Die Geschwister, die das Selbstbewusstsein von queeren Menschen stärken
Culture
Verbindungen zu anderen baust du nur auf, wenn du du selbst bist, sagen die Multitalente Georgia und Joel Palmer aus London.
Come Together: Auch auf Distanz bleiben wir miteinander verbunden. Wir haben mit dem Cast unseres Holiday 2020-Lookbooks darüber gesprochen, was Zusammengehörigkeit aktuell bedeutet.
"Als Homosexueller mit gemischter ethnischer Herkunft hatte ich früher nicht viele Vorbilder, mit denen ich mich identifizieren konnte", sagt Joel, 28. Mit seiner Schwester Georgia, 20, hilft er nun beim Aufbau einer kreativen Queer-Community, um Raum und Chancen für andere zu schaffen. "Wir betrachten unsere Plattform als Inspirationsquelle. Unser Style und unsere Ästhetik kämpfen gegen Standards und Geschlechtergrenzen an."
Die Geschwister wuchsen in Birmingham auf und zogen später nach London, wo sie eine queere Community fanden, die sie ermutigte und ihre Individualität unterstützte. Georgia tat es ihrem Bruder gleich und begann auch zu modeln, was für sie der Kickstart für die Schauspielerei und Musik war. Joel ist auch Creative Director und Mitgründer der Mode- und Movement Beratungsfirma Major Zcene.
Joel und Georgia verbrachten die Quarantäne zusammen mit anderen Künstlern in einem Lagerhaus, wo sie gemeinsam an Projekten arbeiteten. Bei ihrer gesamten Arbeit umgeben sich die beiden mit queeren People of Color, die sie gleichzeitig unterstützen.
"Wir haben um uns herum diesen starken Kreis von Menschen aufgebaut, die als Minderheit in dieser Branche gelten und denen wir helfen können", sagt Georgia. "Ich will dazu beitragen, dass sie gehört werden."
"Zusammen sind wir stark", fügt Joel hinzu. "Und sichtbarer."
"Queere Künstler sind eine Minderheit, das bringt uns zusammen. Aber jeder einzelne hat seinen individuellen Charakter, daraus ziehen wir unsere Kraft."
Joel
Ihr teilt viel mehr gemeinsame Erfahrungen als die meisten Geschwister — ihr modelt und arbeitet zusammen. Welche Stärken gebt ihr euch gegenseitig, um das zu tun, was ihr tut?
Joel: Ich denke, Georgia und ich entdecken gemeinsam unsere Talente und wenden sie dann bei der Arbeit an. Georgia ist definitiv eine meiner Musen. Dadurch können wir auf so viele verschiedene Arten wachsen und etwas erreichen. Georgia beginnt zum Beispiel zur Zeit mit dem Schauspielern, stimmt's?
Georgia: Yep. Ich versuche mich als Schauspielerin und DJane.
Joel: Bald kommt ein spannender Kurzfilm von ihr heraus. Ich glaube, wir waren für den anderen die Eintrittskarte in eine andere Welt. Unsere Stärke zusammen musst du am Set gesehen haben. Wenn Georgia modelt, ist das reine Kunst.
Georgia: Meine Art, mich zu bewegen, habe ich von dir.
Tanz, Musik und Style haben eure Arbeit genauso inspiriert wie eure Identitäten und euer Ausdruck. Könnt ihr mehr darüber erzählen?
Joel: Wir arbeiten so eng und gut zusammen, weil wir als Familie unseren eigenen Style entwickelt haben. Als Kind hatte ich viel Tanztraining und, was den Style angeht, haben wir gerne Klamotten getauscht. Wir haben diesen Black Panther-Punk-Afro-Punk-Look. Er spielt auf vieles an und ist definitiv manchmal schrill.
Georgia: Es hängt davon ab, welcher Charakter du an diesem Tag sein möchtest. Wir haben im Londoner Nachtleben zueinander gefunden: Eine Gruppe künstlerischer, kreativer Menschen aller Geschlechter, Sexualitäten, alles. Im Club können wir in sicherem Rahmen zusammenkommen. Was wir alle lieben und wofür wir alle dankbar sind, sind Musik, Tanz, Movement, Mode und Style.
Ihr seid beide queer, eine weitere Dimension eurer Beziehung und Reise als kreative People of Color. Was bedeutet queer für euch?
Georgia: Ich betrachte mich als queer, weil ich der queeren Community angehöre. Meine Freunde sind queer, ich benutze queere Sprache und die Menschen, für die ich stehe, sind queer.
Joel: Für mich bedeutet queer freies Denken. Queer zu sein bedeutet nicht, vom gleichen Geschlecht angezogen zu sein. In der heutigen Zeit kann jeder Künstler, jedes Talent und jedes Model, auch dank Social Media, vollständig er oder sie selbst und ausgefallen sein.
Georgia: Ich mag es, mit meinem Körper im Einklang zu sein. Ich denke, ich kann mich gut bewegen, abstrakt sein und unterschiedliche Charaktere spielen. Ich lerne immer mehr Neues über mich selbst.
Joel: Wir sind keine konventionellen Models. Ich habe mich offen als queer geoutet und das hätte ich für niemanden geändert. Deshalb mussten wir uns gegenseitig antreiben und uns klar machen, dass wir Jüngere damit inspirieren. Wenn wir das schaffen, schafft ihr das auch. Das hat mich dazu gebracht, nicht nur Model, sondern auch Creative Director zu werden. Ich kann tatsächlich Welten und Räume für Menschen schaffen, damit sie merken, dass sie ein Teil und nicht nur das Gesicht von etwas sind. Wir können mehr als nur das. Wir können Möglichkeiten schaffen.
"Georgia ist definitiv eine meiner Musen. Wenn sie modelt, ist das reine Kunst."
Joel
Ihr habt beide an den Black Lives Matter-Protesten in London teilgenommen. Was habt ihr diesbezüglich über euch selbst gelernt und wie hat das eure Persönlichkeit und eure Kreativität beeinflusst?
Joel: Wir haben auf diesen Protestmärschen gelernt, dass wir Beziehungen haben, durch die wir gehört werden. Wir haben Wege gefunden, der Welt zu zeigen, dass das gerade wirklich passiert und wir in einem sicheren Umfeld sind. Diese Bewegung war sehr interessant, weil Teile unserer Familie uns nicht unterstützten. Es war interessant zu sehen, dass es systematischen Rassismus innerhalb unserer Familie gibt. Sich von diesen Menschen zu entfernen, war sehr traurig.
Wir wollten einen Test machen, um herauszufinden, wo unsere Herkunft im tieferen Sinne liegt. Uns wurde unser Leben lang gesagt, dass wir halb Jamaikanisch, halb Englisch sind, aber da gibt es noch viel mehr. Wir haben herausgefunden, dass wir auch Wurzeln in Südamerika, Asien, dem Kongo und Benin haben.
Georgia: Die Bewegung hat uns aber gegenseitig näher gebracht und darüber hätten wir früher reden sollen.
Und was bedeutet für euch die Kraft der Gruppe, besonders als People of Color und Teil der queeren Community?
Joel: Unsere Gruppe besteht aus Gleichgesinnten und Freigeistern. Queere Künstler sind eine Minderheit, das verbindet uns. Aber jeder hat seinen individuellen Charakter, das treibt uns an.
Wir finden wahre Inspiration nur innerhalb unseres Kreises. Wir inspirieren uns gegenseitig. Und wenn jemand dazu kommt, denken wir immer: "Wow, du bist ein echter Star auf deine eigene Weise."
Wie habt ihr euch in dieser reflektierenden, revolutionären Zeit gegenseitig weitergebracht und was habt ihr an eurem kreativen Prozess geändert?
Joel: Wir haben uns mit den Leuten, mit denen wir zusammen leben, digitale Animationen in 3D angesehen. Wir sind insgesamt 15 Menschen hier, darunter Designer, Fotografen und Set Designer, und leben in einem Lagerhaus mit tollen Plätzen, wo wir die Quarantäne zusammen verbracht haben. Wir haben die Clubs so sehr vermisst, dass wir am Wochenende immer die Terrassen vorbereitet und die Nachbarn eingeladen haben.
Georgia: Wir hatten Zeit, völlig in uns hineinzusehen und kreativ zu sein. Wir hatten Glück, den Raum dafür zu haben.
Joel: Wir sind jetzt dynamischer geworden. Das hat uns in dieser Zeit näher zusammengebracht.
In welchen Bereichen seid ihr sonst begeistert und aktiv dabei?
Georgia: Inklusion, Diversität und darum, Minderheiten stark zu machen. Ich kenne viele Trans-Frauen oder Frauen of Color und ich sehe, dass viele Plus Size-Models nicht zu Shootings eingeladen werden. Ich will einen kreativen Raum schaffen, wo wir die Höhen und Tiefen unserer Karrieren besprechen und das Bewusstsein stärken können.
Joel: Definitiv Rechte für Trans-Menschen. Wir müssen die Trans-Community wertschätzen. Sie sind der einzige Grund, warum es Communitys für queere und homosexuelle Menschen überhaupt gibt. Ich denke, unsere persönliche kreative Reise, worüber wir gesprochen haben, als wir noch sehr jung waren, besteht darin, unsere Plattform zu nutzen, um genug Erfahrungen, Geld und Wohlstand zu erlangen, um all das zurückzugeben, für das wir kämpfen.
"Wir müssen die Trans-Community wertschätzen. Sie sind der einzige Grund, warum es Communitys für queere und homosexuelle Menschen überhaupt gibt."
Joel
Gemeldet: Juli 2020