Das Übertrainingssyndrom und wie du es vermeiden kannst
Sport und Bewegung
Hier erfährst du, welche Anzeichen und Symptome für ein Übertrainingssyndrom typisch sind, und wie du es von vornherein verhindern kannst.
Stell dir Folgendes vor: Du gibst wirklich alles und hast die Intensität und Anzahl deiner Workouts erhöht, kommst aber dennoch deinem Ziel nicht näher und machst eventuell sogar Rückschritte. Dies ist ein deutliches Anzeichen dafür, dass du möglicherweise zu viel trainierst.
Das Übertrainingssyndrom kann alle Athlet:innen – unabhängig von der Sportart und vom Leistungsniveau – treffen. Welche Symptome treten beim Übertraining auf? Zu den Symptomen gehören häufig nachlassende Motivation, vermehrte Müdigkeit und ein geschwächtes Immunsystem. Allerdings können die Konsequenzen eines zu intensiven Trainings ohne ausreichende Regenerationszeit anfangs leicht übersehen werden.
Möglicherweise bemerkst du zunächst lediglich eine leichte Veränderung deiner Stimmungslage. Oder du findest, dass du dich nach dem Schlafen weniger erholt fühlst als sonst. Der professionelle Cycling-Coach und Kraft- sowie Konditionstrainer Garret Seacat, C.S.C.S., erklärt, dass sich diese negativen Veränderungen mit der Zeit häufen und verschlimmern können.
"Es kann von Vorteil sein, den Körper gelegentlich und für kurze Zeit über seine Grenzen zu belasten, vorausgesetzt, es folgt eine ausreichende Regenerationsphase danach, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Wenn dies allerdings wiederholt und über einen langen Zeitraum hinweg passiert, kann es Monate dauern, bis sich der Körper von diesen Problemen erholt hat. Deshalb ist es so wichtig, die Anzeichen von Übertraining rechtzeitig zu erkennen, um entsprechend reagieren zu können", erklärt er.
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Was ist das Überlastungs- und Übertrainingssyndrom?
Kontinuierliches, hartes Training ohne angemessene Ruhe- und Regenerationstage, damit sich der Körper vor dem nächsten Training erholen kann, führt häufig zu einer Überlastung des Körpers.
Diese Überlastung äußert sich oft in einem starken Muskelkater, der über das normale Maß hinausgeht und häufig auftritt, wenn du mehrere Tage hintereinander intensiv trainiert hast. Dies ist auch der Zeitpunkt, an dem du anfängst, dich erschöpft und unmotiviert zu fühlen. Doch zum Glück können diese Symptome in der Regel durch angemessene Ruhe- und Regenerationsphasen schnell wieder rückgängig gemacht werden.
Betrachte die Anzeichen einer Überlastung deshalb als ein Alarmsignal, das dich warnt, weniger intensiv als bisher zu trainieren, um größere Probleme zu vermeiden. Seacat betont, dass ein Übertraining auftreten kann, wenn du dieses Alarmsignal kontinuierlich ignorierst.
"In der Regel ist eine mehrwöchige, wenn nicht sogar mehrere Monate dauernde Trainingspause notwendig, bis sich der Körper vom Übertraining vollständig erholt hat", fügt er hinzu. Im Jahr 2020 wurde im Wissenschaftsmagazin Redox Biology eine Studie veröffentlicht. Aus ihr ging hervor, dass Muskeln längere Zeit benötigen, um die durch Übertraining verlorene Kraft und Leistungsfähigkeit zurückzugewinnen. Daher sind längere Regenerationsphasen notwendig. In diesem Zusammenhang ist es zudem wichtig zu erwähnen, dass die aufgrund einer mangelnden Regeneration erhöhten Entzündungswerte im Körper eine gewisse Zeit brauchen, um auf Normalwerte zurückzugehen.
Was sind die Symptome des Übertrainingssyndroms?
Seacat erklärt, dass Muskelkater und Müdigkeit nach einem intensiven Workout ganz normal sind und es daher schwierig sein kann, zu erkennen, wann aus einer Überlastung ein Übertraining wird. Allerdings gibt einige typische Symptome, die auf ein Übertraining hindeuten und auf die du achten solltest:
- Schweregefühl in den Beinen: Dieses Schweregefühl kann sogar bei Workouts mit geringerer Trainingsintensität auftreten.
- Muskelschmerzen: Es handelt sich hier nicht um einen gewöhnlichen Muskelkater. Diese Muskelschmerzen können so unangenehm sein, dass sie die Beweglichkeit beeinträchtigen und über längere Zeit anhalten.
- Zunehmende Schlafstörungen: Diese Schlafstörungen können ein frühes Anzeichen für eine sogenannte Insomnie (krankhafte Schlaflosigkeit) sein und den gesunden Schlaf häufig unterbrechen.
- Verminderte Immunabwehr: Studien haben gezeigt, dass intensive und häufige Workouts die Immunabwehr vorübergehend schwächen können, was sich oft in häufigen Erkältungskrankheiten äußert.
- Erhöhter Ruhepuls und Blutdruck: Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Übertraining negative Auswirkungen auf das Nervensystem haben kann.
- Appetitlosigkeit: Ein zu geringer Appetit kann zu einer unzureichenden Kalorienzufuhr führen, was wiederum die negativen Auswirkungen von Übertraining zusätzlich verschlimmern kann. In der Regel erhöht eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Energiezufuhr den Energiehaushalt und beschleunigt die Regeneration des Körpers, wodurch Ermüdungszuständen vorgebeugt wird.
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Übertraining wirkt sich nicht nur negativ auf die körperliche Leistungsfähigkeit aus, sondern laut einer Studie, die 2023 in der Fachzeitschrift Sports Medicine veröffentlicht wurde, auch auf die mentale Leistungsfähigkeit. Diese Studie untersuchte die Auswirkungen von Überlastung und Übertraining auf die kognitiven Funktionen von Ausdauersportler:innen. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl überlastete als auch übertrainierte Athlet:innen eine verzögerte Reaktionsgeschwindigkeit, verringerte Aufmerksamkeit und Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung sowie Problemlösung hatten.
Allerdings ist ein Übertrainingssyndrom nicht immer leicht erkennbar. Ein im Jahr 2016 im Open Access Journal of Sports Medicine veröffentlichter Forschungsbericht zum Übertrainingssyndrom zeigt, dass zwar mehrere Körperbereiche betroffen sein können, es aber keine Möglichkeit gibt, dies direkt nachzuweisen. Eine Konsenserklärung des American College of Sports Medicine und des European College of Sport Science aus dem Jahr 2013 lässt ebenfalls vermuten, dass eine Diagnose des Übertrainingssyndroms eher kompliziert ist.
In der gemeinsamen Erklärung heißt es, dass bei Athlet:innen mit Symptomen wie Schlafstörungen, ausgeprägten Müdigkeitserscheinungen, verminderter Leistungsfähigkeit und Stimmungsschwankungen, die Diagnose von Ärzt:innen gestellt wird, indem andere infrage kommende Krankheiten bzw. Störungen ausgeschlossen werden.
Da eine Diagnose so schwierig ist, ist es umso wichtiger, dass Athlet:innen die Anzeichen und Symptome selbst erkennen, zumal es möglich ist, das Übertrainingssyndrom zu verhindern, indem man das Training bereits während der Überlastungsphase zurückfährt, erklärt Physiotherapeutin Lindsey Wyatt.
"Anzeichen wie Schlafstörungen, Motivationsmangel, erhöhtes Stressempfinden und ein niedrigeres allgemeines Fitnessniveau können [für die Diagnose] entscheidend sein. Dein Körper will dir damit sagen, dass du etwas ändern musst", fügt sie hinzu.
Wie kann ich das Übertrainingssyndrom von vornherein vermeiden und es in den Griff bekommen?
Das Übertrainingssyndrom ist in erster Linie auf ein Ungleichgewicht zwischen Training und Regeneration zurückzuführen. Deshalb kann es nützlich sein, das Trainingsvolumen und die Trainingshäufigkeit zu überwachen, um eine etwaige Tendenz zum Übertraining besser erkennen zu können. Du kannst zum Beispiel Apps wie die Nike Run Club App nutzen, um zu sehen, wie viele Läufe oder Workouts du im Laufe der Zeit absolvierst.
Außerdem kann es sinnvoll sein, mit einem qualifizierten Coach oder mit zertifizierten Personal Trainer:innen oder Kraft- und Konditionstrainer:innen zusammenzuarbeiten. Diese Expert:innen können einen individuellen Trainings- und Regenerationsplan für dich erstellen. Ein Coach kann dein Trainingspensum und deine Trainingseinheiten, dein aktuelles Fitnessniveau, deinen Gesundheitszustand und bisherige Verletzungen analysieren, eine standardisierte Periodisierungsmethodik auf dein Programm anwenden und bewerten, wie du auf das Programm reagierst, um eine Überbelastung oder ein Übertraining zu vermeiden.
Wenn du häufig an Überlastungssymptomen leidest, empfiehlt Seacat, deinen Trainingsplan der letzten Monate zu überprüfen, um herauszufinden, wann genau Probleme auftraten. Vor allem aber solltest du proaktiv Ruhetage einplanen, anstatt dich nur dann zu regenerieren, wenn es gerade passt, fügt er hinzu.
"Betrachte Regenerationsphasen als wesentlichen Bestandteil deines Trainings und deiner Performance. Dies erfordert eventuell ein Umdenken, aber es lohnt sich, um die körperlichen und mentalen Probleme, die mit Übertraining einhergehen, von vornherein zu vermeiden", erklärt er weiter.
Text: Elizabeth Millard, ACE-zertifizierte Personal Trainerin.