Überleg dir für ein neues Ziel, wie viel Aufwand du betreiben möchtest

Coaching

Unrealistische Erwartungen könnten dich bremsen. Erfahre hier, was du tun musst, um nicht in diese Falle zu tappen.

Letzte Aktualisierung: 10. August 2022
6 Min. Lesezeit
  • Wenn du dir extrem hohe Ziele setzt, wirst du nicht zwangsläufig härter daran arbeiten, sie zu erreichen. Sie könnten dich sogar zurückwerfen – ganz gleich, wie lohnenswert sie sind.
  • Überprüf von Zeit zu Zeit deinen Progress, um deine Ziele besser darauf abzustimmen.
  • Probier die Mentalstrategie WOOP (Wish, Outcome, Obstacle, Plan = Wunsch, Auswirkungen, Hindernis, Plan) aus, um Hindernisse zu überwinden.

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Überleg dir für ein neues Ziel, wie viel Aufwand du betreiben möchtest

Du hast ein neues Ziel. Du möchtest zum Beispiel einen Marathon laufen, eine 30-tägige Ernährungs-Challenge bestehen oder endlich einen Handstand schaffen. Das ist spannend. Aber warum lassen die anfängliche Begeisterung und Motivation so schnell nach und sind irgendwann ganz verschwunden? Jüngste Forschungsergebnisse lassen vermuten, dass es an der Diskrepanz zwischen dem Wunsch, ein Ziel zu erreichen, und dem Aufwand, der dafür nötig ist, liegt.

"Wenn es um den erforderlichen Aufwand geht, gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen dem, was man tun möchte, und dem eigentlichen Weg dorthin", erklärt Dr. Agata Ludwiczak, wissenschaftliche Mitarbeiterin für Psychologie an der Queen Mary University of London. "Wenn Menschen die Wahl zwischen verschiedenen mit Aufwand verbundenen Optionen haben, konzentrieren sie sich zunächst auf die Belohnung, die damit verbunden ist. Der Aufwand, den sie schließlich tatsächlich einbringen, hängt dann aber von den Anforderungen der eigentlichen Aufgabe ab." Das könnte erklären, warum wir uns lieber für einen Halbmarathon als für einen 10-km-Lauf anmelden. Die Aussicht, mit dem Marathon angeben zu können, trübt das Urteilsvermögen.

Ludwiczaks Studie, die in der Fachzeitschrift Behavioural Brain Research veröffentlicht wurde, bestand aus zwei Phasen. In der ersten Phase hatten die Teilnehmenden wiederholt die Möglichkeit, zwischen zwei Aufgaben zu wählen. Jede dieser Aufgaben erforderte ein anderes Maß an Aufwand, war aber auch mit einer anderen finanziellen Belohnung verbunden. Die leichtere Option wurde in den meisten Fällen schlechter bezahlt, die schwerere besser. Im zweiten Teil sollten die Teilnehmenden die Aufgabe, für die sie sich im ersten Teil entschieden hatten, tatsächlich ausführen. Die Forscher:innen fanden heraus, dass sich die Teilnehmenden im ersten Teil meistens für die besser bezahlte Aufgabe entschieden. Im zweiten Teil wendete sich das Blatt aber, und die Teilnehmenden konzentrierten sich auf den Aufwand, der im jeweiligen Moment von ihnen erwartet wurde. Dabei spielte es keine Rolle mehr, wie viel Geld am Ende dabei herauskommen sollte.

"Unsere Studie zeigt, dass es eigentlich egal ist, ob dein Ziel ein 5-km-Lauf oder ein Marathon ist. Bei den eigentlichen Trainingsläufen konzentriert sich dein Gehirn auf den Aufwand, den du am jeweiligen Tag leisten musst", erklärt Ludwiczak. "Wenn dieser Aufwand höher ist, als du am Anfang erwartet hast, gibst du schneller auf, selbst wenn die Belohnung am Ende mehr als verlockend ist."

Der Anreiz für die Studienteilnehmenden war nur Geld, also eigentlich nichts Besonderes. Aber was ist, wenn es um einen Lebenstraum geht, zum Beispiel eine anspruchsvolle Bergbesteigung oder die Teilnahme an einem Ironman? Solltest du nicht nach den Sternen greifen? Vielleicht. Aber mach dir vorher klar, was wirklich auf dich zukommt. Hier kommen ein paar Tipps für dich.

1. Vergiss die Belohnung

"Wenn du dich für eine Option entscheiden sollst, überleg dir, wie viel Arbeit du investieren kannst und willst, um dein Ziel zu erreichen", empfiehlt Ludwiczak. Mach dir dabei nichts vor. Du isst für dein Leben gern Brot? Dann ist eine 30-tägige Keto-Challenge nicht das Richtige für dich. Du stehst am Wochenende nicht gerne früh auf, um laufen zu gehen? Dann solltest du vielleicht anstelle eines Trail-Laufs lieber ein Adventure Race machen.

Wenn du auf dem Weg zu deinem Ziel auf Hindernisse stößt oder das Gefühl hast, es nicht zu schaffen, versuch dich abzulenken. Hör Musik, triff dich mit Freund:innen oder setz dir kleinere, erreichbarere Ziele, um weiter auf Kurs zu bleiben.

2. Hör auf deine innere Stimme

Vor allem, wenn sich der Weg zu deinem Ziel über mehrere Wochen oder Monate erstreckt, ist es nicht leicht, auf Kurs zu bleiben. Hier kann Selbstreflektion helfen, um den Fokus nicht zu verlieren. Bei einer in der Schweiz durchgeführten Studie wurden Softwareentwickler:innen gebeten, sich Ziele für mehr Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu setzen und dann alle paar Wochen ihr eigenes Verhalten zu bewerten. Diese einfache Übung verbesserte das Bewusstsein für gute und schlechte Angewohnheiten am Arbeitsplatz um 85 Prozent und steigerte die empfundene Produktivität und das Wohlbefinden um 80 Prozent, wie die Forscher:innen der Universität Zürich herausfanden.

Schreib dir beispielsweise nach Möglichkeit auf, wie du dich nach deinen Workouts fühlst. Sieh dir dann an deinem Erholungstag die Trainingseinheiten der vergangenen Woche an. Konntest du deinen Trainingsplan einhalten? Fiel dir das Training leicht oder schwer? Pass deinen Plan dann entsprechend an. Achte darauf, dass du genug Herausforderungen hast, um Fortschritte zu machen. Überfordere dich aber nicht, ansonsten wird das Training zur Belastung oder du zweifelst an dir und deinen Fähigkeiten.

3. Visualisiere mögliche Hindernisse

Positive Vorstellungen sind nicht immer von Vorteil, erklärt Dr. Gabriele Oettingen, Professorin für Psychologie an der New York University. In jahrelangen Forschungen hat sie herausgefunden, dass der Traum vom großen Ziel sogar die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und zu schlechteren Ergebnissen führen kann, wenn es darum geht, ihn zu erreichen.

Um diese Barriere zu überwinden, hat sie die Mentalstrategie WOOP (Wish, Outcome, Obstacle, Plan) entwickelt. Am Anfang steht ein großer Wunsch (Wish), der Einsatz erfordert, aber erreichbar ist – zum Beispiel, unter der Woche abends keinen Alkohol mehr zu trinken. Stell dir intensiv vor, welche Auswirkungen (Outcome) die Realisierung deines Wunsches auf dein tägliches Leben haben wird. Mach dir als Nächstes bewusst, welches Hindernis dich davon abhält, dir diesen Wunsch zu erfüllen. Oettingen rät, dabei ehrlich zu sein und dich selbst zu fragen: Was für Hindernisse gibt es in mir, die sich mir in den Weg stellen? Ein Gefühl, eine irrationale Überzeugung, Zweifel, eine schlechte Angewohnheit? Vielleicht tritt das Glas Wein zum Abendessen dabei ganz in den Hintergrund. Und schließlich versuch eine Handlung oder einen Gedanken zu finden, die oder der dir hilft, dieses Hindernis zu überwinden, und entwickle einen "wenn-dann"-Plan, zum Beispiel: "Wenn mich der Wunsch nach einem Glas Wein zum Abendessen überkommt, dann trinke ich stattdessen ein Glas Kombucha oder Mineralwasser."

"Positive Vorstellungen geben Menschen das Gefühl, als ob sich ihr Traum bereits erfüllt hat, und das nimmt ihnen Energie", erklärt Oettingen. "Indem du für dich ein Hindernis entdeckst, findest du die Energie, es zu überwinden. Und der "wenn-dann"-Plan zeigt, wie du das schaffen kannst. Wenn das Hindernis dann tatsächlich eintritt, reagierst du automatisch wie geplant darauf und hast einen weiteren Schritt geschafft, um dein Ziel zu erreichen."


Und eine Sache ist besonders wichtig: Es ist nicht schlimm, wenn du dir zunächst ein leichteres Ziel setzt. Wenn du es erreicht hast, kannst du auf die größeren Ziele hinarbeiten, wenn du voller Überzeugung bereit dazu bist.

Text: Marjorie Korn
Illustration: Rune Fisker

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Ursprünglich erschienen: 15. August 2022