Was sind Atemübungen – Und können sie deine Sport-Performance verbessern?

Sport und Bewegung

Wenn du lernst, deine Atmung zu kontrollieren, dann kann das dein Lampenfieber vor einem Wettkampf lindern, deine Ausdauer und Präzision erhöhen und mehr.

Letzte Aktualisierung: 25. Oktober 2022
10 Min. Lesezeit
Was sind Atemübungen? Und kann das deine Sport-Performance verbessern?

Viele von uns denken nicht weiter über ihre Atmung nach. Jedoch können gezielte Techniken, auch als Atemübungen bekannt, nicht nur Stress mindern, sondern auch die Sport-Performance verbessern.

Was sind Atemübungen?

Atemübung ist ein recht breit gefasster Begriff und bezieht sich auf jegliche Art von Atemtraining oder -technik, mit dem wir bewusst unser Atemverhalten verändern.

Im Yoga finden sich Atemübungen in Form des "Pranayama". Eine 2020 in der Fachzeitschrift veröffentlichte randomisierte, kontrollierte klinische Studie Frontiers in Psychiatry ergab, dass Pranayama, eine Reihe kontrollierter Atemübungen, Angst mindert. Mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) fanden Forscher:innen heraus, dass ein Monat Pranayama zu signifikanten Veränderungen der Aktivität und Verbindung von Bereichen im Hirn führt, die für das Verarbeiten von Emotionen und Angst verantwortlich sind.

Atemübungen sind auch eine Schlüsselkomponente anderer Aktivitäten für Körper und Geist wie Pilates und Meditation. Aber Atemübungen sind nicht nur etwas für Yoga und Meditations-Fans. Sie werden auch von Athlet:innen verschiedener Sportarten genutzt, die sich gegenüber ihrer Konkurrenz einen kleinen Vorteil verschaffen wollen.

"Ich würde 'Atemübungen' eher als 'kontrollierte Atmung' oder die Fähigkeit beschreiben, den Atem für sportliche Leistungen oder Wettbewerbe zu steuern", so Dr. Todd Buckingham, leitender Sportphysiologe bei Mary Free Bed Sports Rehabilitation.

Laut Buckingham ist die Fähigkeit, die Atmung zu kontrollieren bei einigen Sportarten wichtiger als bei anderen. Apnoetaucher:innen (die in unterschiedliche Tiefen ohne Tauchausrüstung tauchen), Schwimmer:innen, und Athlet:innen in Zielsportarten (wie Bogenschießen oder Biathlon) sind Beispiele für Sportler:innen, deren Leistung deutlich von Atemkontrolle abhängt.

Für die meisten Athlet:innen ist unzulängliche Atmung nicht annähernd so folgenreich wie beispielsweise für Apnoetaucher:innen. Jedoch kann das Üben von richtigem Atmen beim Trainieren oder das Kontrollieren der Atmung der Sport- und Trainingsleistung zugutekommen.

Ein Ausflug in die Funktionsweise des Atmens

Jeder Atemzug ist der Auftakt eines komplexen Zyklus, der in den Lungen beginnt.

Zuallererst führen deine Lungen Sauerstoff in den Körper. "Dann muss der Sauerstoff in den Blutkreislauf und zum Herz gelangen, wo es in den restlichen Körper gepumpt wird", so Buckingham. Sobald der Sauerstoff wieder in deinem Blut ist, wird er zu den Muskeln transportiert, wo er in Adenosintriphosphat (ATP) umgewandelt wird. ATP ist die Energiequelle, die jede Bewegung antreibt.

Während all dies passiert, wird Kohlendioxid (ein farbloses Gas und Abfallprodukt) aus deinem Blut zu deinen Lungen zum Ausatmen transportiert. Laut dem National Heart, Lung, and Blood Institute wird dieser Prozess Gasaustausch genannt und ist essenziell zum Leben.

Der Prozess ist auch für die Trainings- und Sport-Performance von großer Bedeutung. Wenn du trainierst oder deine Muskeln betätigst, verbraucht dein Körper laut eines Artikels in der Fachzeitschrift Breathe aus dem Jahr 2016 mehr Sauerstoff und produziert mehr Kohlendioxid.

"Eine gute Atmung ist wichtig, um die Atmungsanforderungen eines Trainings zu erfüllen. Dies wirkt sich letztendlich auf den Gasaustausch in den Lungen aus, bei dem Sauerstoff in die Lungen kommt und Kohlendioxid entfernt wird", sagt Dr. Mitch Lomax, Dozent an der University of Portsmouth und Erforscher von Atemeinschränkungen beim Training.

Atemübungen können diesen Prozess je nach Zielen und Bedürfnissen optimieren.

Die Vorteile von Atemübungen

  1. 1.Atemübungen helfen bei Lampenfieber

    Nicht wenige Athlet:innen sind angespannt vor einer Übung oder einem Wettkampf. Leider erhöht die körperliche Reaktion auf Leistungsängste (verspanntere Muskeln, eingeschränktes Sichtfeld, leichter ablenkbar) die Wahrscheinlichkeit von Verletzungen, bemerken die Autor:innen eines Papers im Open Access Journal of Sports Medicine aus dem Jahr 2017.

    Atemübungen vor dem Wettkampf können Nervosität mindern. Das Ein- und Ausatmen durch die Nase (Nasenatmung) kann beruhigen. Nasenatmung ist oft langsamer, was dazu führen kann, dass wir tiefer einatmen, so Lomax. Sie fügt hinzu, dass tieferes Atmen das parasympathische Nervensystem stimuliert – den Teil des Nervensystems, der für das Ausführen der grundlegenden Funktionen des Körpers verantwortlich ist – was eine beruhigende Wirkung hat.

    Box Breathing, eine Form des tiefen Yoga-Atmens, kann noch mehr entspannen, indem sich das Gehirn auf Zählen konzentriert. Laut der Cleveland Clinic atmet man dafür langsam ein und zählt dabei bis vier, dann hält man vier Sekunden lang inne und atmet vier Sekunden lang aus. Danach pausiert man und zählt dabei bis vier. Dann wird dies dreimal wiederholt. Das stille Zählen des Takts kann als Form von Meditation gesehen werden, um das Nervensystem zu beruhigen und einen im Moment zu erden.

  2. 2.Mit Atemübungen kannst du schneller schwimmen

    Schwimmen ist eine der Sportarten, bei der Atemübungen besonders wichtig für Erfolg sind. "Man kann nicht einfach beliebig atmen wie beim Gehen oder Laufen, man muss jedes Einatmen mit dem Armzug koordinieren", sagt Lomax.

    Je mehr Atemzüge man nehmen muss, desto mehr Bewegung muss man am Ende in den Schwimmzug einbringen. Manche werden durch die zusätzliche Bewegung langsamer – erfahrenere Schwimmer:innen aber vielleicht nicht.

    "Das ist der Grund, warum 50-Meter-Sprinter:innen nur einen Atemzug (oder keinen) während des gesamten Rennens nehmen. Das Rennen wird oft durch weniger als eine Zehntelsekunde entschieden. Da zählt jedes bisschen, dass die Schwimmer:innen einsparen können", so Buckingham.

  3. 3.Atemübungen können beim Gewichtheben helfen

    Atemübungen, insbesondere die Valsalva-Methode, können beim Gewichtheben hilfreich sein.

    Bei dieser Methode wird die Atmung angehalten und dann wird gegen die geschlossene Glottis, dem Spalt der beiden Stimmbänder, ausgeatmet. "Es ist, als würde man ausatmen, aber keine Luft entweicht dem Mund", erklärt Buckingham.

    So funktioniert's. Schließ den Mund und drück dann die Nase zusammen, sodass keine Luft aus den Nasenlöchern entweichen kann. Press dann die Luft so heraus, wie du einen Ballon aufblasen würdest. Diese Form der kontrollierten Atmung erhöht laut einer Studie im Journal of Strength and Conditioning Research den Druck in der Bauchwand, wodurch der Rumpf starrer und die Wirbelsäule stabiler wird. So kann man schwerere Gewichte heben, sagt Buckingham.

    Pass jedoch auf, "da die Valsalva-Methode den systolischen Blutdruck erheblich erhöhen und in einigen Fällen zu Bewusstlosigkeit führen kann", warnt er. Wende sie nur unter Anleitung eines zertifizierten Personal Trainers oder einer zertifizierten Physiotherapeutin bzw. eines zertifizierten Physiotherapeuten an. Und meide sie, wenn du hohen Blutdruck hast.

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  4. 4.Atemübungen können die Ausdauer steigern

    Die Atemmuskulatur zu trainieren (die Muskeln, die sich zusammenziehen, um Luft in die Lungen zu drücken) können Kraft und Ausdauer verbessern und Ermüdung bei der Atmung reduzieren. Das wiederum kann sich positiv beim Laufen, Schwimmen, Rudern und Ausdauertraining beim Radfahren bemerkbar machen. Dies gelingt, indem die Herzfrequenz und der Laktatspiegel (ein Indikator für Muskelermüdung) gesenkt werden und das Training sowie die Atmung sich leichter anfühlen, erklärt Lomax.

    In einer kontrollierten klinischen Studie aus dem Jahr 2011 im Journal of Sport Sciences fanden Lomax und Kolleg:innen heraus, dass Läufer:innen, die vier Wochen lang täglich Atemmuskeltraining zur Stärkung des Zwerchfells und der Brustkorbmuskeln betrieben, weiter laufen konnten als die Kontrollgruppe. Läufer:innen bemerkten sogar bessere Resultate, wenn sie Atemmuskeltraining mit Atemmuskel-Warm-ups vor dem Training kombinierten.

    Atemmuskeltraining kann mit einem frei verkäuflichen Handgerät durchgeführt werden. Es gibt verschiedene Methoden, die Atemmuskeln zu trainieren und je nach Gerät variieren sie deutlich. Bevor du dieses Training beginnst, solltest du mit deiner Ärztin oder deinem Arzt abklären, ob diese Methoden potenzielle Gesundheitsrisiken mit sich bringen.

    Lomax wendet oft eine Art von Atemmuskeltraining an, das als Schwellentraining bezeichnet wird. "Beim Schwellentraining atmet man durch ein Mundstück, das mit einem kleinen Gerät verbunden ist, kontrolliert und ruhig mehrere Male oder für eine bestimmte Zeit, und das ein bis zweimal am Tag", sagt sie. "Im Gerät befindet sich ein Ventil, das sich nur öffnet und Luft durchlässt, wenn man sich anstrengt."

    Wenn man täglich Atemmuskeltraining praktiziert, sollten die Atemmuskeln nach ein paar Wochen stärker werden. Jedoch fügt Lomax hinzu, dass es normalerweise vier bis sechs Wochen dauert, bis Änderungen spürbar sind.

    Die Resultate können davon abhängen, wie stark die Muskeln am Anfang waren. Die von Lomax untersuchten Athlet:innen erreichten allerdings bemerkenswerte Verbesserungen in ihrer körperlichen Fitness. Genauer gesagt liefen die Athlet:innen, die kontinuierlich Laufmuskeltraining betrieben, 16 Prozent weiter, bevor sie erschöpft waren. Sie steigerten ihr Schwimmtempo um 2-7 Prozent, waren 115 Sekunden schneller beim 40-Kilometer-Radfahren und schlossen das 5-Kilometer-Rudern 36 Sekunden schneller ab als vor dem Training dieser Muskeln.

    Aber was, wenn man kein Gerät zu Hause oder nicht die finanziellen Mittel dafür hat? Es gibt andere Möglichkeiten, die Atemmuskeln zu stärken, die kaum oder gar kein Equipment erfordern.

    "Manche führen Yoga-Atmung durch, die die Wellness insgesamt verbessern kann. Singen ist auch Bestandteil der Lungenrehabilitation für Personen mit einer Atemmuskelschwäche und Lungenkrankheit wie COPD", so Lomax. "Man könnte auch behaupten, dass das Aufblasen von Ballons eine Art des Atemmuskeltrainings ist."

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  5. 5.Atemübungen verbessern die Genauigkeit bei Zielsportarten

    Atemübungen sind von größter Wichtigkeit, wenn man bei Zielsportarten wie Bogenschießen und Biathlon (ein Wintersport, der Skilanglauf mit Gewehrschießen kombiniert) erfolgreich sein möchte. Laut USA Shooting verursacht das Atmen Bewegung in Unterleib, Brust und Schultern. Dadurch bewegt sich auch die Waffe oder der Bogen erheblich und ein akkurater Schuss wird schwieriger. "Wenn Erfolg von Millimetern abhängt, kann der kleinste Fehler den Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren ausmachen", sagt Buckingham.

    Deshalb ist es für Athlet:innen dieser Sportarten essenziell, zu erlernen, wie sie ihre Atmung richtig koordinieren. "Diese Athlet:innen schießen zwischen den Herzschlägen, was sie durch Atmung steuern", so Buckingham.

Tipps für den Einstieg in Atemübungen

  • Verwende eine App. Calm und Headspace zum Beispiel können dir verschiedene Techniken vermitteln, die dir zu Entspannung verhelfen und dich präsenter werden sowie besser schlafen lassen.

  • Mach Yoga. Atemübungen sind bei jedem Yogastil und bei jeder Übung eine Schlüsselkomponente. Versuch die Anweisungen der Lehrerin oder des Lehrers so gut wie möglich zu befolgen, um mehr Bewusstsein dafür zu erhalten, wie deine Übung von deiner Atmung beeinflusst wird.

  • Probier Box Breathing aus. Box Breathing kann dich beruhigen und Stress mindern. Führ es gleich morgens aus oder nachdem du von der Arbeit gekommen bist. Sobald du es verinnerlichst hast, kannst du es abrufen, wenn du gestresst oder überfordert bist. Folge diesen Schritten der Cleveland Clinic: Atme langsam und zähle dabei bis vier, halte den Atem vier Sekunden lang an. Atme wieder aus und zähle dabei bis vier. Pausiere vier Sekunden lang. Wiederhole es dreimal.

  • Stärke deine Atemmuskeln. Wenn du bereits regelmäßig Krafttraining betreibst und eine zusätzliche Technik suchst, um deine Leistung im Laufen, Radfahren, Rudern oder Schwimmen zu verbessern, probier Atemmuskeltraining aus. Laut Lomax beinhalten die meisten Geräte für Atemmuskeltraining empfohlene Programme. Jedoch solltest du wie bei jedem Trainingsprogramm zuerst mit einer Ärztin oder einem Arzt sprechen, sagt sie.

Text: Lauren Bedosky

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Ursprünglich erschienen: 27. April 2022