Kann Laufen die Bauchmuskeln stärken? Expert:innen klären auf
Sport und Bewegung
Sowohl die Ernährung als auch Core-Training und die Genetik spielen eine Rolle in Bezug auf Muskeldefinition.
Definierte Bauchmuskeln werden oft als ein Zeichen von Fitness betrachtet. Doch was steckt wirklich dahinter? Und kann Laufen die Bauchmuskeln stärken?
"Ja, Laufen kann für eine definiertere Bauchmuskulatur sorgen", so Dr. Todd Buckingham, Sportphysiologe. Bevor du jedoch gleich Freudensprünge machst, solltest du wissen, dass Laufen allein nicht ausreicht, um die Muskeln in deinem Core zu definieren.
Ganz gleich, ob du deinen ersten Wettkampf läufst oder einfach nur deinen Core stärken willst: In jedem Fall solltest du wissen, wie man eine definierte Bauchmuskulatur bekommt.
Aus welchen Muskeln setzt sich der Core zusammen?
Eines sollten wir zu Beginn gleich klarstellen: Jede:r hat Bauchmuskeln. Wenn Menschen jedoch von "Bauchmuskeln" sprechen, meinen sie in der Regel damit, dass der gerade verlaufende Bauchmuskel – einer der oberflächlichsten Muskeln des Cores – definiert ist. Die geraden Bauchmuskeln erstrecken sich vom Schambein bis zum Brustbein und sind für die Beugung der Wirbelsäule verantwortlich, sagt Nicole Thompson, eine ACE-zertifizierte Personal Trainerin, die mit Läufer:innen arbeitet.
Die schrägen bzw. "seitlichen" Bauchmuskeln befinden sich jeweils seitlich der geraden Bauchmuskeln und vervollständigen das "Sixpack", wenn es denn sichtbar ist. Abgesehen davon haben sie auch eine wichtige Funktion: Sie ermöglichen die Anspannung und Drehung des Körpers.
Es gibt zahlreiche weitere Core-Muskeln, die man nicht sieht, die aber beim Sport und im täglichen Leben eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehören der Rückenstreckmuskel, der quer verlaufende Bauchmuskel und die Multifidus-Muskulatur im Rumpf, so der American Council on Exercise (ACE). Die Muskeln in der Hüfte und im unteren Rücken gehören streng genommen eigentlich auch zum "Core", so Buckingham.
Sichtbare Bauchmuskeln: Alles, was du darüber wissen musst.
"Einer der wichtigsten Faktoren, von denen ein gut sichtbares Sixpack abhängt, ist die Menge an Körperfett, die sich um den Bauch herum ansammelt", so Thompson.
Durch Laufen kann ein Kaloriendefizit erzeugt werden, wodurch sich die Fettpolster am Bauch möglicherweise verkleinern (denk aber daran, dass etwas Fett notwendig ist, damit lebenswichtige Organe gut gepolstert sind). Vor allem beim Sprinten müssen sich die Bauchmuskeln stärker zusammenziehen, was zu einer Vergrößerung der Muskulatur führen kann, so Buckingham.
(Verwandter Artikel: So wirst du laut Expert:innen zu einer schnelleren Sprinterin bzw. einem schnelleren Sprinter)
Es gibt jedoch noch wichtigere Faktoren als das Laufen, die beim Aufbau von Bauchmuskeln eine Rolle spielen. Das sind vor allem die Ernährung und die Gene.
Deine Gene bestimmen wesentlich mit, wo dein Körper Fett ablagert.
"Wenn du von Natur aus dazu neigst, Fett um den Bauch herum anzusammeln, kann es für dich schwieriger sein, definierte Bauchmuskeln zu bekommen, selbst wenn du einen geringen Körperfettanteil hast", erklärt Buckingham. Sammelt dein Körper hingegen Fett eher um die Taille oder an der Hüfte an, kannst du selbst mit einem höheren Körperfettanteil definierte Bauchmuskeln bekommen, fügt er hinzu.
Zugegeben, an deinen Genen kannst du nicht viel ändern. Wenn du dir dennoch definiertere Muskeln am Bauch (oder an einer anderen Stelle) wünschst, wende dich an Ärzt:innen, Ernährungsberater:innen oder Personal Trainer. Sie können zusammen mit dir einen ganzheitlichen Trainingsplan erstellen, der perfekt zu dir und deinen Anforderungen passt.
Normalerweise können dir eine gesunde Ernährung und Krafttraining, das auf den geraden Bauchmuskel, die schrägen Bauchmuskeln und den quer verlaufenden Bauchmuskel abzielt, dabei helfen, definiertere Bauchmuskeln zu bekommen, so Thompson. Übungen wie Sit-ups, Crunches, Reverse Crunches, Hollow Body Holds und Planks sind dafür perfekt geeignet.
Bedeutet ein sichtbares Sixpack automatisch, dass ich einen starken Core habe?
Nur weil sich deine Bauchmuskeln durch dein Shirt abzeichnen, heißt das nicht, dass du einen starken Core hast.
"Wenn du dich nur auf die Kräftigung deines geraden Bauchmuskels konzentrierst, sonst aber kein ausgewogenes Trainingsprogramm absolvierst, kann dein Core trotz definierter Bauchmuskeln schwach sein", sagt Thompson.
Dein Core besteht aus vielen verschiedenen Muskeln, die nur zu einem kleinen Teil sichtbar sind. "Unterhalb der Bauchmuskeln gibt es noch weitere Muskeln, die ebenfalls eine Rolle in Bezug auf die Stärke und Stabilität des Cores spielen", so Buckingham.
Der Rückenstrecker zum Beispiel ist ein Ausdauermuskel neben der Wirbelsäule, der den Oberkörper aufrecht hält. Wenn du diesen und andere tiefer liegende Core-Muskeln vernachlässigst, kann das dazu führen, dass deine Wirbelsäule und deine Hüfte bei alltäglichen Aktivitäten und natürlich auch bei Sport weniger gut gestützt werden.
Doch warum ist das wichtig? Ein starker Core bedeutet ganz einfach, dass du leistungsfähiger bist – und zwar egal, bei welchem Sport. Nehmen wir zum Beispiel das Laufen.
"Der Core bestimmt das Tempo, weil er die fürs Laufen erforderliche Stabilität bringt", so Mat Kite, Kraft- und Konditionstrainer. Die Core-Muskulatur hält den Oberkörper aufrecht und verhindert, dass sich dein Rücken krümmt, wenn du beim Laufen müde wirst.
Das Ergebnis? Mehr Tempo und bessere Performance.
In einer im Jahr 2019 in PLoS One veröffentlichten Studie wurde beispielsweise festgestellt, dass ein achtwöchiges Core-Training die Laufökonomie von College-Athlet:innen im Vergleich zu Athlet:innen, die nicht an dem Core-Trainingsprogramm teilnahmen, verbesserte. Unter Laufökonomie versteht man den Energieverbrauch, der zur Aufrechterhaltung einer konstanten Geschwindigkeit erforderlich ist. Um die Verbesserungen in dieser Hinsicht herauszuarbeiten, haben die Wissenschaftler:innen gemessen, wie viel Sauerstoff jeder Läuferin bzw. jedem Läufer während des Trainings zur Verfügung stand (VO2max). Dafür mussten die Teilnehmer:innen auf dem Laufband laufen – einmal vor dem achtwöchigen Core-Trainingsprogramm und einmal danach. Läufer:innen, die an dem Core-Training teilnahmen, wiesen im Vergleich zu denjenigen, die das Training nicht absolvierten, signifikante Verbesserungen des VO2max-Wertes auf, was auf eine Verbesserung der Laufökonomie hindeutet.
Übungen für einen starken Core.
Es gibt viele hervorragende Core-Übungen, die du machen kannst. Wir beschreiben hier zwei von Kites Favoriten.
1.Unterarm-Plank
- Nimm die Push-up-Position ein. Die Schultern befinden sich über deinen Handgelenken.
- Bring nun deine Ellenbogen zum Boden und stütz dich auf deinen Unterarmen ab. Die Handflächen zeigen nach unten.
- Aktiviere deine Gesäßmuskulatur, bring deine Hüfte auf eine Linie mit deinen Schultern und zieh deinen Bauchnabel nach innen.
- Bleib so lange in der Position, wie du eine gute Haltung beibehalten kannst.
2.Dead Bug
- Leg dich auf den Rücken und streck deine Arme gerade nach oben. Die Knie sind angewinkelt und die Füße flach auf dem Boden.
- Drück deinen unteren Rücken auf den Boden und heb beide Knie an, bis sich deine Schienbeine parallel zum Boden befinden.
- Aktiviere deine Bauchmuskulatur und senk langsam einen Arm nach hinten in Richtung Boden ab. Streck das gegenüberliegende Bein.
- Achte darauf, dass deine Bauchmuskeln angespannt bleiben und sich dein unterer Rücken nicht vom Boden löst.
- Bring Arm und Bein wieder zurück in die Ausgangsposition und wiederhole die Übung mit der jeweils anderen Seite.
Und denk dran: Sichtbare Bauchmuskeln bedeuten nicht automatisch, dass du einen starken Core hast. Oder umgekehrt: "Wenn du keinen sichtbaren Sixpack hast, heißt das nicht, dass dein Core schwach oder dein Körperfettanteil zu hoch ist", erklärt Thompson.
Text: Lauren Bedosky