So beginnst du mit Gewichtheben – erklärt von Coaches
Sport und Bewegung
Hier erklären Personal Trainer:innen, wie dir ein sicherer Einstieg ins Krafttraining gelingt.
Wenn du in etwas gut werden willst, kannst du mit Training, Beständigkeit und Geduld viel erreichen. Du hast es auf Gewichtheben abgesehen? Dann brauchst du zunächst einmal einen Plan – genauer gesagt einen Trainingsplan. Am besten lässt du dir dabei von Coaches für Krafttraining oder zertifizierten Personal Trainer:innen helfen.
Hier geben dir Miguel Alemar, ACSM-zertifizierter Personal Trainer, und Lexa Henwood, NASM-zertifizierte Personal Trainerin und Coach für funktionalen Kraftaufbau, Tipps, wie du mit Gewichtheben beginnen kannst und helfen dir, dich stärker zu fühlen.
So beginnst du mit Gewichtheben
Schritt 1: Lass dich von Profis beraten
Bevor du loslegst, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit Expert:innen wie zum Beispiel zertifizierten Trainer:innen, Sport-Performance-Coaches oder Physiotherapeut:innen, die mit dir eine Bewegungsanalyse durchführen können. Dabei wirst du auch nach früheren oder aktuellen Verletzungen bzw. damit verbundenen Schmerzen gefragt. Durch diese Beurteilung können sich Coaches außerdem ein besseres Verständnis deiner spezifischen Bewegungsmuster verschaffen. Es werden möglicherweise sogar muskuläre Ungleichgewichte und dominante Muskelgruppen aufgezeigt sowie Bereiche ermittelt, die von Krafttraining profitieren könnten oder denen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
"Ich glaube, die Menschen würden Verletzungen etwas besser vermeiden, wenn sie wüssten, was genau in ihrem Körper vor sich geht", so Henwood. Die Zusammenarbeit mit Personal Trainer:innen kann dir helfen, tiefer in die Thematik einzusteigen. Vielleicht stellst du dabei sogar fest, dass du Bewegungen ausführen kannst, von denen du bisher glaubtest, sie nicht ausführen zu können – und zwar ohne gleich an deine Belastungsgrenze zu gehen. Wenn du dir keine professionelle Unterstützung leisten kannst, findest du auf Plattformen wie YouTube oder Instagram Beispiele für verschiedene Bewegungsanalysen, die du auch bei dir selbst durchführen kannst (manche erfordern jedoch ein zweites Paar Hände). Achte aber in jedem Fall darauf, dass die Trainerin bzw. der Trainer, die bzw. der die Analyse anleitet, qualifiziert ist.
Wenn du mit einer Personal Trainerin bzw. einem Personal Trainer zusammenarbeiten willst, ist es wichtig, dass diese:r von einer anerkannten Stelle zertifiziert wurde. Außerdem sollte sie bzw. er auf die Art des Gewichthebens spezialisiert sein, die du betreiben willst. Wenn du dir unsicher bist, frag potenzielle Trainer:innen, ob sie Beratungsgespräche anbieten, bei denen du mehr über ihren Trainingsstil und ihre Philosophie erfahren, ein Gefühl für ihren Vibe bekommen und alle Fragen stellen kannst, die du bezüglich einer Zusammenarbeit hast. Am besten ist es, wenn dir deine Trainerin bzw. dein Trainer Feedback gibt – also dir zum Beispiel sagt, dass du an deiner Form arbeiten oder gewisse Dinge anders machen musst.
Schritt 2: Mach dich mit den Bewegungen vertraut – ohne Gewichte
Die Bewegungsanalyse ist geschafft! Dann ist es jetzt an der Zeit, mit dem Training zu beginnen. Doch Vorsicht: Es spricht zwar nichts dagegen, mit freien Gewichten zu arbeiten, wenn du aber zum ersten Mal Gewichte hebst oder nach einer längeren Pause wieder damit anfangen willst, solltest du dich zunächst auf Bodyweight-Übungen konzentrieren.
"Bei manchen Bodyweight-Übungen lernst du genau die Bewegungsmuster kennen, die du zum Heben von Gewichten benötigst", so Alemar. Sobald du mit Bodyweight-Übungen vertraut bist und einen Schritt weiter gehen willst, kannst du mit dem Training an Maschinen oder mit freien Gewichten beginnen – je nachdem, womit du dich wohler fühlst bzw. was dir zur Verfügung steht.
(Verwandter Artikel: Was ist ein Calisthenics-Workout?)
Schritt 3: Trainiere mit Geräten
Kraftgeräte wie zum Beispiel eine Maschine für unterstützte Squats oder eine für Beincurls im Sitzen haben den Vorteil, dass du dich mit den entsprechenden Bewegungen und deinem Körper unter Belastung vertraut machen kannst, während du gleichzeitig Kraft aufbaust. Das Gerätetraining ist so gesehen also eine gute Vorbereitung, wenn du später irgendwann mit freien Gewichten trainieren willst.
"Maschinen sind gerade für Anfänger:innen besonders gut geeignet, weil sie in Sachen Form und Stabilität Unterstützung bieten. Auch für Menschen, die schon älter sind oder eine Verletzung erlitten haben, sind sie eine gute Wahl", sagt Alemar.
Wenn du keine Möglichkeit hast, ins Fitnessstudio zu gehen oder anderswo mit Geräten zu trainieren, gibt es einige Modifikationen, die du vornehmen kannst. Dabei kannst du deiner Kreativität freien Lauf lassen. Wenn du nicht weißt, was du tun musst, such ganz einfach online nach der entsprechenden Übung mit dem Stichwort "Modifikationen". Natürlich kannst du dich auch an Expert:innen wie zum Beispiel Trainer:innen wenden. Hier ein Beispiel: Du hast keine Möglichkeit, mit einer Squat-Maschine zu trainieren? Dann mach die Kniebeugen ganz einfach mit Hanteln, einer Kettlebell oder einem Haushaltsgegenstand wie einer Flasche Waschmittel.
Alemar empfiehlt, Geräte für liegende Beincurls, horizontales Beinpressen, sitzendes Rudern am Kabelzug und sitzendes Brustpressen zu verwenden. Diese Geräte sind auch für Anfänger:innen geeignet und ermöglichen die wichtigsten Bewegungsmuster (Push, Pull, Hinge und Squat), sagt er.
Du kannst die vier oben genannten Übungen einzeln in deine Trainingsroutine integrieren oder sie zu einem Workout kombinieren. Mach jeweils drei Sätze und nimm ein Gewicht, das es dir ermöglicht, acht bis zwölf Wiederholungen richtig auszuführen, erklärt Alemar. Greif im Zweifelsfall immer erst zu einem leichteren Gewicht und steigere dich allmählich, anstatt ein zu schweres Gewicht zu wählen und damit das Risiko einer Verletzung oder einer falsch ausgeführten Bewegung einzugehen.
Wenn du mit einer Personal Trainerin bzw. einem Personal Trainier – oder auch mit von vertrauenswürdigen Trainer:innen erstellten Videos – trainierst, kannst du natürlich auch freie Gewichten verwenden. Untersuchungen haben ergeben, dass beide Arten des Krafttrainings (freie Gewichte und Maschinen) zu ähnlichen Ergebnissen führen können.
Weitere Tipps für den Einstieg ins Gewichtheben
Wie finde ich heraus, welche Art von Training ich machen sollte?
Was den Trainingssplit anbelangt, kommt es laut Henwood vor allem darauf an, welche Ziele du verfolgst und an wie vielen Tagen in der Woche du Gewichte heben kannst. Wenn du nur ein- bis zweimal pro Woche trainieren kannst, empfiehlt sie ein Ganzkörperworkout, "weil du damit alles Wichtige abdeckst [und] kein Bereich zu kurz kommt".
Die Meinungen von Expert:innen zu Trainingsplänen gehen weit auseinander, was auch in Ordnung ist. Das Wichtigste ist, dass dir dein Trainingsprogramm Spaß macht und du es auch auf lange Sicht beibehalten willst. Du entscheidest schlussendlich, was am besten für dich funktioniert. Indem du dir Rat von Profis einholst, die deine Ziele kennen und wissen, was zu dir und deinem Lebensstil passt, tust du dir jedoch einen großen Gefallen.
Wie oft sollte ich Gewichte heben?
Anfänger:innen empfiehlt Alemar, an drei Tagen pro Woche mit Gewichten zu trainieren (oder sich hochzuarbeiten) und immer einen Tag Pause dazwischen zu machen. Das gilt besonders dann, wenn du Ganzkörperworkouts machen und nicht nur einzelne Muskelgruppen pro Session trainieren willst.
Er fügt hinzu, dass Erholungstage die Regeneration fördern und das Leistungsniveau konstant hochhalten. So verhinderst du, dass du dich zum Beispiel aufgrund von übermäßiger Belastung erschöpft fühlst.
Alemar rät davon ab, beim Training Muskelgruppen zu isolieren. Laut ihm sollten Anfänger:innen hauptsächlich Ganzkörpertrainings mit komplexen Bewegungen absolvieren, wodurch mehrere Gruppen großer Muskeln auf einmal trainiert werden, und zusätzlich dazu so genannte Accessory Lifts machen – also Übungen, mit denen kleinere Muskelgruppen angesprochen werden, wie zum Beispiel die Außenrotation im Sitzen für die Rotatorenmanschette.
Wenn du gerade erst mit dem Gewichtheben anfängst, integriere zunächst einzelne Übungen in deine Routine. So verhinderst du, dass du dich gleich zu Beginn zu sehr verausgabst und überfordert fühlst, erklärt Henwood. Ein Beispiel: Wenn du Langstreckenläufer:in bist und in Zukunft auch Gewichte heben willst, dann solltest du zunächst nur eine Krafttrainingssession in deine wöchentliche Routine integrieren, anstatt gleich von null auf hundert zu gehen. Je nachdem, wie du dich fühlst, kann es sein, dass du dein Laufpensum (oder andere Trainingseinheiten) anpassen musst. Am besten ist es, wenn du einfach immer auf deinen Körper hörst.
Es ist wichtig, am Anfang nicht mehr als eine Stunde zu trainieren, da der Körper nur ein gewisses Maß an Energie zur Verfügung hat. Das sei deshalb erwähnt, weil Anfänger:innen in der Regel dazu neigen, zu schnell zu viel zu machen, so Alemar. Beachte, dass es zur optimalen Trainingsdauer zwar unterschiedliche Erkenntnisse gibt, die meisten Personal-Training-Sessions (und Gruppenfitnesskurse) aber oft nicht länger als eine Stunde gehen. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn du zu lange trainierst, riskierst du, dass sich deine Muskeln nicht mehr so gut erholen.
Zu langes Training ohne ausreichende Regeneration führt dazu, dass die durch das Training verursachte Erschöpfung nicht richtig ausgeglichen wird, was sich wiederum negativ auf deine Performance auswirken kann. Wenn dann nicht sofort gehandelt wird, kann es sogar zum so genannten Übertrainingssyndrom kommen – einem Zustand, der die Leistungsfähigkeit aufgrund von trainingsbedingten und nicht trainingsbedingten Stressfaktoren langfristig verringert. Zu den Symptomen gehören Müdigkeit, Depression, Antriebslosigkeit, Schlaflosigkeit und Konzentrationsschwäche.
(Verwandter Artikel: Was versteht man unter einem Übertrainingssyndrom – und wie lässt es sich vermeiden)
Wie intensiv sollte ich trainieren?
Henwood erklärt, dass es nicht erstrebenswert sein sollte, sich nach einer Session total erschöpft zu fühlen. Dein Training sollte dich zwar fordern, aber nicht völlig auslaugen. Das bedeutet, dass du anschließend keine Schmerzen beim Hinsetzen, Treppensteigen oder sonstigen alltäglichen Bewegungen haben solltest. Kraft und Muskelmasse lassen sich nur dann aufbauen, wenn deine Muskeln genügend Zeit zur Regeneration haben. Und das haben sie nicht, wenn du jeden Tag aufs Neue an dein Limit gehst, sagt sie.
Damit deine Gelenke auch langfristig gesund bleiben, solltest du laut Alemar Gewichte wählen, die nicht zu schwer (aber auch nicht zu leicht) sind. Untersuchungen haben ergeben, dass mehr Wiederholungen bzw. Training bis zur Ermüdung mit leichteren Gewichten die gleichen Ergebnisse (eine Zunahme an Muskelkraft und -größe) erzielen können wie weniger Wiederholungen mit schwereren Gewichten.
Wie entwickle ich die richtige Technik?
In Sachen Technik gibt es eine Menge zu beachten. Am besten arbeitest du mit einem Profi zusammen, um die richtige Technik für bestimmte Bewegungen zu erlernen. Es gibt jedoch auch ein paar Basics, die du direkt umsetzen kannst. Achte bei Unterkörperübungen wie Squats darauf, dass deine Füße etwa hüftbreit auseinander stehen, so Alemar. Bei den meisten Druck- und Zugbewegungen (z. B. Bankdrücken und Deadlifts) ist es wiederum wichtig, dass die Handgelenke gerade sind. Sind sie das nicht, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass du ein leichteres Gewicht wählen solltest.
Was sollte ich vor dem Gewichtheben tun?
Generell gilt: Wärm dich immer auf, achte auf die richtige Technik und verfolge deinen Trainingsfortschritt. Unabhängig von deinen persönlichen Zielen ist es außerdem wichtig, dass du Lebensmittel zu dir nimmst, die dich bei deinen Workouts und im Laufe des Tages mit genügend Energie versorgen. Wenn du diesbezüglich Unterstützung brauchst, wende dich am besten an ausgebildete Ernährungsberater:innen. Neben der Ernährung sind auch Regenerationsmaßnahmen wie der Einsatz von Faszienrollen, Tiefenmassagen und ausreichend Schlaf zu berücksichtigen.
Text von Tamara Pridgett