Wie ein starker Core wirklich aussieht
Coaching
Das ist kein Sixpack. Das ist ein ganzes Netzwerk an Muskeln, die du möglicherweise nie zu Gesicht bekommst. Hier erfährst du, wie du es trainierst, um Spitzenleistungen zu bringen.
Beim Anblick eines 200 Kilo schweren Sumoringers denkst du wahrscheinlich nicht unbedingt "Wahnsinn, was für Bauchmuskeln!". Das liegt daran, dass sich die meisten Menschen unter starken Bauchmuskeln ein Sixpack vorstellen. Aber in Wahrheit haben starke Muskeln nichts mit sichtbarer Muskeldefinition zu tun. "Diese schwergewichtigen Athleten haben jede Menge Muskeln, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag", erklärt Sue Falsone, klinische Spezialistin für Sportphysiotherapie mit Schwerpunkt Regeneration und Mitglied des Nike Performance Council. "Sumoringer sind ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht zwangsläufig schlank sein muss, um stark und kraftvoll zu sein."
Ob du Gewichtheben auf Wettkampfniveau betreiben, in deiner Softball-Mannschaft herausragend spielen oder einfach nur in deiner Freizeit wandern möchtest: Ein starker, stabiler Core kann jede Art von Bewegung erleichtern und dein Verletzungsrisiko verringern.
Der Core im Detail
Dein Core besteht aus mindestens 30 Muskeln. Die genaue Anzahl variiert, da einige Experten das Zwerchfell und den Beckenboden und sogar den großen Rückenmuskel und die Brustmuskeln mit zum Core zählen. (Was genau der Core ist, wird in der Fitness-Community viel diskutiert.) Laut Dr. Ajit Chaudhari, Professor für Physiotherapie und Direktor des Clinical, Functional, and Performance Biomechanics Laboratory an der Ohio State University, ist man sich aber einig, dass folgende Muskeln definitiv zum Core gehören:
- Gerader Bauchmuskel
Der gerade Bauchmuskel (Musculus rectus abdominis) beginnt am Brustkorb und zieht sich bis zum Becken hinunter. Er ermöglicht, dass sich Brustkorb und Becken bei Sit-ups und Ganzkörperbewegungen wie Werfen, Laufen und Springen aufeinander zubewegen. Dieser Muskel wird auch gerne als "Sixpack-Muskel" bezeichnet, weil Faszienbänder – also das Bindegewebe, das deine Muskeln und Organe umgibt –, den Muskel in sechs oder manchmal sogar acht Bereiche unterteilen. (Übrigens: Dein gerader Bauchmuskel ist wahrscheinlich bereits definiert. Ob man das sehen kann oder nicht, hängt vor allem davon ab, wie viel Fett sich darauf befindet).
- Innere und äußere schräge Bauchmuskeln
Diese Muskeln (Musculus obliquus internus/externus abdominis) befinden sich auf beiden Seiten des geraden Bauchmuskels und werden auch oft einfach "seitliche Bauchmuskeln" genannt. Sie ermöglichen es dir, deinen Rumpf zu drehen, z. B. bei diagonalen Sit-ups.
- Querverlaufender Bauchmuskel und quadratischer Lendenmuskel
Unterhalb des geraden Bauchmuskels und der schrägen Bauchmuskeln liegen auf der Vorder- und Rückseite die tiefen Core-Muskeln, einschließlich des querverlaufender Bauchmuskels (Musculus transversus abdominis), der wie ein Stützkorsett wirkt und der tiefste Core-Muskel ist. Er ist verantwortlich für das Zusammenpressen des Bauchs und erhöht die Spannung in der Faszie, sodass ein stärkeres "Bindegewebenetz" entsteht. Auf beiden Seiten des unteren Rückens befindet sich der quadratische Lendenmuskel (Musculus quadratus lumborum), der beim seitlichen Beugen die gesamte Wirbelsäule stabilisiert.
- Rückenstrecker und Multifidus-Muskulatur
Der Rückenstrecker (Musculus erector spinae) besteht aus den sichtbarsten Muskeln im unteren Rückenbereich. Sie helfen dir, dich sowohl zu strecken als auch seitlich zu beugen. Die kleineren tiefen Muskeln des unteren Rückens wie die Multifidus-Muskulatur (Musculi multifidi, Skelettmuskeln der Rückenmuskulatur) sind winzige Muskeln, die vom unteren Rücken bis hoch zum Kopf verlaufen. Sie helfen, den unteren Rücken zu strecken, und halten die Wirbelsäule aufrecht, damit sie sich nicht zu sehr krümmt.
Zu den weiteren Core-Muskeln gehören der große Lendenmuskel (Musculus psoas major), die Hüftadduktoren und -abduktoren, die Pomuskeln und noch einige andere. Diese sind jedoch mehr an der Funktion des Unterkörpers als an der des Cores beteiligt.
Warum ein starker Core so wichtig ist
"Wenn du dir deinen Körper als Rad vorstellst, hat der Core die Funktion der Radnabe", so Falsone. Wenn du in diesem Bereich stark und stabil bist, können deine Arme und Beine – oder "Speichen", um bei dem Bild des Rads zu bleiben – wirklich gut Kraft erzeugen und absorbieren. Das Laufen fühlt sich leichter an, weil deine Beine die Aufprallkraft bei jeder Bodenberührung deiner Füße besser aufnehmen. Beim Tennis hat deine Vorhand enorme Power, weil du beim Durchschwingen des Schlägers nicht nur mit deinen Armen Kraft erzeugst.
Ein stabiler Core bedeutet auch, dass die "Radnabe" deine Muskeln so steuert, dass sich deine "Speichen" bewegen können, ohne deiner Wirbelsäule zu schaden, erklärt Falsone. Nimm z. B. den Kabelzug-Chop, eine Widerstandsübung mit Rotation, die die oben erwähnte Vorhand imitiert: Wenn du einen starken Core hast, kannst du den Kabelzug mithilfe deiner Schulter- und Armmuskeln in einer gleichmäßigen Bewegung und mit stabilisiertem Rumpf durchziehen. Ohne einen stabilen Core könntest du deinen Rücken bei dieser Übung eventuell ungesund verdrehen oder wärst nicht in der Lage, viele Wiederholungen durchzuführen, weil deine Arme die Hauptarbeit übernehmen, so Falsone.
"Wenn du dir deinen Körper als Rad vorstellst, hat der Core die Funktion der Radnabe."
Sue Falsone
Klinische Spezialistin für Sportphysiotherapie mit Schwerpunkt Regeneration und Mitglied des Nike Performance Council
Wenn der Core schwach und wenig trainiert ist, kann dies auch zu Verletzungen des Unterkörpers führen. Eine kürzlich von Dr. Chaudhari durchgeführte Studie ergab, dass Laufanfänger mit unzureichend stabilem Core anfälliger für Knieprobleme sind. "Bei fehlender Stabilität der Bauchmuskeln ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass du dir das Knie verstauchst oder umknickst", erklärt Dr. Chaudhari. Das liegt daran, dass du im Wesentlichen deinen ganzen Körper statt mit deinem Core mit den Beinen steuerst und stabilisierst.
So stärkst du deinen Core
Du hast wahrscheinlich schon mitbekommen, dass massenweise Crunches nicht die beste Methode sind, um den Core zu kräftigen. Laut Falsone werden sie zum einen oft falsch ausgeführt und sind zum anderen selbst bei korrekter Ausführung nicht gut für die Wirbelsäule.
Ganzkörperübungen, insbesondere unilaterale (d. h. auf einem Bein oder mit einem Arm durchgeführte Übungen), sind da weitaus besser. "Ausfallschritte, besonders wenn du dabei eine Kurzhantel in einer Hand hältst, fordern die Core-Muskeln", sagt Falsone. "Selbst ein einarmiger Bizeps-Curl ist mit etwas Rotation verbunden, gegen die der Körper stabilisiert werden muss. Mach also am besten regelmäßig ein Workout-Programm, das unilaterale Trainingsübungen enthält.
Zusätzlich kannst du mit moderat gezieltem Core-Training gute Resultate erzielen. Dr. Chaudhari empfiehlt, für den Anfang an drei bis fünf Tagen in der Woche fünf bis zehn Minuten ausschließlich die Bauchmuskeln zu trainieren. "Bei den meisten Menschen hapert es an der Ausdauer ihrer Core-Muskeln, daher können ein paar Minuten wirklich hilfreich sein", sagt er. Wenn deine Bauchmuskeln ausdauernd genug sind (Respekt!) oder sich die Übungen zu leicht anfühlen, mach sie einfach doppelt so lang wie angegeben.
Wir beginnen mit dem Bird Dog. Geh dazu in den Vierfüßlerstand und streck dann immer abwechselnd einen Arm und das gegenüberliegende Bein parallel zum Boden in die Länge. Halte diese Position bis zu einer Minute. Eine weitere Übung ist der Dead Bug: Leg dich auf den Rücken, heb die Beine und winkel sie um 90 Grad an. Knie und Hüfte bilden eine Linie, die Unterschenkel sind parallel zum Boden. Streck nun abwechselnd einen Arm nach hinten und das gegenüberliegende Bein nach vorne bis kurz über dem Boden in die Länge. Du kannst auch Planks, seitliche Planks, Bein-Curls auf einem großen Gymnastikball und Ab-Rollouts machen.
Auch wenn du diese "Wahnsinns-Bauchmuskeln" nicht sofort siehst, solltest du doch recht schnell ihre Wirkung spüren – in Form eines besseren, intensiveren Training mit mehr Kraft und allgemein durch eine bessere und schmerzfreie Beweglichkeit.