Mit Heißhungerattacken umgehen lernen

Coaching

In diesem Artikel geht es nicht darum, generell auf Süßes oder Salziges zu verzichten. Vielmehr erfährst du, wie du bewusst mit Versuchungen und Heißhungerattacken umgehst und dich weiterhin gesund ernährst.

Letzte Aktualisierung: 29. Juni 2022
6 Min. Lesezeit
  • Wenn du lernst, bestimmte Auslöser (auch Trigger genannt) und fehlende Ernährungsbausteine zu erkennen, bekommst du deine Heißhungerattacken besser in den Griff.
  • Gönn dir Süßigkeiten oder Chips! Der Trick besteht darin, mithilfe eines Bewertungssystem zu beurteilen, wie sättigend sie wirklich sind, bevor du sie weiter isst.
  • Wenn du deine Ernährung abwechslungsreich gestaltest, konzentrierst du dich auf die vielen Möglichkeiten, die du hast – und nicht auf das, was nicht erlaubt ist. Das ist der Schlüssel für eine langfristig gesunde Ernährung ohne Heißhungerattacken.


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5 Tipps von Experten zum Bezwingen von Heißhungerattacken

1. Schokolade
2. Eis
3. Pommes frites
4. Pizza
5. Kekse

Wenn dir bei dieser Liste das Wasser im Mund zusammenläuft und dein Magen knurrt, dann bist du nicht allein: Das sind die Produkte, auf die Menschen laut Studien bei Heißhungerattacken am häufigsten zurückgreifen.

Aber was ist eine Heißhungerattacke und woher kommt sie? Sehen wir uns das mal genauer an, damit du verhindern kannst, dass Heißhungerattacken deine guten Ernährungsvorsätze und deinen Progress insgesamt sabotieren.

Verlangen verstehen lernen

Eine Heißhungerattacke ist einfach gesagt das plötzliche, unwiderstehliche Verlangen, etwas zu essen, und das meistens in großen Mengen. Und dabei geht es dann leider meist um Dinge, bei denen dein Personal Trainer/Coach/deine Ärztin oder dein Arzt den Kopf schütteln würde. Solche Attacken überfallen dich vor allem, wenn du Hunger hast und dein Blutzuckerspiegel und deine Energiereserven im Keller sind. Das sind die besten Voraussetzungen dafür, erklärt Katherine Haysbert, ausgebildete Ernährungsberaterin und Gesundheitsköchin. Aber Heißhungerattacken können auch auftreten, wenn du satt bist. Wer hat nicht schon einmal nach einem Drei-Gänge-Menü eine Riesenportion Eis verdrückt?

Wenn du einer Heißhungerattacke nachgibst, hast du das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Und das stimmt in gewisser Weise auch. Unser Körper verfügt über ein "Genuss-System". In Kombination mit deinem Appetit steuert es deine Essentscheidungen. Dabei geht es darum, sich mit einem bestimmten Lebensmittel zu "belohnen", erklärt Dr. Krista Scott-Dixon, Programmleiterin bei Precision Nutrition.

Heißhungerattacken haben nichts mit dem Hunger zu tun, den du kennst, wenn du zum Beispiel das Frühstück ausfallen lässt und dann ein paar Stunden später beim Anblick eines Sandwiches kaum an dich halten kannst. Die meisten Heißhungerattacken haben eine psychologische Ursache. Scott-Dixon nennt das "emotionale Betäubung": Essen kann trösten. Der Keks, den du gerade verschlingst, erinnert dich zum Beispiel vielleicht eigentlich an deine Kindheit, und dieses nostalgische Gefühl tut einfach gut.

5 Tipps von Experten zum Bezwingen von Heißhungerattacken

Warum sind es immer die ungesunden Sachen?

Du fragst dich, warum du niemals Heißhunger auf Möhren oder Mandeln hast, auch wenn du dich eigentlich gesund ernährst? Neben dem emotionalen Effekt deuten Heißhungerattacken auch oft darauf hin, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Wir greifen häufig zu kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln, um unseren Energiehaushalt möglichst schnell wieder aufzuladen, erklärt Haysbert. Aber wundere dich nicht, wenn dir schnell wieder der Magen knurrt, nachdem du dich auf einen Schokoriegel oder eine Portion Pommes gestürzt hast.

Außerdem hast du wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen, weil dein Bauch über deinen Verstand gesiegt hat, ergänzt Scott-Dixon. Manchmal hast du Verlangen nach einem bestimmten Lebensmittel, aber wenn du es dann isst, erfüllt es nicht die Erwartungen. Dein Gehirn erkennt es einfach nicht als die erwartete Belohnung an. Wenn du das begreifst, fällt es dir leichter, nur noch auf die Heißhungerattacken zu reagieren, die dir wirklich ein gutes Gefühl geben.

Hier erfährst du, wie das geht und was Expert:innen sonst noch raten.

1. Iss so oft wie möglich gesund und ausgewogen.

Wenn du oft unter Heißhungerattacken leidest, will dir dein Körper wahrscheinlich sagen: "Ich bekomme im Moment irgendwie nicht das, was ich brauche." Nimm dir in diesem Fall einen Moment Zeit, um in dich hineinzuhören. Vielleicht fehlt dir etwas Wichtiges in deiner Ernährung und dein Körper will dir das Gefühl geben, dass er etwas zum Überleben braucht, erklärt Haysbert. Achte auf eine ausgewogene Mischung aus Kohlenhydraten, gesunden Fetten und Proteinen. Nimm hauptsächlich vollwertige und minimal verarbeitete Lebensmittel zu dir, und such dir gegebenenfalls Unterstützung durch eine Ernährungsberaterin oder einen Ernährungsberater, wenn du deine Heißhungerattacken nicht in den Griff bekommst. Der Heißhunger verschwindet vielleicht nicht sofort, aber mit etwas Geduld und Ausdauer wirst du schon bald eine Verbesserung feststellen.

2. Schlaf länger.

Im Schlaf reguliert sich dein Stoffwechsel, so Scott-Dixon. Studien zeigen, dass zu wenig Schlaf das Genuss-System deines Körpers aktiviert, was wiederum zu Heißhungerattacken führen kann. Achte also auf ausreichend Schlaf (Expert:innen empfehlen mindestens sieben Stunden pro Nacht). So bleibt dein Stoffwechsel im Gleichgewicht und die Attacken werden weniger.

3. Versuch nicht, etwas anderes zu essen.

Wenn du schon einmal Heißhunger auf Chips gehabt hast und stattdessen Gemüsesticks gegessen hast, dann weißt du, dass das nicht funktioniert. Die Kalorien hättest du dir sparen können, denn du wirst am Ende doch noch nach der Chipstüte greifen. Das passiert oft, erklärt Haysbert. Es gelingt einfach nicht, das Genuss- und Belohnungssystem deines Gehirns auszutricksen – und das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen, kann deinen Progress beeinträchtigen. Vermeide einen solchen Teufelskreis und iss lieber gleich das, wonach dein Körper verlangt. Halte dich dabei aber an den nächsten Punkt.

4. Sei ehrlich zu dir selbst.

Um dein Verlangen in den Griff zu bekommen, musst du dir ganz ehrlich eine Frage beantworten: Befriedigt das, wonach dir im Moment ist, tatsächlich dein Verlangen? Um das herauszubekommen, schalte einen Gang zurück und denk darüber nach, was du dir wirklich davon versprichst, wenn du dein Verlangen befriedigst, und wie sehr das Lebensmittel diese Erwartungen erfüllt. Die folgende Skala kann dabei helfen: Ist es eher eine 4 oder 5 von 5 oder eine 2 oder 3? Im letzten Fall verzichte lieber darauf (und erinnere dich an diesen Moment, um auch in Zukunft willensstark zu bleiben). Andernfalls: Iss und genieß es! Denk daran: Das ist völlig menschlich und tut dir in dem Moment einfach gut, so Haysbert.

5. Erweitere deinen Speiseplan.

Wenn du dich beim Essen zu sehr kontrollierst und dir zu viele Gedanken darüber machst, was du darfst und was nicht, dann gehst du nicht sehr freundlich mit dir selbst um. Und das kann zu Heißhungerattacken führen, so Haysbert. Heißhungerattacken treten seltener auf, wenn wir uns vielseitig ernähren, denn unser Körper erhält dann mehr wichtige Nährstoffe aus den unterschiedlichsten Quellen, ergänzt sie. Außerdem ist es völlig natürlich, dass wir uns Dinge wünschen, die uns eigentlich verboten sind. Konzentrier dich also lieber auf das, was du darfst. Denk an "Vollkornnudeln mit ganz viel Gemüse und Protein" und nicht an "ein Teil Proteine und zwei Beilagen". Und erweitere deinen Speiseplan durch neue Lebensmittel, schlägt Haysbert vor.

Das Ergebnis: Du hast nicht mehr das Gefühl, nicht alles essen zu dürfen, es wird dir leichter fallen, dich gesund zu ernähren, und du wirst weiterhin Fortschritte machen. Wenn das nicht Hunger auf mehr macht?

Text: Brooke Slade
Illustration: Davide Bonazzi

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Ursprünglich erschienen: 2. Mai 2022