Ist unruhiger Schlaf wirklich ein Problem?
Coaching
Hier kommt die Antwort für alle, die eine hyperaktive Blase, ein Baby oder viel um die Ohren haben.
Du bist um 23 Uhr ins Bett gegangen und um 7 Uhr aufgestanden. Das sind acht Stunden. Optimal! Aber bevor du jetzt meinst, dass du deine Schlafroutine im Griff hast, müssen wir dich fragen: Wie oft bist du in der Nacht aufgewacht?
Du weißt wahrscheinlich, dass du jede Nacht mehrere Schlafzyklen durchläufst, die mit leichtem Schlaf beginnen und allmählich tiefer werden, um schließlich in den so genannten REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) überzugehen, von dem man annimmt, dass er sich auf Gedächtnis und Stimmung auswirkt. "Die meisten Menschen wachen am Ende eines jeden Schlafzyklus kurz auf", erklärt Dr. Brandon Peters, Schlafmediziner am Virginia Mason Medical Center und Lehrbeauftragter an der Stanford University. Da jeder Schlafzyklus 90 bis 120 Minuten dauert, würdest du dich im Laufe von acht Stunden wahrscheinlich drei- oder viermal etwa eine Minute lang bewegen. Vielleicht drehst du dich nur um oder ziehst deine Decke zurecht. Es ist ganz normal, dass du dich noch nicht einmal daran erinnerst, wach gewesen zu sein. Es ist auch völlig normal, dass du aufwachst, wenn du nachts zur Toilette musst oder wenn jemand (ein Baby, dein schnarchender Hund oder deine Partnerin/dein Partner) Geräusche macht.
Mit der Zeit kann unruhiger Schlaf dazu führen, dass du dich am nächsten Tag weniger ausgeruht fühlst und reizbarer und unkonzentrierter bist.
Dr. Fiona Baker
Leiterin des Human Sleep Research Program am Stanford Research Institute (SRI International) der Stanford University, San Francisco
Wenn du aber während deines ca. achtstündigen Schlafs insgesamt 30 Minuten wach warst, hast du das erlebt, was Expert:innen als unterbrochenen Schlaf bezeichnen. Wenn er nur gelegentlich auftritt, ist das nicht weiter schlimm, aber mit der Zeit kann unruhiger Schlaf dazu führen, dass du dich am nächsten Tag weniger ausgeruht fühlst und reizbarer und unkonzentrierter bist, sagt Dr. Fiona Baker, Leiterin des Human Sleep Research Program am gemeinnützigen Forschungsinstitut SRI International.
Unglaublich, aber wahr: Die Tiefe deines Schlafs kann sich auch auf deine Schmerzempfindlichkeit auswirken. Das besagt eine Studie, die Baker als Co-Autorin im Journal of Pain veröffentlichte. Während der genaue Zusammenhang noch erforscht wird – die Wissenschaftler:innen wissen, dass es mit dem Gehirn zu tun hat –, ist Baker der Überzeugung, dass schon eine Nacht mit schlechtem Schlaf Einfluss darauf haben kann, wie gut du im wahrsten Sinne einen umgeknickten Knöchel oder Muskelkater verschmerzen kannst. Selbst wenn dieser Schmerz nur vorübergehend ist, könnte dein Schmerzempfinden dazu führen, dass du das Gym meidest – oder ganz normal weitertrainierst. Es lohnt sich also, ein (geschlossenes) Auge darauf zu werfen.
Ohne dich unnötig beunruhigen zu wollen, aber auf lange Sicht kann Schlafentzug jeglicher Art zu gesundheitlichen Problemen wie Gewichtszunahme und Insulinresistenz führen, erklärt Dr. Peters und bezieht sich dabei auf eine in der Fachzeitschrift Nature and Science of Sleep veröffentlichte Untersuchung. Wenn du über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten mindestens drei Nächte pro Woche unter Schlafmangel leidest, der dich im Alltag beeinträchtigt, solltest du ein Schlaflabor aufsuchen, um die zugrunde liegenden Probleme zu untersuchen.
Du kannst nicht ganz verhindern, dass du nachts gelegentlich aufwachst. Aber du kannst auf die folgenden wichtigsten Auslöser achten und lernen, sie zu vermeiden.
1. Dein Stresslevel
Manchmal bist du geistig, emotional und/oder körperlich so erschöpft, dass du mühelos einschlafen kannst. Aber wenn du am Ende eines Schlafzyklus aufwachst, kann jeder Stressauslöser, der dich in den "Was wäre wenn"-Modus versetzt – sei es, dass du dir Gedanken über die anstrengende Woche machst, die vor dir liegt, oder du einen Notfall in der Familie hast –, dein sympathisches Nervensystem (deine Kampf-oder-Flucht-Reaktion) triggern und dich am Einschlafen hindern, erklärt Baker.
Tipp: Damit dein Kopf vor dem Einschlafen etwas zur Ruhe kommen kann, solltest du eine To-do-Liste für den nächsten Tag schreiben oder dir eine Yoga- oder Therapiesitzung gönnen (allein die Aussicht darauf ist schon hilfreich), schlägt Baker vor.
2. Dein Schlummertrunk
Du trinkst ein (oder zwei) Glas Alkohol vor dem Schlafengehen und schläfst aufgrund der beruhigenden Wirkung des Alkohols problemlos ein, aber um 2 Uhr morgens bist du wieder hellwach. Vielleicht musst du zur Toilette, aber dein Körper ist auch damit beschäftigt, den Alkohol zu verstoffwechseln, was in der zweiten Nachthälfte zu einem gestörten Schlaf führt, erklärt Baker. Alkohol verändert auch die elektrische Hirnaktivität, die normalerweise während des Schlafs stattfindet, und hält die Herzfrequenz hoch – genau das Gegenteil von dem, was du eigentlich willst.
Tipp: Alkohol solltest du, wenn überhaupt, spätestens einige Stunden vor dem Schlafengehen trinken, rät Baker (also eher einen Happy-Hour-Cocktail statt das Glas Wein nach dem Abendessen).
3. Deine unregelmäßigen Schlafenszeiten
Wenn du jeden Tag zu unterschiedlichen Zeiten zu Bett gehst und aufwachst, kannst du die Regelmäßigkeit deines zirkadianen Rhythmus, also deiner inneren Uhr, durcheinanderbringen, sind sich Baker und Dr. Peters einig. Und wenn deine innere Uhr nicht mit den natürlichen Abläufen von Tag und Nacht (also hell und dunkel) synchronisiert ist, kannst du darauf wetten, dass sie auch nachts aus dem Rhythmus gerät und dein Körper nicht mehr genau weiß, wann Schlafenszeit ist und wann nicht.
Tipp: "Versuch, einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus mit einer festen Weckzeit einzuhalten, auch am Wochenende", empfiehlt Dr. Peters. Wenn möglich, solltest du nach dem Aufstehen 15 bis 30 Minuten Sonnenlicht bekommen, fügt er hinzu. Das kann nämlich deiner inneren Uhr helfen, in Einklang mit dem natürlichen Tagesrhythmus von Sonnenauf- und -untergang zu kommen.
4. Deine Schlafhygiene
"Du solltest dich sicher, geborgen und wohlfühlen, um ein- und durchschlafen zu können", so Baker. Eine entspannende Schlafumgebung hilft deinem sympathischen Nervensystem, abzuschalten und auch dann nicht wieder hochzufahren, wenn du nachts kurz wach wirst, erklärt sie. Dann kann dein parasympathisches Nervensystem (das Ruhe- und Verdauungssystem) die Kontrolle übernehmen und dir helfen, schneller wieder einzuschlafen.
Tipp: Verbanne den Fernseher aus dem Schlafzimmer (oder stell zumindest einen Sleeptimer ein, damit er ausgeschaltet wird), verwende Ohrstöpsel und/oder eine Soundmaschine, App oder Playlist für weißes Rauschen und trage eine Schlafmaske, schlägt Baker vor.
5. Deine mangelnde Müdigkeit
Wenn du zu lange schlaflos im Bett liegst, ist das kontraproduktiv. Das liegt daran, dass du willst, dass dein Körper das Bett mit Schlaf assoziiert, erklärt Dr. Peters. "Wenn wir zu lange wach liegen, assoziieren wir das Bett möglicherweise mit Wachsein oder, schlimmer noch, mit Anspannung und Schlaflosigkeit."
Tipp: Verbring eine Stunde entspannt im Wohnzimmer (lies etwas, schreib Tagebuch, atme langsam/tief, mach Yin- oder entspannendes Yoga, Übungen zur Achtsamkeit oder progressiven Muskelentspannung oder hör Entspannungsmusik), um zur Ruhe zu kommen, bevor du dich in dein Bett einkuschelst. So kann sich deine Müdigkeit auf natürliche Weise einstellen, sagt Baker.
Selbst wenn du diese Ratschläge befolgst, könnte es sein, dass du immer noch um 3 Uhr morgens wach wirst. In diesem Fall funktioniert der uralte Trick mit dem Schäfchenzählen tatsächlich, so Baker. Du kannst es auch mit dieser Übung versuchen: Denk im Bett liegend an deinen Lieblingsort und mach dabei gezielte tiefe Atemzüge.
Funktioniert bei dir nicht? Dann steh auf, wenn du schon länger als 20 Minuten wach liegst (damit du dein Bett nicht mit Wachsein assoziierst), und versuch zu lesen, zu meditieren oder hör Entspannungsmusik. Geh erst wieder zurück ins Bett, wenn dir schon die Augen zufallen. Und gib dem Ganzen Zeit und vertraue auf den Prozess – der Erfolg wird sich einstellen.
Text: Caitlin Carlson
Illustration: Paul Blow
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