Hilft Kreatin beim Muskelaufbau? Expert:innen klären auf
Ernährung
Wird dieses gängige Nahrungsergänzungsmittel für Krafttraining seinem Ruf gerecht? Das sagen Ernährungsexpert:innen.
Was den Muskelaufbau angeht, gibt es leider kein Wundermittel. Training ist das A und O.
Und auch wenn du an Workouts nicht vorbeikommst, kannst du mit Ernährung und anderen Hilfsmitteln deine Fitnessziele schneller erreichen. Die richtige Energie- und Flüssigkeitszufuhr zum Beispiel kann förderlich für das Muskelwachstum sowie die Regeneration sein und selbst zu einem besseren Schlaf beitragen. Aber wie ist es mit Nahrungsergänzungsmitteln wie Kreatin? Hilft Kreatin beim Muskelaufbau?
Hier klären Ernährungsexpert:innen auf, was die Wissenschaft sagt und was reines Marketing ist.
Was ist Kreatin?
Kreatin ist eine natürliche Verbindung, auch bekannt als Aminosäure, die in den Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse entsteht. Jedoch ist es laut Lenka Shriver, Ph.D., Ernährungsforscherin und Professorin an der Fakultät für Ernährungswissenschaften der University of North Carolina in Greensboro, hauptsächlich in den Skelettmuskeln (den Muskeln, die beim Training und bei den alltäglichen Aktivitäten beansprucht werden) zu finden.
Wenn sich der Muskel zusammenzieht, wird mithilfe der Aminosäure Energie produziert. Sie spielt außerdem eine wichtige Rolle nach kurzen Übungen von maximaler Intensität wie Gewichtheben und Sprints, da sie die Energiespeicher wieder auffüllt.
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"Obwohl im Körper täglich etwa ein Gramm Kreatin hergestellt wird, kann es auch extern durch die Nahrung bereitgestellt werden", sagt sie. "Dies bedeutet, dass der Kreatinspiegel je nach Nahrungsaufnahme bei jedem Menschen variiert."
Da Kreatin überwiegend in Fleisch und Fisch vorkommt, ist der Kreatinspiegel von Menschen, die tierische Produkte verzehren, tendenziell höher als bei denen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren", fügt sie hinzu.
Kreatin ist auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Die meisten Produkte enthalten Kreatin in Form von Kreatinmonohydrat. Laut Shriver ist dieses das am meisten erforschte. Wenn du also Studien über Kreatin und Nahrungsergänzungsmittel liest, wird es sich höchstwahrscheinlich um Monohydrat handeln.
Wie hilft Kreatin beim Muskelaufbau?
Wenn du vor oder nach dem Workout Nahrungsergänzungsmittel mit Kreatin zu dir nimmst, soll dies zu einem effektiveren Muskelaufbau führen. Dies bedeutet, dass du bei Krafttraining durch diese Art von Nahrungsergänzung die Effizienz verbessern kannst.
So funktioniert's: Kreatin steigert die Produktion von Adenosintriphosphat (ATP), das die Zellen für Energie und die Muskeln zur Kontraktion verwenden. Der Körper speichert nicht viel ATP und wenn es aufgebraucht ist, dauert es eine Zeit, bis es sich wieder auffüllt. Kreatin beschleunigt die ATP-Produktion. Die Wartezeit entfällt sozusagen.
Wenn der Kreatinspiegel im kontrahierenden Muskel ausreichend ist, wird die Art von Energie wirksamer zur Verfügung gestellt, die der Muskel bei der Arbeit benötigt, so Shriver.
"Ein Nahrungsergänzungsmittel mit Kreatin kann den Kreatinspiegel im Muskel um 20 bis 40 Prozent erhöhen", erklärt sie.
Von selbst erhöht sich dadurch die Muskelmasse nicht. Aber dieser Effekt kann laut Shriver zu Muskelaufbau führen. Ist in den Muskeln mehr Energie, oder ATP, gespeichert, ermüden sie nicht so schnell – und das bedeutet, dass du normalerweise die Anzahl der Wiederholungen beim Widerstandstraining erhöhen und schwerere Gewichte heben kannst, oder beides. Machst du Intervalltraining wie HIIT, kannst du wahrscheinlich die Anstrengung steigern und mit höherer Intensität trainieren. Du bekommst zwar keine Superkräfte, so Shriver, aber die Energiesteigerung kann immerhin so groß sein, dass du deine Leistung verbesserst.
"Dank dieser Fähigkeit kannst du die Muskelmasse erhöhen und die Muskelkraft sowie die Leistung mit der Zeit verbessern", sagt Shriver.
Häufige Fehler bei der Verwendung von Kreatin
Wenn du "Kreatin-Nahrungsergänzungsmittel" im Internet suchst, findest du eine Vielzahl an Produkten, hauptsächlich Pulver und Kapseln. Manche Kreatinprodukte beinhalten andere Zutaten und werden als Post-Workout-Booster beworben. In anderen ist außer Kreatin nichts enthalten. Für welches Produkt soll ich mich entscheiden?
1.Vergewissere dich, dass das Produkt sicher ist
"Einer der häufigsten Fehler bei der Wahl eines Kreatinprodukts ist, sich für Produkte zu entscheiden, bei denen nicht von einer externen Stelle zertifiziert wurde, dass diese sicher zu verwenden sind und keine verbotenen Substanzen enthalten", sagt Ashley Harpst, registrierte Ernährungsberaterin.
Sie empfiehlt Produkte mit dem Zertifikat NSF Certified for Sport – besonders, wenn du regelmäßig an Events teilnimmst, bei denen auf Substanzen getestet wird.
2.Höhere Dosen führen nicht zu mehr Muskelaufbau
Selbst wenn du dich für eine zertifizierte Marke entscheidest, könnte es passieren, dass du bei empfohlener Dosis keinen Unterschied bemerkst. Laut Shriver liegt dies daran, dass manche Menschen nicht auf Kreatin reagieren. Unabhängig von der Dosis kann bei diesen eine Veränderung der Kraft, Leistung oder Performance ausbleiben.
Sie sagt, dies kann umso mehr der Fall sein, wenn du einen natürlich hohen Kreatinspiegel im Körper hast – die meisten Vorteile stellen sich bei Menschen mit niedrigem Spiegel ein. Wenn du einen Monat lang Kreatin ausprobiert und keine Ergebnisse bemerkt hast, empfiehlt sie, es nicht weiter zu verwenden. Auch das Erhöhen der Dosis ist in diesem Fall nicht ratsam.
3.Kreatin bringt ohne Krafttraining nichts
Ein weiterer Fehler ist, Kreatin einzunehmen, ohne zu trainieren, so Hnatiuk. Das Präparat selbst bietet keine Vorteile – es steigert nur die Energieproduktion in deinen Muskeln. Aber wenn du das Präparat ohne Training einnimmst, vergeudest du die Chance, die Energie zum Aufbau von Kraft und Leistung zu verwenden.
"Du musst tatsächlich trainieren, um Leistung, Kraft und Muskelmasse zu erhöhen", sagt sie.
Tipps zur Verwendung von Kreatin-Nahrungsergänzungsmitteln
Es gibt zwei Möglichkeiten, mit Kreatin-Nahrungsergänzungsmitteln den Kreatingehalt in den Muskeln zu maximieren, so Shriver. Bei beiden Ansätzen steht die anfängliche Dosis und die über die Zeit eingenommene im Mittelpunkt. Du solltest dich jedoch an deine Ärztin bzw. deinen Arzt oder eine Gesundheitsexpertin bzw. einen Gesundheitsexperten wenden, bevor du neue Nahrungsergänzungsmittel ausprobierst.
- Erste Möglichkeit: Nimm vier Wochen zwei bis fünf Gramm pro Tag ein.
- Zweite Möglichkeit: Nimm fünf Tage lang eine tägliche Belastungsdosis von 20 Gramm ein – verteil sie aber auf vier Dosen von fünf Gramm pro Tag, anstatt alles auf einmal einzunehmen. Geh dann für die folgenden drei Wochen und zwei Tage auf zwei bis fünf Gramm pro Tag über.
Bei beiden Möglichkeiten wurde eine Sättigung der Skelettmuskeln mit Kreatin festgestellt, so Shriver. Also ist es eher eine Sache der Präferenz. Einigen Menschen verhilft diese anfängliche hohe Dosis zu einer Art Jumpstart. Andere bevorzugen die moderate Dosierung aus Möglichkeit eins.
Du bist nicht sicher, wofür du dich entscheiden sollst? Probier beide aus und halte dazwischen eine "Washout-Zeit" von sieben bis 14 Tagen ein. Halte diese "Washout-Zeit" auch zwischen jeder einzelnen Vier-Wochen-Session ein.
Dadurch kann das zusätzliche Kreatin aus den Muskeln gespült werden, damit sich dein Kreatinspiegel wieder einpendelt. Eine neue Vier-Wochen-Session mit Kreatin-Nahrungsergänzungsmittel kann die Spitzenleistung und das Hebevolumen weiter erhöhen, so Shriver.
Wann sollte ich Kreatin am besten einnehmen?
Da Kreatin Energie bei Aktivitäten mit hoher Intensität liefert, solltest du Kreatin am besten kurz vor oder nach einer Übung einnehmen, sagt Stephanie Hnatiuk, registrierte Ernährungsberaterin, die auf sportliche Performance spezialisiert ist. Eine Ausnahme ist die "Belastungs"-Strategie, bei der du die Dosen über den Tag verteilst.
"Viele wissen nicht, dass sich Kreatin leichter in heißen als in kalten Getränken auflösen lässt", sagt sie. "Die klumpige Konsistenz von Kreatinpulver ist nicht gerade beliebt. Wenn du es in ein Heißgetränk wie Kaffee oder Tee mischst, löst es sich besser auf."
Nimm das Kreatin am besten zusammen mit Kohlenhydraten ein, denn dadurch wird es besser aufgenommen", fügt sie hinzu. Und da Kreatin oft Wasser in deine Muskelzellen zieht – manche kennen das auch als "Wasser einlagern" – ist es besonders wichtig, mehr als sonst zu trinken, um diesem Effekt entgegenzuwirken. Der Rest deines Körpers braucht schließlich auch Flüssigkeit.
Text: Elizabeth Millard, ACE-zertifizierte Personal Trainerin