becken – und wirken, also würde man nach vorne fallen. Diese leichte Schieflage verlagert dich beim Laufen auch auf den Mittelfuß. Woods sagt, dass sie den Leuten erklärt, man sollte weniger den Fokus darauf legen, welcher Teil des Fußes auf dem Boden aufkommt, sondern "darauf achten, dass der Fuß direkt unter einem landet, direkt unter den Hüften."

Man sollte auch die Hände locker lassen. "Die Hände sollen locker sein, aber auch nicht wild herumbaumeln wie bei einem T. Rex", sagt sie. Über den Körper kreuzende Armbewegungen sind okay, aber sie sollten nicht den Mittelbereich kreuzen.

Vielleicht hast du schon Leute gesehen, die große sprungähnliche Schritte beim Laufen machen oder dabei tänzeln – nichts von beidem wird als gute Körperhaltung beim Laufen angesehen, da dadurch die Kadenz sinkt und mit der Zeit Verletzungen auftreten können.

Um an der Körperhaltung zu arbeiten, empfiehlt Woods, sich auf die Kadenz zu fokussieren, was die Schrittmechaniken beeinflussen kann. Wenn du Zugang zu einem Laufband hast, nutz diesen Vorteil. Mit einem Laufband kannst du kontrolliert lernen, wie sich bestimmte Kadenzen für deinen Körper anfühlen. Woods schlägt auch vor, eine Playlist mit Liedern mit 180 Schlägen pro Minute zusammenzustellen und ein lässiges Lauftempo auf dem Laufband einzustellen, um diese Kadenz zu erhalten.

Neben dem Fokus auf die Kadenz ist laut Woods auch die Bodenkontaktzeit wichtig.

"Wenn man lange Schritte macht oder tänzelt, ist man lange in der Luft. Das bedeutet, dass man mehr Bodenkontaktzeit hat, bevor man zum nächsten Schritt abhebt", sagt sie.

Sich darauf zu fokusieren, hilft auch beim Vermeiden von Verletzungen wie das Schienbeinkantensyndrom, sagt sie. Um die Bodenkontaktzeit zu optimieren, solltest du dir einfach den Boden als heiße Lava vorstellen – wäre es welche, würdest du nur ungerne viel Kontakt damit haben wollen (was auch für Sprinter:innen gilt).

Wie du deine Körperhaltung beim Laufen verbesserst

Neben dem Fokus auf Stabilität der Bauchmuskeln und Hüften sowie Wiederholungen, um deine Körperhaltung zu verbessern, ist es wichtig, dass du mit regenerativem Training beginnst, wenn nicht bereits geschehen. Übungen wie Yoga, Massagetherapien, Physiotherapie, Bandaktivierung, Beweglichkeitstraining und Akupunktur helfen alle bei der Verbesserung der Körperhaltung. Sie stellen sicher, dass deine Muskeln richtig arbeiten, und verhindern, dass der Körper verschiedene Muskeln herunterfährt, da sie nicht verwendet werden oder weil du Bewegungsmuster erstellt hast, die Muskeln herunterfahren, so Chapman.

Wie kannst du deine Körperhaltung beim Laufen noch verbessern? Sprinte mehr. Chapman empfiehlt, mehr zu sprinten, da diese Bewegungen vielfältiger sind im Vergleich zum Laufen von langen Strecken.

"Sprinten kann das eigentliche Bewegungsmuster stärken, das wir beim Laufen nachzuahmen versuchen. An einen langen Lauf sollten wir so herangehen, als ob wir sprinten würden, nur mit einer kleineren Bewegungsamplitude, sodass die Bewegung etwas eingeschränkter ist", sagt er.

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Wenn du etwa dreimal pro Woche läufst, empfiehlt Chapman, der Trainingsroutine zwischen den Tagen mit längeren Läufen ein bis zwei Mal die Woche zehn 50-Meter-Sprints hinzuzufügen. Wenn du öfter läufst – beispielsweise sechs oder sieben Tage die Woche – empfiehlt Chapman, an den Tagen mit leichteren Läufen fünf bis sechs harte 100-Meter-Sprints am Ende des Lauftrainings zu machen.

Mindestens zweimal die Woche Sprinttrainings zu machen "kann sehr hilfreich sein, da es eine sehr spezifische Bewegung ist", und das Abwechseln von sich wiederholenden Läufen mit vielfältigeren Bewegungen hilft, gesund zu bleiben und die Mechaniken mit der Zeit zu verbessern, sagt Chapman.

Krafttraining in die Trainingsroutine zu integrieren, kann einen großen Unterschied ausmachen, was die Verbesserung der Körperhaltung angeht.

"Gewichtheben kann dem Bindegewebe helfen, robuster zu werden und insgesamt als Athlet:in etwas robuster zu werden", so Chapman. "Mit Gewichtstraining lassen sich in einem Fitnessstudio so viele vielfältige Bewegungen durchführen, dass es dir hilft, etwas athletischer zu werden. Und je athletischer du wirst, desto besser bist du vor Verletzungen geschützt.

Wenn sich das nach viel anhört, hast du nicht unrecht. Aber wie so oft ist es beim Verbessern der Körperhaltung wichtig, die Absicht zu haben, Angewohnheiten zu ändern und Konsistenz sowie Geduld an den Tag zu legen. Und wenn du damit beginnst, solltest du innerhalb von zwei bis drei Wochen Verbesserungen in deiner Körperhaltung beim Laufen sehen, sagt Chapman.

Text von Tamara Pridgett

Expert:innen erklären, wie du beim Laufen eine gute Haltung findest

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Ursprünglich erschienen: 14. Juni 2022