Ob mit Schere oder Skateboard: Diese Freund:innen erklären dir, warum Übung das Wichtigste ist

Kultur

Mio Asakawa und Masami Hosono tauschen ihre Erfahrungen aus, die sie bei ihren kreativen Tätigkeiten gesammelt haben. Mio stylt Haare, Masami skatet.

Letzte Aktualisierung: 7. Juli 2021

"Game Recognize Game" ist eine Serie, bei der Kolleg:innen in Sport und Kultur über ihren Weg zum Erfolg diskutieren.

Alle wissen, dass Übung der Schlüssel zum Erfolg ist. Das gilt nicht nur für den Sport. Masami Hosono, 32, hat das Vacancy Project gegründet, einen genderneutralen Hair-Salon im East Village von New York, und weiß, dass der Salon von Inspiration lebt, und die findet nicht nur in den Räumen statt. "Selbst wenn ich meinen Kund:innen jeden Tag die Haare auf dieselbe Weise schneide, entdecke ich immer noch jeden Tag etwas Neues. Wenn ich hier ein wenig anders schneide, sieht es vielleicht ein bisschen besser aus, und so weiter", erklärt Masami. "Ich übe sogar im Kopf, das läuft völlig unbewusst ab."

Mio Asakawa, 28, ist Technical Account Manager aus Tokio und liebt das Skateboarden. Für Mio ist Übung der Schlüssel dafür, Selbstvertrauen zu entwickeln und Tricks mühelos zu landen. Bevor Masami zurück nach New York reiste, trafen sich die beiden bei einem entspannten Essen in einem kleinen Sushi-Restaurant im Nakameguro-Viertel von Tokio. Trotz ihrer unterschiedlichen Berufe fanden Masami und Mio gleich eine gemeinsame Basis: Beide investieren viel Zeit, um ihre Fähigkeiten und Talente zu fördern. Das hilft ihnen auch, sich der für sie wichtigen Genderthematik zu stellen.

Mein Spiel, dein Spiel: Mio Asakawa und Masami Hosono

In diesem Game Recognize Game-Interview tauschen sich Masami und Mio über ihre Erfahrungen aus. Sie beide finden, dass Übung hilft, sich selbst weiter zu entwickeln und andere Perspektiven zu finden. Das gilt nicht nur für sie, sondern für die ganze Gesellschaft, finden sie.


Mio: Du hast bereits in Japan in der Beauty-Branche gearbeitet. Ich bin neugierig: Was bedeuten Haare für dich?

Masami: Für mich sind Haare ein Kommunikationsmittel. Das hat sich auch in New York nicht geändert, vor allem, weil ich am Anfang nicht gut Englisch sprechen konnte. Indem ich Menschen die Haare schnitt und sie anschließend fotografierte, um die Bilder auf meinen sozialen Medien zu posten, habe ich Freundschaften geschlossen.

Mio: Warum hast du das Vacancy Project gegründet?

Masami: Nachdem ich in Tokio und New York insgesamt 14 Jahre lang in den verschiedensten Salons gearbeitet hatte, wurde mir allmählich klar, was ich wirklich wollte. Ich entwickelte ein eigenes Konzept für einen Salon. Ich wollte eine Art Spielwiese für alle, bei der Diversität, Spaß und Toleranz im Mittelpunkt stehen sollten. All diese Dinge hatte ich zu schätzen gelernt, als ich von Japan nach New York zog. Damals gab es meiner Meinung nach nicht viele genderneutrale Salons. Deshalb entschied ich mich, meinen Kund:innen keine genderspezifischen Haarschnitte mehr anzubieten. Ich glaube, wir sollten unseren Kund*innen die Haare so schneiden, wie sie es wollen. Heute spendet der Salon einmal monatlich einen Teil der Umsätze an das LGBTQ Center.

Mein Spiel, dein Spiel: Mio Asakawa und Masami Hosono

"Mein Job ist es nicht, Kund:innen die Frisur auf dem Foto zu schneiden, das sie mitbringen. Ich kreiere einen einzigartigen Style, indem ich alle Aspekte der Person berücksichtige, die vor mir sitzt. Und dafür muss ich ständig üben."

Masami

Mio: Wie übst du für den kreativen Prozess des Hairstylings?

Masami: Ich versuche jeden Tag, mich für neue Kulturen zu öffnen und mein Wissen zu erweitern, um Hairstyles zu kreieren, die zu meinen Kund:innen passen. Mein Job ist es nicht, Kund:innen die Frisur auf dem Foto zu schneiden, das sie mitbringen. Ich kreiere einen einzigartigen Style, indem ich alle Aspekte der Person berücksichtige, die vor mir sitzt. Und dafür muss ich ständig üben. Wenn die Kund:innen keine klare Vorstellung von dem Hairstyle haben, den sie möchten, dann frage ich sie, welche Musik sie mögen oder was sie beruflich machen. Hierfür brauche ich aber ein Grundverständnis für Kunst und Musik. Ohne das wäre ich nicht in der Lage, den passenden Look zu visualisieren, selbst wenn mir die Kund:innen Inspiration liefern würden. Selbst in Sachen Musik gibt es so viele unterschiedliche Varianten. Wenn Kund:innen zum Beispiel auf den London New Wave Punk der 70er stehen, muss ich dieses Genre kennen, um meinen Job richtig zu machen. Ich beschäftige mich konstant mit neuen Formen von Kunst und Kultur. Wenn ich mit meinen Kund:innen zusammenarbeite, möchte ich ihnen das Gefühl vermitteln, dass ich verstehe, was sie wollen.

Mio: Du teilst mit deinen Instagram-Followern in Japan aktiv alles, was in der LGBTQ-Community in New York City so los ist. Ist auch das ein Weg, wie du deine Kreativität übst?

Masami: Ja. Als ich nach New York kam und die Diversität hier erleben durfte, war das für mich eine riesige Erleichterung. Ich hatte das Gefühl, als ob mir jemand das Leben gerettet hätte. Japan ist sehr konservativ und manchmal haben es LGBTQ-Menschen hier sehr schwer. Viele verstecken ihre Sexualität und manche Leute zeigen ihre unbewusste Voreingenommenheit durch beiläufige diskriminierende Bemerkungen. Indem ich meine positiven Erfahrungen in New York zeige, möchte ich klar machen, dass an LGBTQ nichts falsch ist.

Was hat dich übrigens zum Skateboarden gebracht? Leider gilt dieser Sport doch eher als typisch für Jungs.

Mio: Mich hat Skateboarden schon immer interessiert, aber ich hatte gleichzeitig das Gefühl, dass Mädchen dort nichts zu suchen hätten. Doch dann sah ich auf Instagram Videos von Frauen beim Skateboarden. Ich kontaktierte sie und sie nahmen mich mit zum Skatepark. Für mich hat Skateboarden heute nichts mehr mit dem Geschlecht zu tun, aber ich möchte der Gesellschaft weiterhin zeigen, dass Skateboarden ganz selbstverständlich etwas für Mädchen und Frauen ist. Deshalb poste ich meine Videos auf Instagram, und zwar nicht nur von mir, sondern auch von den anderen Frauen, mit denen ich skate. So können die Leute sehen, dass es in der Skaterszene viele Frauen gibt. Ich bin jetzt schon seit fast anderthalb Jahren auf dem Skateboard unterwegs und durfte in der Zeit erleben, dass Frauen in dieser Szene eng miteinander verbunden sind. Alle fühlen sich als Freund:innen.

"Üben und Zeit miteinander verbringen stärkt unsere Beziehung zueinander. Deshalb fällt es mir leicht, zu sagen: 'Lass und üben gehen, lass uns skaten gehen.'"

Mio

Mein Spiel, dein Spiel: Mio Asakawa und Masami Hosono

Masami: Welchen Wert hat das Üben für dich?

Mio: Skateboarden funktioniert quasi nur über das Üben. Ich habe zum Beispiel erst kürzlich gelernt, einen Kickflip zu machen. Und dafür musste ich diesen Trick gefühlt eine Million mal üben. Skateboarden ist eine schwierige Angelegenheit, und deshalb fühlt es sich einfach klasse an, wenn man endlich etwas geschafft hat. Das Wichtigste ist für mich aber das Gefühl von Gemeinschaft. Üben und Zeit miteinander verbringen stärkt unsere Beziehung zueinander. Deshalb fällt es mir leicht, zu sagen: "Lass und üben gehen, lass uns skaten gehen."

Masami: Ich habe gehört, dass viele in den Komazawa Park in Tokio kommen, um zu skaten. Gehst du auch dorthin?

Mio: Ja! Alle Frauen in der Skateboardszene kennen sich untereinander, deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass du dort eine Bekannte triffst. Es ist immer jemand da, und das gibt einem ein Gefühl von Sicherheit.

Masami: Du lebst in Japan. Hast du das Gefühl, dass sich die Einstellung dort in Bezug auf das Skateboarden verändert hat?

Mio: Da Skateboarden jetzt olympisch ist, glaube ich, dass dieser Sport ganz allmählich sein "Bad Guys"-Image verliert. Es gibt diese supergute Skateboarderin Aori Nishimura. Sie ist eine Frau und sie nimmt an den olympischen Spielen teil. Sie hat viel dazu beigetragen, dass sich das Image dieses Sports verändert hat. Trotzdem ist Komazawa wahrscheinlich derzeit immer noch der einzige Park in Tokio, für den man keinen Eintritt zahlen muss. Es war gar nicht so einfach, einen Skatepark an einem Ort wie diesem durchzusetzen. Deshalb bin ich den Leuten, die diese Anlage für uns gebaut haben, sehr dankbar. Gleichzeitig ist es aber nicht möglich, auf der Straße zu skaten, ohne dass gleich die Polizei kommt. Es wird also noch eine ganze Weile dauern, bis Skateboarden in Tokio genauso selbstverständlich wird wie in New York.

Text: Momoko Ikeda
Video: Travis Wood

Bericht vom November 2020

Ursprünglich erschienen: 25. Juni 2021