So kannst du länger laufen, ohne müde zu werden
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Sportphysiolog:innen teilen Tipps, wie du sicher und effizient länger laufen kannst.
Ganz gleich, ob du Laufanfänger:in bist oder eine längere Pause eingelegt hast: Es kann einige Zeit dauern, bis du körperliche und mentale Ausdauer aufgebaut hast. Kurze Distanzen mögen anfangs anstrengend sein, aber wenn du strategisch planst, wie du deine Laufleistung steigerst und deine aerobe Ausdauer und Kraft aufbaust, kannst du deine Ziele effizient und sicher erreichen.
Im Folgenden erklären Sportphysiolog:innen, wie du länger laufen kannst, ohne zu ermüden.
So steigerst du deine aerobe Ausdauer schrittweise
Du kannst deine aerobe Ausdauer auf verschiedene Art trainieren, um dich auf längere Läufe vorzubereiten.
Strategie 1: Mehr Zeit auf den Beinen
"Einer der hilfreichsten Tricks für den Aufbau von Ausdauer besteht darin, sich auf die Laufdauer zu konzentrieren und nicht auf die Strecke", sagt Kaleigh Ray, Biomechanikerin und ACSM-zertifizierte Sportphysiologin. "Vielleicht hast du schon von der sogenannten Time-on-Feet-Technik gehört."
Wenn Ray, eine Ultraläuferin, ihre Ausdauer für den nächsten Wettkampf verbessern will, steigert sie sich schrittweise, indem sie 5 bis 10 Minuten länger läuft. Für Laufanfänger:innen reichen jedoch auch 1 oder 2 Minuten. Wenn du also am Montag 10 Minuten läufst, dann solltest du zum Beispiel am Mittwoch 11 oder 12 Minuten anstreben.
Anfänger:innen versuchen oft, Geschwindigkeit und Ausdauer gleichzeitig zu steigern, was nicht der effizienteste Weg ist, erklärt Ray. Schneller zu laufen, hat keinen Vorteil, wenn du an deiner Ausdauer arbeitest, sagt sie. Die Laufdauer bleibt nämlich gleich, egal in welchem Tempo du läufst.
Wenn du 20 Minuten schaffst, empfiehlt Ray, dich wöchentlich zu steigern statt bei jedem Lauf. So kannst du ein paar kürzere, leichtere Läufe in deine Woche einbauen.
Strategie 2: Joggen/Gehen
Es gibt aber noch eine andere Art, wie die Ausdauer beim Laufen verbessert werden kann. Wenn du auch Walking in dein Training einbaust, dient das der aktiven Regeneration.
"Wenn du deine Ausdauer aufbaust, kannst du mit einem Lauf-/Gehprogramm beginnen, z. B. 400 m laufen und dann 800 m gehen", sagt Alison Ball, Sportphysiologin bei OSF HealthCare und erfahrene Ultraläuferin. "Auf diese Weise kannst du deine Laufstrecke und -zeit allmählich verlängern und gleichzeitig deine Gehstrecke und -zeit Woche um Woche verkürzen."
Schwieriger wird's, wenn du eine Treppe oder einen Hügel hochgehst oder -läufst, sagt Ball. "So muss sich der Körper kurzzeitig mehr anstrengen, was wiederum die Ausdauer verbessert."
Grundlegendes zur wahrgenommenen Anstrengung
Ganz gleich, für welche Strategie du dich entscheidest – um die Laufdauer zu erhöhen, ohne so schnell zu ermüden, solltest du unbedingt auf die wahrgenommene Anstrengung (Rate of Perceived Exertion, RPE) achten. So verhinderst du, dass du zu früh in deinem Training zu schnell läufst.
"Die typische RPE-Skala reicht von 1 bis 10, aber es gibt auch Variationen, die von 6 bis 20 reichen", sagt Ray. "Die meisten Läufer:innen und Trainer:innen verwenden die Skala von 1 bis 10, weil sie intuitiver ist: 1 entspricht einer sehr geringen Anstrengung, während 10 für maximale Anstrengung steht."
Im Wesentlichen gliedert sich die RPE-Skala wie folgt:
1–4: Leichte Anstrengung; du kannst ein Gespräch führen
4–6: Moderate Anstrengung; du kannst noch sprechen, atmest aber schwerer
6–9: Moderate bis starke Anstrengung; in diesem Bereich fällt das Laufen schwerer, was zu kurzen, schnellen Atemzügen führt
9–10: Maximale Anstrengung
Für das Ausdauertraining empfehlen Ray und Ball Läufe in einem Tempo, das sich zwischen einem RPE-Wert von 3 und 6 bewegt. "Mit einer leichten bis moderaten Anstrengung stellen Läufer:innen sicher, dass sie bis zum Schluss durchhalten", sagt Ray. "Ich empfehle, möglichst nahe an einer 3 zu bleiben, aber einige Läufer:innen können es nicht vermeiden, diesen RPE-Wert zu überschreiten."
Je länger du läufst, desto geringer wird dein Tempo, während die wahrgenommene Anstrengung steigt. Das ist völlig OK. Es ist ganz natürlich, dass sich dein Körper mehr anstrengen muss, um dein Tempo über einen längeren Zeitraum zu halten. "Das Wichtigste ist, dass du am Anfang dein Tempo drosselst, um diese höhere RPE so lange wie möglich hinauszuzögern."
Ball zufolge solltest du deine wöchentliche Laufleistung nur um 10 Prozent erhöhen. "Wenn du letzte Woche 25 km gelaufen bist, dann solltest du diese Woche nur 2,5 km hinzufügen", sagt sie.
Deine Geschwindigkeit kannst du mit Hügel- oder Intervalltraining verbessern. Laut Ball sollte der RPE-Wert bei 6 bis 8 liegen.
Andere wichtige Faktoren
Crosstraining
Du kannst deine aerobe Ausdauer steigern, ohne zu laufen. Durch Crosstraining mit anderen aeroben Übungen wie Radfahren oder Schwimmen kann sich dein Körper vom Laufen erholen, da andere Muskelgruppen beansprucht werden. "Ich würde vorschlagen, diese Aktivitäten ein- bis zweimal pro Woche durchzuführen", sagt Ball.
Wenn du an deinem Erholungstag Crosstraining betreibst, fördert das die Regeneration nach einer harten Laufwoche. Achte beim Radfahren auf einen geringen Widerstand. Ball zufolge sollte der RPE-Wert bei 4 oder 5 liegen. Tempoläufe oder Hügeltraining kannst du durch intensives Schwimmen oder Radfahren ersetzen. "Beim Intervalltraining auf dem Fahrrad kannst du zwei Minuten lang stärker in die Pedale treten oder einen stärkeren Widerstand wählen und dann die Intensität für eine Minute verringern", sagt Ball.
Neben dem Lauftraining eignet sich auch ein HIIT-Workout, um deine Ausdauer zu steigern. "High Intensity Interval Training ist eine hervorragende Möglichkeit, um deine maximale Sauerstoffaufnahme, auch VO2max, zu verbessern", so Ray. Die VO2max gibt an, wie effizient dein Körper Sauerstoff verwertet, wenn du trainierst. "Du kannst ein herkömmliches HIIT-Workout machen, das Übungen wie Mountain Climbers, Burpees und Jumping Jacks beinhaltet", erläutert Ray.
Krafttraining
Besonders wichtig für Läufer:innen ist ein solides Krafttrainingsprogramm. "Krafttraining hilft beim Aufbau von Muskelfasern", erklärt Ball. "Wenn du schwere Gewichte mit weniger Wiederholungen hebst, werden Typ-II-Muskelfasern aufgebaut. Diese sind für die Kraft verantwortlich." Kraft ist zum Beispiel beim Sprinten wichtig. "Leichtere Gewichte und mehr Wiederholungen führen dazu, dass du länger laufen kannst, da du deine Typ-I-Muskelfasern trainierst", sagt Ball.
Versuche, mindestens zweimal pro Woche Gewichte zu heben. An einem Tag solltest du schwerere Gewichte wählen und am anderen Tag leichtere, empfiehlt Ball.
Achte beim Laufen auf eine ausreichende Energie- und Flüssigkeitszufuhr
Wenn deinem Körper die Nährstoffe zum Durchhalten fehlen, könntest du dich bereits zu Beginn deines Trainings müde fühlen, was deine Leistung beeinträchtigen kann. Das kannst du vermeiden, indem du dich beim Laufen mit Energie und Flüssigkeit versorgst. "Wenn du mehr als 45 Minuten in einer heißen Umgebung oder mehr als eine Stunde bei kaltem Wetter läufst, ist es wichtig, dass du während des gesamten Laufs Wasser trinkst", sagt Ray. Nimm eine Wasserflasche mit und trink etwa alle 10 Minuten ein paar Schlucke Wasser, vor allem bei längeren Läufen. Fortgeschrittenen empfiehlt sie, alle 45 Minuten etwa 100 Kalorien zu sich zu nehmen.
Priorisiere Erholung
Es ist wichtig, dass sich der Körper nach einem Trainingslauf erholt, um als Athlet:in Fortschritte zu machen. Wenn du dich nicht ausruhst, schlecht schläfst und andere Regenerationsmethoden wie z. B. Massagen mit der Faszienrollen auslässt, steigt das Risiko für Überlastungsverletzungen wie das Schienbeinkantensyndrom oder Plantarfasziitis. "Einer der wichtigsten Faktoren beim Aufbau von Ausdauer ist es, konsequent zu bleiben", so Ray. "Das geht nur, wenn du unverletzt bleibst." Nimm Beweglichkeitsübungen in deine Trainingsroutine auf, um deine Muskeln, Sehnen und Gelenke auf Bewegung vorzubereiten.
Mentales Durchhaltevermögen
"Einige Läufer:innen haben Probleme mit dem mentalen Aspekt des Ausdauerlaufens", sagt Ray. So kann es nach einem langen Arbeits- oder Schultag schwerfallen, das Trainingsprogramm durchzuziehen, weil man geistig erschöpft ist. Ausdauer zu entwickeln, erfordert mentales Durchhaltevermögen.
"Ich empfehle, positive Bewältigungsstrategien zu entwickeln, um nicht nachzulassen", so Ray. Mit Freund:innen zu laufen und mindestens einmal pro Woche alleine und ohne Musik zu trainieren, kann die mentale Ausdauer steigern, erklärt sie.
Verfasst von Cheyenne Buckingham