Wie sich Stress auf den Körper auswirkt – und was du dagegen tun kannst

Gesundheit und Wellness

Vielleicht bist du dir gar nicht bewusst, welche Auswirkungen Stress tagtäglich auf deinen Körper hat. Im Anschluss erläutern Expert:innen und Wissenschaftler:innen, welche Auswirkungen Stress auf den Körper hat und was du tun kannst, um Stress abzubauen.

Letzte Aktualisierung: 3. März 2023
10 Min. Lesezeit
Die Auswirkungen von Stress auf den Körper – und was du dagegen tun kannst

Stress – der laut der Weltgesundheitsorganisation als "jede Art von Veränderung" definiert wird, die "körperliche, emotionale oder physiologische Beschwerden verursacht" – kann sich im Körper auf viele verschiedene Weisen zeigen.

"Als Stress werden sämtliche realen, wahrgenommenen oder vorhergesehenen Faktoren bezeichnet, die das homöostatische Gleichgewicht stören. Die Stressreaktion darauf ist die Antwort des Körpers, um mit dem Stress umzugehen und das homöostatische Gleichgewicht wiederherzustellen", so Layla Banihashemi, Ph.D., Neurowissenschaftlerin und Assistenzprofessorin für Psychiatrie an der University of Pittsburgh. Die Homöostase ist ein selbstregulierender Prozess, der es einem Organismus, in diesem Fall dir, erlaubt, die innere Stabilität aufrechtzuerhalten, während er sich an veränderte äußere Bedingungen anpasst.

Aber wie genau wirkt sich Stress auf den Körper aus? Es können in Stresssituationen kurzfristige Veränderungen auftreten, wie z. B. ein schnellerer Herzschlag oder schwitzige Handflächen. Die langfristigen Folgen, die mit chronischem Stress in Verbindung gebracht werden, sind beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen und eine schlechtere Immunfunktion.

Physiologische Auswirkungen von Stress auf den Körper

Die Auswirkungen von Stress auf den Körper – und was du dagegen tun kannst

Jeder Mensch verfügt über ein ganz individuelles System zur Reaktion auf Stress. Du kannst dir dieses System als eine Reihe von Reaktionen vorstellen, die es deinem Körper erlauben, innerhalb eines bestimmten Bereichs zu funktionieren, was die Körpertemperatur, den Blutdruck und das Schmerzempfinden angeht, so Shannon Peake, Forschungsassistenzprofessor am Center for Translational Neuroscience der University of Oregon.

Was ist das Stressreaktionssystem?

Die Auswirkungen von Stress auf den Körper – und was du dagegen tun kannst

Dein Stressreaktionssystem lässt deinen Körper innerhalb eines Bereichs funktionieren, der auch als Homöostase bezeichnet wird, so Peake. Wann immer dieser Bereich verlassen wird, springt das Stressreaktionssystem, auch bekannt als Allostase ein. "Es steuert dynamisch, was der Körper braucht, um innerhalb des richtigen Bereichs zu bleiben", sagt Peake.

Das Stressreaktionssystem kann in zwei Bereiche aufgegliedert werden: das vegetative Nervensystem (VNS) und das sympathische Nervensystem (SNS), so Peake weiter.

Das vegetative Nervensystem umfasst einen parasympathischen Teil, der zuständig ist für "Ruhe und Verdauung", sowie einen sympathischen Teil, der über "Flucht oder Kampf" entscheidet, so Banihashemi.

Das parasympathische Nervensystem beruhigt deinen Körper nach einer Bedrohung, einem Notfall oder Sport, erklärt Peake. Darüber hinaus "stellt es Funktionen wieder her, die in Stresssituationen ausgesetzt wurden – wie z. B. Nahrungsaufnahme, Verdauung und Wasserlassen", so Peake weiter.

Das sympathische Nervensystem kann weiter in zwei Reaktionen aufgeschlüsselt werden: die schnelle Adrenalinreaktion (die 2 bis 3 Minuten dauert) und die Cortisolreaktion (die etwas langsamer ist und ungefähr 10 bis 15 Minuten dauert), sagt Peake.

Die Cortisolreaktion wird durch die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) aktiviert. Wenn du in eine gefährliche Situation gerätst, sendet der Hypothalamus eine Nachricht an die Hypophyse in deinem Gehirn, die wiederum eine Nachricht an die Nebennieren sendet, die dann das Cortisol in deinen Blutkreislauf freisetzen.

Die HPA-Achse führt dann letztendlich zur Freisetzung von Glucocorticoiden, also Steroidhormonen, die eine entscheidende Rolle bei der Verstoffwechslung von Glukose, Proteinen und Fett im Körper spielen. Sie liefern auch die Energie für die "Flucht-oder-Kampf"-Reaktion. Cortisol ist das essenzielle Glucocorticoid in deinem Körper, das sich auf Herz, Leber, Immunzellen und Muskeln im Rahmen eines Prozesses auswirkt, der viele Minuten bis zu einer Stunde dauern kann, so Banihashemi.

So äußert sich Stress im Körper

Die Auswirkungen von Stress auf den Körper – und was du dagegen tun kannst

Wenn du eine Bedrohung wahrnimmst, produziert dein Körper Cortisol (ungefähr 15 Minuten nach dem Einsetzen des Stresses). Dadurch bleibt dein Körper weiter aktionsbereit, wenn das Adrenalin langsam abnimmt, so Peake.

Es dauert für gewöhnlich etwa 30 bis 45 Minuten, bis die Cortisolproduktion ihren Höhepunkt erreicht. Sobald der Stressfaktor eliminiert wurde, sinkt der Spiegel langsam ab. Das hängt jedoch davon ab, wie lange du brauchst, um dich zu beruhigen, erklärt Peake. Ähnlich wie Adrenalin führt auch Cortisol zu einem höheren Blutdruck und einer erhöhten Herzfrequenz. Zudem wird dadurch aus der Leber Zucker freigesetzt, der Energie liefert, so Peake weiter. Um Energie zu sparen, werden außerdem Entzündungsreaktionen und die Verdauung herabgesetzt (also Körperfunktionen, die in Stresssituation nur unnötig Energie verbrauchen würden).

Arten von Stress

Die Auswirkungen von Stress auf den Körper – und was du dagegen tun kannst

Du solltest nicht nur verstehen, wie dein persönliches Stressreaktionssystem funktioniert, sondern auch die verschiedenen Arten von Stress kennen.

1. Akuter Stress

Akuten Stress kannst du dir als etwas vorstellen, das einmal passiert und eine (oder mehrere) der oben beschriebenen physiologischen Auswirkungen mit sich bringt. Ein Beispiel für akuten Stress wäre, wenn du dich selbst aus deiner Wohnung aussperrst oder den Wecker nicht hörst und einen Termin verpasst.

"Unser Körper ist gut ausgestattet, um mit akuten Stressfaktoren umzugehen", sagt Banihashemi und fügt hinzu, dass die Stressreaktion dir dabei hilft, mit Stress zurechtzukommen, damit du dein Überleben sichern und anschließend wieder in einen Zustand der Ruhe übergehen kannst.

"Wenn dein Körper akutem Stress ausgesetzt ist, antwortet ein Teil deines Stressreaktionssystems auf die unmittelbaren Auswirkungen. Aber ein anderer Teil deines Stressreaktionssystems nutzt dieses Ereignis, um sich auf ein wiederholtes Auftreten vorzubereiten", so Peake.

Sport beispielsweise ist ein Stressfaktor und der Körper merkt sich, was er getan hat, um diese Stresssituation (ein Workout) durchzustehen. Mit der Zeit werden deine Muskeln stärker und deine Durchblutung und dein Energieverbrauch werden effizienter.

2. Chronischer Stress

Chronischen Stress hingegen kannst du dir als fortlaufenden Stress vorstellen. Wenn du chronischen Stress hast, ist dein Körper stets im Alarmzustand mit einer erhöhten Stoffwechselfunktion, was zu Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes, Angstzuständen, Depressionen und einem geschwächten Immunsystem führen kann, erklärt Peake.

3. Psychischer und sozialer Stress

Möglicherweise bist du auch psychischem und sozialem Stress ausgesetzt, z. B. durch Abgabefristen, finanzielle Schwierigkeiten oder Beziehungsprobleme. Auch wenn diese vielleicht als akuter Stress beginnen, so können psychologische und soziale Stressfaktoren zu chronischem Stress führen. Wenn dies passiert, aktiviert dein Körper Stressreaktionen, die akute Stressfaktoren bekämpfen sollen, "was letztendlich zu einer Fehlanpassung führen und schlecht für die Gesundheit sein kann", so Banihashemi.

Laut Peake wird Stress dann zum Problem, wenn die Stressfaktoren unkontrollierbar werden – was dein Stressreaktionssystem ebenfalls registriert. Möglicherweise beginnen dein Körper und Geist zu denken, dass die Stressfaktoren niemals weggehen werden und außer Kontrolle sind. Dies führt zu erlernter Hilflosigkeit oder du beginnst damit, ungesunde Mechanismen zu entwickeln, um mit dem Stress umzugehen, sagt Peake. Beispiele für fehlangepasste Bewältigungsmechanismen sind Loslösung, Vermeidung und Unterdrückung von Gefühlen.

Kurz gesagt ist Stress unvermeidbar. Aber wie du damit umgehst, kann dein Wohlbefinden immens beeinflussen.

So vermeidest du Stress

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1. Sport treiben

Laut Peake erleben die meisten Menschen sozialen Stress z. B. im Zusammenhang mit der Arbeit oder Beziehungen. Sport kann helfen, mit dieser Art von Stress besser umzugehen.

"Sport ist eine Möglichkeit, Stress zu reduzieren, da er die Art und Weise verändert, wie dein Körper auf Stress reagiert. Du lernst, besser damit umzugehen", so Peake weiter.

Eine systematische Untersuchung und Metaanalyse in einer Ausgabe der Zeitschrift Nature aus dem Jahr 2022 kam zu dem Schluss, dass eine Sporteinheit zwischen durchschnittlich 30 und 60 Minuten den systolischen und diastolischen Blutdruck sowie den Mittelblutdruck junger, gesunder Erwachsener senken kann.

Banihashemi empfiehlt auch achtsames Walking mit tiefen Atemzügen. Dies ist wichtig, da durch das lange Ausatmen dein System vielleicht von einem sympathischen Zustand in einen parasympathischen Zustand wechselt. Du solltest dabei auf die Empfindungen in deinem ganzen Körper achten und die Natur um dich herum genießen, empfiehlt Banihashemi.

(Verwandter Artikel: Wie unterstützt Sport den Stressabbau?)

2. Tiefe Atemzüge, Meditation und Achtsamkeit

Es dauert nur ein paar Minuten, bis du die Vorteile des tiefen Atmens und der Meditation spürst. Es gibt eine Verbindung zwischen deinem Körper und Geist, vor allem in Bezug auf das enterische Nervensystem – das die Nerven in Darm, Herz und der Peripherie umfasst, erklärt Peake. Durch tiefe Atemzüge lässt sich das enterische Nervensystem regulieren, weil dabei das beruhigende parasympathische Nervensystem ausgelöst wird.

Tiefe Atemzüge, Meditation und Achtsamkeit sind auch Methoden, mit denen du psychischen Stress abbauen und verhindern kannst. Darüber hinaus kannst du Stress unabhängig vom Stressfaktor dadurch reduzieren, dass du Probleme angehst und an deiner Wahrnehmung des Stressfaktors arbeitest, so Peake.

3. Schlafen

Eine experimentelle Studie aus dem Jahr 2018 kam zu dem Ergebnis, dass Personen mit Schlafentzug höhere Cortisollevel und mehr empfundenen Stress haben als Personen ohne Schlafentzug. Schlaf unterstützt deine Körperfunktionen und kann Stress durch die Regulierung der HPA-Achse reduzieren. Bei Menschen, die unter Schlafentzug leiden, ist die Aktivität der HPA-Achse erhöht. Schlafmangel führt dazu, dass dein Körper Reparaturarbeiten nicht angemessen ausführen kann, weshalb er mit den Stressfaktoren des nächsten Tages nicht optimal umgehen kann, so Peake. Laut den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) sollten Erwachsene mindestens sieben Stunden Schlaf pro Nacht bekommen.

4. Soziale Unterstützung

Eine andere Möglichkeit, Stress abzubauen, ist es, soziale Unterstützung von Freund:innen, der Familie, der Partnerin oder dem Partner und anderen nahestehenden Personen zu erhalten, die dir in stressigen Zeiten beistehen können.

Laut einer Metaanalyse aus dem Jahr 2017 zum Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und mentaler Gesundheit reduziert soziale Unterstützung die negativen Auswirkungen von mentalem Stress in mehrerlei Hinsicht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass wir uns in schwierigen Momenten unterstützt fühlen, wenn wir jemanden haben, der für uns da ist, und dass andere Bedürfnisse im Hinblick auf emotionale Zuwendung gestillt werden.

Fazit

Vielleicht kannst du Stress nicht ganz vermeiden, aber wenn du verstehst, wie sich Stress kurz- und langfristig auf deinen Körper auswirkt, und Methoden kennst, um Stress zu vermeiden und damit umzugehen, kann sich dies ungemein vorteilhaft auf dein allgemeines Wohlbefinden auswirken. Wenn du dich das nächste Mal gestresst fühlst, nimm dir Zeit für ein paar tiefe Atemzüge, um herunterzukommen, beweg deinen Körper oder hol dir emotionale Unterstützung von deinen Lieben.

Text von Tamara Pridgett

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Ursprünglich erschienen: 3. März 2023

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