Witch FC: Eine Fußballspielerin schlägt Wellen im kreativsten Club von Paris

Athleten*

Florine Kouessan ist dabei, ein Team zusammenzustellen, das die Welt widerspiegelt, in der sie lebt.

Letzte Aktualisierung: 9. Februar 2022
5 Min. Lesezeit
Die französische Fußballerin Florine Kouessan und ihr Verein, der FC Witch

"Snapshots" ist eine Serie über die tiefe emotionale Verbindung zum Sport, dokumentiert in inspirierenden Momentaufnahmen.

Jede Fußballmannschaft braucht erfinderische Spieler bzw. Spielerinnen. Der Witch FC hat jede Menge davon. Der Pariser Club besteht ausschließlich aus Künstlerinnen und kreativen Frauen. Er ist sozusagen eine Mischung aus erfahrenen Spielerinnen und solchen, die noch relativ neu im Fußball sind.

Die Schriftstellerin und Künstlerin Florine Kouessan ist eine der Star-Spielerinnen des Witch FC. Wir haben uns mit ihr auf dem Spielplatz Saint-Paul, gegenüber der Kirche Saint-Paul-Saint-Louis in Paris – einem Jesuitenbau aus dem 17. Jahrhundert im Herzen des Marais – getroffen. Sie spricht über ihre Liebe zum Spiel und darüber, wie sie in einem außergewöhnlichen Team aus kreativen Köpfen, die sich allesamt für Fußball begeistern, ihren Platz fand.

Was hat dein Interesse an Fußball geweckt?

Meine Eltern kommen ursprünglich aus Togo, ich bin jedoch in Paris geboren. Ich habe zwei jüngere Brüder. Wir liegen altersmäßig nah beieinander, was bedeutet, dass wir ziemlich eng miteinander verbunden sind. In meiner Kindheit spielte ich eigentlich nur mit ihnen und den anderen Kindern, die in unserem Gebäude wohnten. Als Kind braucht man eigentlich nur einen Ball und der Rest ergibt sich von selbst. Es gab keine Mädchen, mit denen ich hätte etwas unternehmen können. Man hätte also wetten können, dass man mich irgendwann beim Fußball- oder Basketballspielen mit meinen Brüdern und den Jungs aus unserem Gebäude antreffen würde.

Die französische Fußballerin Florine Kouessan und ihr Verein, der FC Witch

Wie entwickelt sich der Frauenfußball in Frankreich?

Als ich jünger war, galt Fußball definitiv als ein Sport für Jungs. Meine Brüder machten sogar manchmal Witze darüber, dass sie nur mit anderen Jungs spielen würden, wenn sie wollten, dass ich mich ausgeschlossen fühle. Doch im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass Frauen darauf bestehen, ihren rechtmäßigen Platz einzunehmen – angefangen bei den Profispielerinnen, die immer mehr Aufmerksamkeit erhalten, über die Frauen-WM, die letzten Sommer in Frankreich stattfand, bis hin zu Spielerinnen, die in den Medien immer mehr im Rampenlicht stehen. Es gab Zeiten, in denen Frauenfußball nicht nur unterschätzt, sondern überhaupt nicht mehr thematisiert wurde. Jetzt wird aber sowohl im Fernsehen als auch in Zeitschriften wieder darüber berichtet.

In den letzten zwei bis drei Jahren habe ich Dinge gesehen, die ich mir vorher nie hätte vorstellen können. Inzwischen gibt es Werbespots für Frauenfußball, die wie selbstverständlich wirken. Ich freue mich sehr über diese Entwicklung, denn sie hat mich motiviert, mir eine Frauenmannschaft zu suchen, mit der ich regelmäßig spielen kann. Trotz der Tatsache, dass ich Fußball liebte, hätte ich nie gedacht, das ich einmal in einer Mannschaft spielen würde. Doch manchmal kommen die Dinge einfach anders als wir sie uns vorstellen.

Die französische Fußballerin Florine Kouessan und ihr Verein, der FC Witch

Erzähl uns mehr über den Witch FC.

Der Witch FC setzt sich aus Frauen zusammen, die gerne Sport machen, sich für etwas begeistern können und bereit sind, ihre eigenen Erfahrungen in das Team einzubringen. Obwohl wir nach außen hin ein Fußballclub sind, geht es bei uns im Team eigentlich darum, dass jede von uns die Möglichkeit haben soll, sich frei zu entfalten. Wir wollen mit dem Namen unseres Clubs zeigen, dass wir echte Kämpferinnen sind. Hexen sind die ultimativen Feministinnen. Natürlich gibt es auch nette Hexen. Uns war jedoch wichtig, einen Clubnamen zu haben, der uns als Team beschreibt und sich nicht nur auf einen [bestimmten] Ort bezieht. Bei Roller-Derby-Teams ist das ähnlich.

Was bringst du ins Team ein?

Ich spiele im offensiven Mittelfeld oder in der Verteidigung. Es macht mir nichts aus, ins Schwitzen zu kommen und meinen Puls in die Höhe zu treiben. Ich liebe es, in unterschiedlichen Spielpositionen zu spielen, denn so kann ich das Spiel an beiden Enden des Spielfelds beeinflussen. Als Mittelfeldspielerin kann ich mich viel bewegen, mich aktiv am Spiel beteiligen und sogar etwas bewirken, wenn ich die nötige Energie dazu habe. Laut meinen Teamkolleginnen bin ich eine ausdauernde und engagierte Spielerin. Das ist alles, was ich vom Spiel will. Sie sollen wissen, dass ich vollen Einsatz zeige und Spaß habe.

"Ich liebe es, in unterschiedlichen Spielpositionen zu spielen, denn so kann ich das Spiel an beiden Enden des Spielfelds beeinflussen."

Die französische Fußballerin Florine Kouessan und ihr Verein, der FC Witch

Wie ist es, mit Gleichgesinnten zu spielen?

Der Zusammenhalt im Team wurde im Laufe der Zeit immer stärker, was bedeutet, dass wir uns gegenseitig anspornen [sowohl im Berufsleben als auch auf dem Spielfeld]. Zum Beispiel hat es eine von uns geschafft, das Drehbuch zu schreiben, das sie schon immer schreiben wollte. Eine andere malt jetzt mehr. Und ich habe zusammen mit einer Teamkollegin angefangen, einen Theaterkurs zu besuchen. Das sind nur einige wenige Beispiele dafür, wie Solidarität unter Frauen uns allen helfen kann, unsere Träume zu verwirklichen. Wenn man von seinen Freundinnen bedingungslos unterstützt wird, gibt einem das enorm viel Selbstvertrauen.

Text: Massaër Ndiaye
Fotos: Manuel Obadia-Wills

Gemeldet: Oktober 2020

Ursprünglich erschienen: 10. Februar 2022