Was du laut Expert:innen über Alkohol und Schlaf wissen solltest
Gesundheit und Wellness
Wenn du vor dem Schlafengehen noch einen Drink zu dir nehmen möchtest, solltest du zunächst diese Informationen lesen.
Nach einem Glas Wein oder Whiskey erreichst du das Land der Träume vielleicht schneller als ohne.
Das Problem ist, dass diese Angewohnheit vor dem Schlafengehen – und das Trinken im Allgemeinen – sich negativ auf deinen Schlaf auswirken kann. Vielleicht hast du schon einmal bemerkt, dass du dich weniger ausgeschlafen und erschöpfter fühlst, wenn du am Vorabend getrunken hast. Was passiert also wirklich, wenn du vor dem Schlafengehen noch Alkohol trinkst? Schläft man mit Alkohol besser?
"Alkohol wirkt beruhigend", sagt Deirdre Conroy, Ph.D., klinische Leiterin der Behavioral Sleep Medicine Clinic an der Michigan Medicine in Ann Arbor. Das bedeutet, dass du die Einschlafzeit durch Alkohol verkürzen kannst.
Dies kann verlockend sein: Wenn du nach dem Genuss von Alkohol schneller einschläfst, empfindest du das vielleicht als positiv, wodurch dieses Verhalten verstärkt werden kann, so Dr. Chris Winter, Neurologe, Schlafexperte und Moderator des Podcasts "Sleep Unplugged".
"Folgendes sage ich meinen Athlet:innen und Patient:innen immer: Verbinde Alkoholkonsum niemals mit gutem Schlaf", so Winter. Selbst wenn du schnell einschläfst und die ganze Nacht durchschläfst, bedeutet dies nicht, dass Alkohol gut für deinen Schlafzyklus ist.
"Wenn du dir anschaust, was Alkohol bewirkt, wirst du erkennen, dass er viele der positiven, regenerativen Eigenschaften des Schlafs zunichtemacht", so Winter weiter. Kurz gesagt: Alkoholgenuss vor dem Schlafengehen kann dazu führen, dass du mitten in der Nacht aufwachst und deine wichtigste Schlafphase beeinträchtigt wird. Weitere Informationen unten.
Die Auswirkungen von Alkohol auf den Schlaf
Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf den Genuss von Alkohol. Teilweise hängt dies davon ab, wie viel und zu welcher Uhrzeit sie Alkohol konsumieren.
1. Vielleicht schläfst du früher ein
Wie gesagt, kann Alkohol eine beruhigende Wirkung haben.
Eine Studie aus dem Jahr 2013 kam zu dem Schluss, dass Menschen durch Alkohol schnell einschlafen – unabhängig davon, wie viel Alkohol konsumiert wurde. Diejenigen, die etwas getrunken hatten, wachten mit geringerer Wahrscheinlichkeit in der ersten Hälfte der Nacht auf. Allerdings schliefen sie in der zweiten Hälfte ihres Schlafzyklus tendenziell eher schlechter und wachten somit häufiger auf.
Forscher:innen fanden auch heraus, dass nach mäßigem bis hohem Alkoholkonsum der REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) abnahm und die Anzahl der leichteren Nicht-REM-Schlafphasen zunahm. Dies kann dazu beitragen, dass du dich am Morgen nicht ausgeschlafen fühlst. Zur Erklärung: REM-Schlaf wird als die regenerierendste Schlafphase definiert und ist essenziell für kognitive Funktionen. Diese umfassen Kreativität, Lernfähigkeit und Erinnerungsvermögen. Eine Person durchläuft die REM-Schlafphase (und alle anderen Schlafphasen) vielleicht vier- bis sechsmal pro Nacht.
2. Du wachst vielleicht auf und kannst nicht mehr einschlafen
Wie gesagt, hält der schlaffördernde Effekt von Alkohol nicht die ganze Nacht an.
"Wenn der Körper den Alkohol verstoffwechselt hat, nimmt die beruhigende Wirkung ab, wodurch du vielleicht mitten in der Nacht aufwachst", so Conroy.
Es sei zudem erwähnt, dass Alkohol harntreibend wirkt, weshalb du vielleicht nachts auf die Toilette musst. Auch dadurch kann dein Schlafzyklus also unterbrochen werden.
Selbst wenn du keinen Alkohol trinkst, ist es ganz normal, mitten in der Nacht aufzuwachen. Manche Menschen wachen zwei- bis dreimal während des Schlafens auf. Tatsächlich kann es sogar sein, dass man 20-mal pro Stunde ganz kurz aufwacht. Aber wenn du in den Stunden vor der Schlafenszeit Alkohol trinkst, kann es noch schwieriger sein, wieder in den Schlaf zu finden.
3. Vielleicht schnarchst du mehr
Hat Alkohol noch mehr Auswirkungen auf die Schlafqualität? Wenn du grundsätzlich schnarchst, verstärkt sich dies vielleicht nach dem Genuss von Alkohol.
"Alkohol ist ein Sedativum für die Atmung, das sich auf die Muskeln in den oberen Atemwegen auswirkt, weshalb das Atmen schwieriger wird", so Winter. Die Wahrscheinlichkeit nimmt zu, dass deine Atemwege kollabieren, was dieses Schnarchgeräusch verursacht.
Diese Atemschwierigkeiten wirken sich auch auf die Qualität deines Schlafs aus. Zudem kann Schnarchen ein Zeichen für eine obstruktive Schlafapnoe sein, bei der die Atmung während der Nacht immer wieder kurz aussetzen kann. Diese Mikrowachphasen stören den Schlaf, weshalb du dich am nächsten Tag erschöpfter fühlst und nicht so viel leisten kannst. Der Konsum von Alkohol vor dem Schlafengehen kann all diese Symptome verstärken.
Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Alkohol die Wahrscheinlichkeit steigert, dass deine oberen Atemwege kollabieren. Und seine beruhigenden Eigenschaften verstärken Atempausen und lassen sie während der Nacht häufiger auftreten, was zu einem geringeren Sauerstoffanteil im Blut während der Nacht führen kann. Eine Studie und Metaanalyse aus dem Jahr 2018 kam zu dem Ergebnis, dass der Konsum großer Mengen Alkohol das Risiko einer Schlafapnoe im Vergleich zu Personen, die keinen oder geringere Mengen Alkohol konsumierten, um 25 Prozent steigern kann.
4. Alkohol kann die Regeneration behindern
Wenn du aktiv bist oder für einen bestimmten sportlichen Wettkampf trainierst, solltest du deinen Alkoholkonsum vielleicht überdenken.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 besagt, dass jegliche Menge Alkohol die Fähigkeit deines kardiovaskulären Systems herabsetzt, sich in der Nacht zu regenerieren. Je mehr Alkohol eine Person zu sich nahm, desto höher war die Herzfrequenz dieser Person im Schlaf. Und dies traf selbst auf geringe Mengen Alkohol zu. Ein Drink vor dem Schlafengehen erhöhte die Herzfrequenz beispielsweise um 1,4 Schläge pro Minute und drei Drinks vor dem Schlafengehen erhöhten die Herzfrequenz um 4 Schläge pro Minute.
Dies liegt wahrscheinlich daran, dass Alkohol das parasympathische Nervensystem unterdrückt, das für "Ruhe und Erholung" zuständig ist. Zur Erklärung, das parasympathische Nervensystem ist der Gegenspieler des sympathischen Nervensystems, das über "Kampf oder Flucht" entscheidet. Forschungen haben auch gezeigt, dass die Unterdrückung des parasympathischen Nervensystems unabhängig von der körperlichen Fitness einer Person erfolgt.
Da Alkohol den REM-Schlaf beeinträchtigt, wirkt er sich auch negativ auf die Regeneration aus. Denn genau in dieser regenerativen Phase des Schlafs konzentriert sich der Körper auf die Reparatur lebenswichtiger Gewebe und Zellen, die beispielsweise beim Sport beschädigt wurden.
Wenn du vorhast, Alkohol zu trinken, solltest du diese Tipps für erholsamen Schlaf berücksichtigen
Du musst nicht komplett auf Alkohol verzichten. Auch wenn einige Expert:innen derzeit sagen, dass selbst der Konsum kleiner Mengen Alkohol deiner Gesundheit im Laufe der Zeit schaden kann. Conroy empfiehlt, sich nicht zu sehr darauf zu fokussieren, Alkohol unter allen Umständen zu vermeiden – besonders wenn du ab und zu gerne mal etwas trinkst.
"Alkohol ist Teil unserer gesellschaftlichen Ereignisse und ich möchte meine Patient:innen nicht dazu bringen, nie wieder auszugehen. Soziale Kontakte wirken sich sehr positiv auf unsere Laune und unser Energielevel aus. Man muss das Für und Wider dieser Entscheidungen abwägen", so Conroy.
Ob du Alkohol trinkst oder nicht ist eine persönliche Entscheidung. Und wenn du dich dafür entscheidest, kannst du dir ein paar Dinge angewöhnen, um die Auswirkungen auf deinen Schlaf zu reduzieren.
1. Konsumiere Alkohol in moderaten Mengen
Laut den Centers for Disease Control and Prevention werden als moderater Alkoholkonsum höchstens zwei Drinks pro Tag bei Männern und höchstens ein Drink pro Tag bei Frauen angesehen. Je mehr du auf einmal trinkst, desto länger kann es dauern, bis dein Körper diesen Alkohol verstoffwechselt hat. Daher ist ein moderater Alkoholkonsum wichtig. Studien besagen sogar, dass es die beruhigende Wirkung von Alkohol aussetzen oder verlangsamen kann, wenn du Alkohol langsamer trinkst.
2. Lieber ein Drink in der Happy Hour als ein Schlummertrunk
Die richtige Uhrzeit für einen Drink kann ebenfalls dabei helfen, die Qualität deines Schlafzyklus zu erhalten. Die beruhigende Wirkung des Alkohols ist in den ersten Stunden nach dem Genuss am stärksten, erklärt Conroy. Sie empfiehlt, den letzten Drink mindestens drei Stunden vor der geplanten Schlafenszeit zu sich zu nehmen. Wenn du dich entscheidest, keinen Alkohol mehr zu trinken, aber immer noch mit Freund:innen unterwegs bist, solltest du mit Wasser deinen Flüssigkeitshaushalt wieder ausgleichen, empfiehlt Winter.
3. Verzichte eine Woche auf Alkohol
Wie bei den meisten Dingen ist es sehr individuell, wie du auf Alkohol reagierst – und wie er sich möglicherweise auf deinen Schlaf auswirkt. Wenn du vermutest, dass Alkohol deinen Schlaf beeinträchtigt, empfiehlt Conroy, dies auszutesten.
"Verzichte eine Woche auf Alkohol, um herauszufinden, ob sich dein Schlaf verändert. Das kann der Fall sein oder auch nicht", so Conroy weiter. Du solltest dann darauf achten, wie ausgeschlafen oder müde du dich den Tag über fühlst. Alternativ kannst du auch die Schlafprotokollfunktion eines deiner Geräte aktivieren (z. B. deiner Fitnessuhr).
Text von Jessica Migala